von Gerold Schmidt
(Mexiko-Stadt, 29. September 2015, poonal).- Zum ersten Oktober tritt in Mexiko ein einheitlicher Tagesmindestlohn von 70,10 mexikanischen Pesos (derzeit etwa 3,50 Euro) in Kraft. Zuletzt hatte es noch eine nach geografischen Kriterien entschiedene Zweiteilung gegeben. In der Zone B wurden bisher nur 68,28 Pesos gezahlt. Der Mindestlohn gilt für 59 Berufe. Offiziellen Angaben nach müssen in Mexiko etwa 2,5 Millionen Menschen vom Mindestlohn oder ausschließlich von Trinkgeld leben. Auf den Monat hochgerechnet entspricht der Mindestlohn einem Einkommen von 2.103 Pesos (etwa 105 Euro).
Nach jüngsten Berechnungen des Multidisziplinären Analysezentrums der mexikanischen Nationaluniversität UNAM müsste ein Arbeitseinkommen täglich 200 Pesos betragen, um sich die Produkte des Grundwarenkorbs leisten zu können. Aufgrund des Kaufkraftverlustes der vergangenen Jahre ist derzeit nicht einmal die Hälfte der Mexikaner*innen in der Lage, mit dem Arbeitseinkommen die Produkte des Grundwarenkorbs abzudecken, wie eine Studie des mexikanischen Senats ergab.
Die Rechnung von Arbeitsminister Alfonso Navarrete Prida sieht dagegen anders aus. Er betonte, die Neuregelung ab dem 1. Oktober bedeute für 751.000 Arbeiter*innen der Zone B eine Anhebung von 4,2 Prozent und damit über der für 2015 geschätzten Inflationsrate von drei Prozent. „Zum ersten Mal in 40 Jahren geht mit den Mindestlöhnen ein Kaufkraftgewinn einher“, erklärte er. Die Unternehmer*innen zeigten sich auf der Pressekonferenz mit Navarrete großzügig. Die Privatinitiative sei „in der Lage, diese Erhöhung zu zahlen“, werden ihre Vertreter*innen zitiert. Sie gingen sogar so weit, „die Anstrengung der mexikanischen Arbeiter“ anzuerkennen. Der Präsident der mexikanischen Kammern für Handel, Dienstleistungen und Tourismus, Enrique Solana Sentiés erwies sich als ungewöhnlich kritisch: „Es bleibt viel zu tun bei der gerechten Verteilung des Reichtums“. Aber: „Nach und nach nähern wir uns einem gerechteren Mexiko“. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.
Erstmals Mindestlohn – doch zu wenig von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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