36 Geiseln freigelassen

(La Paz, 14. April 2012, bolpress).- Mitglieder der Organisation Leuchtender Pfad (Sendero Luminoso) haben am 14. April die 36 Geiseln wieder freigelassen, die sie einige Tage zuvor in der peruanischen Andenregion Cusco entführt hatten. Das haben Behörden in Chuanquiri bestätigt, wo die Geiseln zu Fuß ankamen. Präsident Ollanta Humala erklärte, die Rettungsaktion habe „einiges gekostet“.

Am 9. April haben mutmaßliche Mitglieder der bewaffneten Gruppe Leuchtender Pfad Dutzende Arbeiter entführt. Die Arbeiter waren bei zwei Subunternehmen des Konsortiums Camisea angestellt, das ein Gasfeld bei Kepashiato, Region Cusco betreibt.

Die Bewaffneten hatten auch den Lokalsender Tropical eingenommen und die Moderator*innen gezwungen, Propagandanachrichten zu verbreiten. Nach nicht bestätigten Meldungen forderten sie die Freilassung von Florindo Flores alias Artemio. Artemio wurde vor kurzem in Alto Huallaga festgenommen und ist der Chef der verbliebenen Sendero-Fraktion.

Geld und Dynamit gefordert

Am 10. April wurde Bürgermeisterin Fidelia Castro von La Convención in der Nähe von Kepashiato von den betroffenen Firmen Skanska und Coga darüber informiert, dass insgesamt 40 Geiseln entführt wurden. Zudem forderten die Geiselnehmer zehn Millionen Dollar Lösegeld sowie jährlich 1,2 Millionen Dollar. Darüber hinaus verlangten sie zehn Kisten Dynamit.

Nach Polizeiangaben wurden die Geiselnehmer von Jorge Quispe Palomino alias Gabriel angeführt; er ist einer der Chefs der versprengten Reste des Sendero Luminoso, die von seinem Bruder Víctor alias José angeführt werden. Diese operiert im Tal der Flüsse Apurímac und Ene VRAE (Valle de los ríos Apurímac y Ente).

Spekulationen über Wiedererstarken des Leuchtenden Pfades

Die Aktion schürte Spekulationen bei konservativen Politikern und Medien über ein mögliches Wiedererstarken des Leuchtenden Pfades, der heimlich ein hartes Vorgehen plane. Allerdings hat der Großteil der Organisation die Waffen auf Befehl ihres Chefs Abimael Guzmán niedergelegt, der seit 1992 eine lebenslange Haftstrafe verbüßt. Laut Präsident Humala stelle die Gruppe keine Gefahr für die Sicherheit des Landes dar.

Ehemalige Senderisten haben zudem versucht, eine politische Gruppierung zu gründen, um an Wahlen teilzunehmen. Dies wurde ihnen jedoch mit dem Argument verwehrt, sie wollten das „Gedankengut von Gonzalo“ verbreiten, also die Ideologie der Senderistas unter dem Kampfnamen von Guzmán.

Die Regierung hatte erst kürzlich bekannt gegeben, eine weitere bewaffnete Gruppe im Tal von Alto Huallaga besiegt zu haben. Dort, im zentralen Regenwaldgebiet Perus wurden der Chef der Gruppe, Florindo Flores und seine Stellvertreter festgenommen. Ein Armeesprecher teilte zudem mit, dass ein mutmaßlicher Aufständischer sowie ein Soldat bei Kampfhandlungen in der Zone VRAE ums Leben kamen.

Ausnahmezustand ausgerufen

Am 11. April wurde im peruanischen Distrikt Echarate der Ausnahmezustand ausgerufen. Für die Dauer von 60 Tagen wurden damit bestimmte Bürgerrechte eingeschränkt, wie die Unverletzlichkeit der Privatspähre, die Versammlungsfreiheit und die Bewegungsfreiheit. Lokale Behörden gaben die Zahl der Geiseln schließlich mit 36 an. Zuvor hatten die Geiselnehmer einen Fahrer, eine Ärztin und eine Krankenschwester freigelassen und ihnen eine Nachricht mitgegeben, in der Geld und Sprengstoff im Austausch für die Geiseln forderten.

Angesichts der Situation reisten der Vize-Innenminister Iván Vega und Polizeichef Raúl Salazar in das Gebiet des VRAE, um die Verfolgung der Geiselnehmer und die Maßnahmen zur Befreiung der Geiseln zu leiten. Dafür wurden 1.500 Soldaten und Polizisten in die Ortschaft Kepashiato verlegt.

Hubschrauber abgestürzt

Die Militäreinheiten hatten am 14. April mit dem Tod der Hauptmännin Nancy Flores ihre ersten Verluste zu verzeichnen. Ihr Hubschrauber stürzte bei Aufklärungsflügen im Gebiet Lagunas in der Gemeinde Echarate ab.

Justizminister Juan Jiménez erklärte, die Regierung würde mit den Aufständischen nicht über die Freilassung der Geiseln verhandeln. „Wir haben die Zone umstellt“, betonte Staatschef Humala. „Das Einfachste wäre anzugreifen, doch das ist nicht unsere Vorgehensweise. Darum haben uns auch die Angehörigen gebeten.“

Auch Verteidigungsminister Alberto Otárola teilte mit, die Militäreinheiten würden die Höhenzüge rund um Kepashiato besetzen. Dort hätten sie „Schlupfwinkel“ der Geiselnehmer gefunden, die er als „Mörder und Kriminelle“ bezeichnete, die den „Drogenhandel in der Zone übernommen“ hätten.

Regierung droht, Unternehmen verhandelt

Eine Fernsehaufnahme zeigte, wie ein Vertreter der beiden betroffenen Unternehmen mit einem der Geiselnehmer verhandelte. Einige Stunden später erklärte Präsident Humala aus Kolumbien, wo er am Amerika-Gipfel teilnahm: „Dank der Operationen von Polizei und Militär wurde erreicht, dass diese Geiselnehmer sich umzingelt sehen und beginnen, die 36 Geiseln freizulassen.“

Erschöpft aber gesund

Noch am selben Tag, dem 14. April, erreichten die Freigelassenen den Ort Chuanquiri erschöft aber gesund. Sie waren zu Fuß siebeneinhalb Stunden aus der Regenwaldzone gekommen, wo sie freigelassen worden waren. Danach reisten sie mit dem Bus nach Kitani, wo sich das Rettungskommando von Militär und Polizei befand.

Sie erklärten, sie seien gut behandelt worden bis sie am Morgen schließlich freigelassen wurden, ohne zu wissen, ob ihre Arbeitgeber das geforderte Lösegeld von zehn Millionen Dollar gezahlt hätten. Verschiedene Medien vermuten, dass die Unternehmen, eine peruanische und eine schwedische Firma, dieses Lösegeld gezahlt haben.

Humala hingegen betonte, es habe „keinerlei Verhandlungen“ über die Freilassung gegeben, denn seine Regierung „verhandelt nicht mit Terroristen“. Aus Polizeikreisen verlautete inoffiziell, dass bei einer Schießerei drei Polizisten und zwei Aufständische ums Leben gekommen seien. Humala bestätigte diese Version zwar nicht, sagte aber, es habe Auseinandersetzungen gegeben und die Operation hätte „einiges gekostet“.

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