Regierung fördert Großprojekte und vernachlässigt Betroffene im Chaco

Großprojekte Chaco
Der Río Pilcomayo in der Chaco-Region, Paraguay, in Zeiten ohne Hochwasser– doch bei Starkregen kann er ganze Gemeinden überfluten. Hier Río Pilcomayo . Foto: Chipaguasustudios via wikimedia commons, CC0 1.0 Universal.

(Asunción, 23. Mai 2025, BASE-IS).- Die Überschwemmungen und Regenfälle der letzten Zeit in verschiedenen Gebieten der westlichen Region Paraguays haben die Pläne der Regierung für den Chaco deutlich gemacht. Megaprojekte und umfangreiche Investitionen unterstützen den Extraktivismus, während indigene und bäuerliche Gemeinschaften die Auswirkungen extremer Klimaphänomene ohne ausreichende Unterstützung ertragen müssen.

[Anm. d. Übers.: Der Chaco ist eine von Trockenwäldern und Dornbuschsavannen geprägte Landschaft, die sich über weite Teile Boliviens, Paraguays und Argentiniens sowie kleine Teile Brasiliens erstreckt – siehe Karte „Gran Chaco“. Der paraguayische Chaco, die westliche Region des Landes mit den drei Departamentos Alto Paraguay, Boquerón und Presidente Hayes, ist größer und wesentlich dünner besiedelt als der Rest des Landes, die sogenannte östliche Region, mit den restlichen 14 Departamentos und der Hauptstadt Asunción – siehe Karte „die 2 Regionen Paraguays“. Im paraguayischen Chaco leben neben verschiedenen indigenen Volksgruppen und deutschstämmigen Mennoniten unter anderem auch noch unkontaktierte Ayoreo-Gruppen.]

Die Regierung sieht den Chaco als Raum für extraktive Großprojekte und treibt dort große Infrastrukturarbeiten für den Warenverkehr voran. Gleichzeitig haben die jüngsten Überschwemmungen die lokalen Gemeinschaften – insbesondere die indigene Bevölkerung – erneut in eine Situation extremer Verwundbarkeit gebracht. Berichte aus diesen Gemeinschaften zeigen, dass viele von ihnen aufgrund des schlechten Straßenzustandes mehrere Wochen von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die Regenfälle und das Hochwasser führten dazu, dass viele Bewohner*innen weder zur Arbeit gehen konnten noch in der Lage waren, Erntearbeiten durchzuführen, sodass akuter Nahrungsmittelmangel zur Realität wurde.

René Alfonso, Anthropologe und Sozialarbeiter, der in der Region lebt, betont, dass die Regenfälle untypisch stark ausfielen und zahlreiche Gebiete des Chaco überfluteten. Besonders betroffen waren die indigenen Gemeinschaften entlang des Rio Pilcomayo sowie in der Stadt Mariscal Estigarribia. „Die Situation war schwierig und es dauert lange, bis Hilfe ankommt. Außerdem reichen die Lebensmittelpakete, welche die Regierung den Gemeinschaften schickt, nur für ein paar Tage und danach geht die Notsituation weiter“, erklärte er.

Alfonso wies auch darauf hin, dass die indigene Gemeinschaft Santa Teresita der Stadt Mariscal Estigarrbia durch den Bau von Verbindungsstraßen zum Corredor Bioceánico [Anm. d. Übers.: Die im Bau befindlichen Fernstraße PY15, Teil des „bi-ozeanischen Korridors“, soll zwischen Brasilien und Argentinien quer durch den paraguayischen Chaco laufen und eine Verbindung zwischen den chilenischen Pazifikhäfen Antofagasta und Iquique sowie dem größten brasilianischen Atlantikhafen Santos im Bundesstaat São Paulo schaffen.] nun praktisch in einem Becken liege. Dadurch kommt es weiterhin zu Überschwemmungen, weil keine Kanäle vorgesehen seien, um das Wasser abzuleiten, das sich bei Regenfällen in ihrem Gebiet ansammle. Abschließend machte René Alfonso deutlich, dass zwar in den nächsten Tagen das Wasser wieder sein normales Niveau erreichen werde, dass aber die Ernten der Gemeinschaften bereits verloren sein. Die Situation bleibe daher ernst.

Guillermo Achucarro, Umweltingenieur und Forscher, unterstrich seinerseits, wie wichtig es sei, in Frühwarnsysteme zu investieren, um besser auf die Folgen solcher Klimaphänomene reagieren zu können. „Besonders in den Chaco-Gebieten gibt es nur sehr wenige Daten zur Kartierung von Hochwasserrisiken. Eine hydrologische Studie wäre notwendig, um Gebiete zu identifizieren, die angesichts der bestehenden Infrastruktur von Überschwemmungen betroffen sein könnten. Dies würde auch dazu dienen, ein Frühwarnsystem zu entwickeln, um die Auswirkungen von Katastrophen zu verringern“, stellt er fest.

Ein Mangel an angemessener Planung und effektiver Landnutzungsplanung sind laut Achucarro weitere Faktoren, die dazu beitragen, dass Klimakatastrophen die schutzbedürftigen Gemeinschaften mit besonderer Härte treffen.

Während die Regierung beim Bau allwettertauglicher Gemeindestraßen, bei der Versorgung mit Lebensmitteln und der Unterstützung der lokalen Bevölkerung – insbesondere der indigenen – äußerst zurückhaltend agiert, fließen gleichzeitig enorme Summen in Infrastrukturmaßnahmen zur Förderung von Agrobusiness und extraktiven Großprojekten. Der Chaco wird so weiterhin als wirtschaftlicher Nutzraum entwickelt, während die dort lebenden Menschen mit den Folgen dieser Entwicklung allein gelassen werden.

Übersetzung: Christa Röpstorff

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