(Quito, 09. April 2008, alai-púlsar).- (Haiti/Ecuador, alai-púlsar-poonal)In Folge von Protesten, bei denen mindestens fünf Demonstranten und ein Blauhelmsoldat getötet wurden, ist der haitianische Premierminister Jacques Edouard Alexis am 12. April vom Senat abgesetzt worden. Hintergrund der zum Teil gewalttätigen Demonstrationen, die eine ganze Woche andauerten und bis zum 10. April vorhielten, waren massive Preissteigerungen für Lebensmittel gewesen.
Die Proteste richteten sich auch gegen die Anwesenheit der etwa 9.000 UN-Blauhelmsoldaten im Land. Ihnen wird von Frauenvereinigungen und anderen zivilen Organisationen vorgeworfen, am Missbrauch von Frauen und Kindern beteiligt gewesen zu sein.
Während der Demonstrationen kamen es zur Plünderung von Geschäften und zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Blauhelmsoldaten. Dabei wurden 5 Personen von Uniformierten erschossen und mindestens 50 weitere verletzt. In der Hauptstadt Port-au-Prince erlag ein UN-Soldat unter bisher ungeklärten Umständen einer Schussverletzung.
Augenzeugen zufolge sollen die Blauhelmsoldaten Tränengas und automatische Waffen eingesetzt haben, um die Unruhen einzudämmen und eine aufgebrachte Menschenmenge davon abzuhalten, den Präsidentenpalast zu stürmen. Die Regierung hatte zuvor Schmuggler*innen und Drogenhändler für die Situation verantwortlich gemacht.
Nachdem Präsident René Preval in einer Fernsehansprache zur Ruhe gemahnt und eine Subventionierung der Lebensmittelpreise in Aussicht gestellt hatte, flauten die Proteste ab.
Der Anstieg der Lebensmittelpreise ist vor allem auf drei Ursachen zurückzuführen: Die von der Zivilgesellschaft kritisierte Liberalisierung des Marktes auf Weisung von IWF und Weltbank, die hohen Energiepreise sowie der Boom des Biosprits und die damit zusammenhängende Verteuerung von Lebensmitteln. Die Hilfsorganisation Christian Aid kommentiert in einem Dokument die haitianische Zollpolitik und kommt zu dem Schluss: „In Haiti hatte die Senkung der Zölle auf landwirtschaftliche Produkte katastrophale Auswirkungen. Die Einfuhr von Lebensmitteln stieg derart drastisch an, dass mittlerweile Lebensmittel das größte Importsegment ausmachen.
Nach dem Sturz der Regierung kündigte Präsident Preval an, die Preise für Reis um bis zu 16% zu senken. Darüber hinaus würden internationale Gelder zur Subventionierung eingesetzt werden. In Haiti, dem ärmsten Land Lateinamerikas, liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei 50 Jahren. 80 Prozent der Bevölkerung müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen. Das Land steht laut dem von der UNO entwickelten „Index der menschlichen Entwicklung“ HDI (Human Development Index) an Position 150 von 177 Ländern. Während sich Haiti bislang selbst versorgen und den Nahrungsbedarf der Bevölkerung ausreichend decken konnte, verwendet es zurzeit mehr als drei Viertel des durch Exporte erwirtschafteten Volksvermögens für den Import von Lebensmitteln.
HAITI: Soziale Unruhen führen zum Sturz der Regierung von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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