Offizielle Schätzung: Abholzung im Amazonasgebiet um 18 Prozent gesunken

von Oswaldo Braga de Souza

(Fortaleza, 02. Dezember 2014, adital).- Die brasilianische Regierung hat eine neue offizielle Schätzung zur Abholzung im Amazonasgebiet herausgegeben: Zwischen August 2013 und Juli 2014 wurden 4.884 Quadratkilometer Wald gefällt – 18 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor (von 2012 bis 2013), als mehr als 5.891 Quadratkilometer Urwald der Rodung zum Opfer fielen. Das ist der zweitniedrigste Index seit Beginn der Aufzeichnungen in 1988.

Eine Bestätigung der Schätzung soll im ersten Halbjahr des nächsten Jahres erfolgen, die Expert*innen des Nationalen Instituts für Weltraumforschung INPE (Instituto Nacional de Investigaciones Espaciales) rechnen mit einem Unsicherheitsfaktor von 3 Prozent – im negativen oder positiven Sinne.

Gegenteilige Entwicklung in Acre und Roraima In den Bundesstaaten Acre und Roraima stieg die Waldzerstörung allerdings stark an, um jeweils 41 bzw. 37 Prozent. Die Ergebnisse aller anderen Staaten der Region zeigen eine Erholung der Waldgebiete.

Der nördliche Bundesstaat Pará ist mit 1.800 Quadratkilometern abgeholzten Waldes in absoluten Zahlen auch weiterhin Spitzenreiter. Doch diese Werte bedeuten eine Verringerung um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Mato Grosso steht an zweiter Stelle mit einer gerodeten Fläche von etwas mehr als 1.000 Quadratkilometern. Dies entspricht einer Reduzierung um 8 Prozent. Danach kommt Rondônia mit 669 Quadratkilometern zerstörter Fläche, 28 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (siehe unten stehende Tabelle).

Regierung feiert Rückgang der Abholzung – nach vorherigem starken Anstieg

Nachdem zwischen 2012 und 2013 die Zerstörung des Waldes um 29 Prozent angestiegen war, feiert die Umweltministerin Izabella Teixeira die nun erzielten Ergebnisse und führt diese auf die Überwachungen und die von der Regierung beschlossenen Umweltvorschriften zurück.

„Die Bundesstaaten führen seit Januar 2014 das Umweltkataster für ländliche Betriebe. Im Dezember 2014 wird dieses Umweltregister 132 Millionen Hektar verzeichnet haben, das entspricht einem Drittel des registrierungspflichtigen Gebietes“, erklärte Izabella. „Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass viele Menschen, die Abholzung betreiben, akzeptieren, dass dieser Prozess Richtlinien unterworfen wird“, argumentiert sie.

Wie die Ministerin erklärte, brächten die neuen Zahlen das Land näher an die zur Erfüllung des freiwillig von der nationalen Politik zum Klimawandel gesetzten Ziels, welches auf der Grundlage einer Hochrechnung für das Jahr 2020 erstellt wurde. Es lautet: Eine Reduzierung des Gesamtausstoßes der Treibhausgase zwischen 36 und 39 Prozent. „Wir erfüllen die Ziele hinsichtlich der Entwaldung und auch in Bezug auf andere Bereiche“, so Izabella.

Auseinandersetzung um Herausgabe von Daten

Die Zahlen wurden kurze Zeit nach Streitigkeiten um eine verspätete Veröffentlichung des offiziellen, bestätigenden Berichtes zur Entwaldung für den Zeitraum 2012 bis 2013 und den Monatsbericht eines anderen Berechnungssystems, dem DETER [System zur Erkennung von Abholzung in Echtzeit (Sistema de Detección de la Deforestación en tiempo real) des Instituts für Weltraumforschung INPE (Instituto Nacional de Pesquisas Espaciales), welches auf der Satellitenbeobachtung basiert] herausgegeben. Letztgenanntes System verfügt über eine niedrigere Auflösung und wird zur Steuerung der Überwachung eingesetzt.

Nachdem der Regierung vorgeworfen wurde, die Herausgabe der Informationen zu verzögern, um die Wahlkampagne Dilma Rousseffs (der Arbeiterpartei PT – Partido de los Trabajadores) nicht zu torpedieren, gab diese bekannt, dass sie die Bekanntgabe der Satellitenbilder vermieden habe, um die illegale Abholzung nicht zu begünstigen. Nach der aufgekommenen Polemik entschied die Regierung dann, die Daten von DETER zu veröffentlichen, aber nur im Rhythmus von drei Monaten.

„Wir halten keine Informationen zurück. Unser Wunsch ist es, dass diese so bald wie möglich veröffentlicht werden“, erklärte der Wissenschafts- und Technologieminister Clelio Campolina.

System DETER zeigt andere Realität: Anstieg der Abholzung

DETER hatte für den Zeitraum von August 2013 bis Juli 2014 eine mögliche Erhöhung der Abholzung von 9 Prozent festgestellt. Luis Eduardo Maurano vom Institut für Weltraumforschung INPE jedoch gab an, dass dieses System selbst für die Angabe von Tendenzen nicht verwertet werden könne, da es mit einer anderen Methode arbeite.

Maurano informierte auch darüber, dass die Daten und Satellitenbilder der letzten Auswertung von PRODES (Projecto Monitoramento do Desmatamento na Amazônia Legal – Programm der Regierung zur Berechnung der Rodungen im Amazonasgebiet) momentan vom Personal des Instituts untersucht und dann ins Internet gestellt würden. Noch sei keine Zeit gewesen um die Daten dahingehend zu analysieren, ob die Abholzung in Regionen, die an landwirtschaftliche Gebiete grenzen, die sich im Wachstum befinden, fortschreite. Die Daten zeigten jedoch, dass die Abholzung im großen Stil möglicherweise wiederkehre – nachdem zuvor Aufnahmen von Windbrüchen verbreitet worden seien, die verwendet worden seien, um die Untersuchung zu manipulieren.

Noch zu früh für Interpretation der Daten?

„Eine gründlichere und tiefere Auswertung, die hilft, den Verlauf und die Größenordnungen der Rodungen besser zu verstehen, hängt von speziellen Daten ab, welche noch nicht vorliegen“, bemerkt Adriana Ramos, Koordinatorin für Politik und Umweltrecht beim Sozialpolitischen Institut ISA (Instituto Socioambiental ISA). „Die Daten alleine erklären nicht, was hinter der Abholzung steht; auch erlauben sie der Politik keine detaillierte Diskussion darüber, wie die aktuelle Situation verändert werden kann. Wir müssen zunächst diese Daten besser verstehen können.“

Bei PRODES handelt es sich um ein Projekt, bei dem per Satellit die Entwaldung im Amazonasgebiet beobachtet wird und so Informationen über die Größenordnung der Abholzung in der Region geliefert werden sollen.

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