Kampagne gegen Abtreibung in Rios Krankenhäusern

Abtreibung Rio de Janeiro
Frauenrechtlerinnen protestieren 2017 vor einer Kommision der Abgeordnetenkammer in Brasilia, die über die Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs berät. Foto: Lula Marques/Agência PT via Flickr (CC BY 2.0)

(Rio de Janeiro, 17. Juni 2025, apublica).- Die Staatsanwaltschaft von Rio de Janeiro und Gruppen von Jurist*innen prüfen derzeit juristische Schritte gegen ein Gesetz, das Plakate mit Anti-Abtreibungs-Texten in Gesundheitseinrichtungen der Stadt vorschreibt. Das Gesetz wurde vom Stadtrat verabschiedet, von Bürgermeister Eduardo Paes (Partido Social Democrático, PSD) genehmigt und am 13. Juni im Amtsblatt veröffentlicht.

Dieses Gesetz verpflichtet öffentliche und private Krankenhäuser, Hinweise wie diese aufzuhängen: „Eine Abtreibung kann Unfruchtbarkeit, psychologische Probleme, Infektionen und sogar den Tod bewirken“, „Wussten Sie, dass das ungeborene Kind mit dem Krankenhausmüll entsorgt wird?“ und „Sie haben das Recht, Ihr Baby vertraulich abzugeben. Sie können Unterstützung und Solidarität bekommen. Geben Sie dem Leben eine Chance“. Sollte sich die zuständige Leitung einer Gesundheitseinrichtung weigern, die Plakate aufzuhängen, sieht das Gericht zunächst eine Verwarnung vor und im Wiederholungsfall eine Strafe in Höhe von 1.000 Reais (ca. 158 Euro).

Frauen könnten sich eingeschüchtert fühlen

Expert*innen weisen darauf hin, dass die Plakate irreführende Informationen beinhalten und Frauen und Mädchen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, davon abhalten könnten, eine legale Abtreibung anzustreben. Auch Menschen, die eine Fehlgeburt erleiden, könnten sich eingeschüchtert fühlen und sich nicht trauen, um Hilfe zu bitten.

„Wir prüfen derzeit eine Strategie, um rechtlich gegen dieses Gesetz vorzugehen, das verfassungswidrig ist“, bekräftigt die Rechtsanwältin und ehemalige Stadträtin Luciana Boiteux von der linken Partei PSOL (Partido Socialismo e Liberdade), die in den vergangenen Tagen gemeinsam mit anderen Jurist*innen Möglichkeiten analysiert hat, um gegen das Gesetz vorzugehen.

Die Staatsanwaltschaft prüft auch „eine mögliche Unvereinbarkeit des Gesetzes mit der Bundesverfassung, insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Abtreibung in gesetzlich geregelten Fällen, im Rahmen der öffentlichen Gesundheit, sowie eine Überwachung konkreter Handlungen der Exekutive, die sich aus der Anwendung des Gesetzes und seiner Vorschriften ergeben und die Würde der Frauen beeinträchtigen, insbesondere wenn diese Opfer von Gewalt geworden sind“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde.

„Eine brutale Kampagne, die auf Fake News basiert“

Für die Ärztin Lígia Bahia, die Mitglied der Brasilianischen Vereinigung für öffentliche Gesundheit Abrasco ist und sich an den Protesten gegen das Gesetz beteiligt, ist der Inhalt der Vorschrift unwissenschaftlich und schafft ein feindseliges Klima gegenüber Frauen. „In der Praxis können die Plakate zu Diskriminierung anstacheln und verhindern, dass Notfälle behandelt werden“, stellte sie fest. „Es handelt sich um eine brutale Kampagne, die auf Fake News basiert.“

Ihr zufolge ist die Verwendung des Begriffes „ungeborenes Kind“, der sich auf den Fötus bezieht, als Synonym für ein bereits geborenes Kind ein Beispiel für eine absichtliche Verzerrung der Wirklichkeit. „Der Begriff ‚ungeborenes Kind‘ ist falsch und unwissenschaftlich. Es handelt sich um einen Embryo, nicht um ein geborenes Wesen. Hier werden vorsätzlich Wörter verwendet, welche die Realität verfälschen. Das Bild von einem Kind, das auf den Müll geworfen wird, ist sehr krass. Aber so ist es überhaupt nicht.“

Ein weiterer von der Ärztin kritisierter Punkt ist die Behauptung, das Verfahren könne Unfruchtbarkeit verursachen. „Diese ursächliche Beziehung zwischen Schwangerschaftsabbruch und Unfruchtbarkeit ist falsch“, sagte sie. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es ein Risiko einer Unfruchtbarkeit in Verbindung mit Komplikationen bei unsicheren Abtreibungen; die Wahrscheinlichkeit ist jedoch minimal, wenn der Eingriff legal durchgeführt wird.

2023 brachten über 14.000 Mädchen unter 15 Jahren ein Kind zur Welt

Das Gesetz der Stadt Rio de Janeiro kommt inmitten einer stillen Krise, die den Zugang zu legalen Abtreibungen in Brasilien betrifft. In den letzten Monaten wurden in verschiedenen Städten, darunter São Luís und Porto Alegre, Gesetzentwürfe mit ähnlichem Inhalt eingebracht. Im Jahr 2023 brachten nach Angaben des brasilianischen Gesundheitsministeriums mehr als 14.000 Mädchen unter 15 Jahren ein Kind zur Welt, aber gerade mal 1,1 Prozent hatten Zugang zu einem legalen Schwangerschaftsabbruch – der in Fällen von Vergewaltigung, fetaler Anenzephalie und Gefahr für das Leben der Schwangeren gesetzlich garantiert ist.

Eine Anfrage beim Rathaus der Stadt Rio blieb bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels bei apublica unbeantwortet.

Übersetzung: Christa Röpstorff

CC BY-SA 4.0 Kampagne gegen Abtreibung in Rios Krankenhäusern von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nachrichtenpool Lateinamerika
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.