(Cali, 24. Oktober 2024, Colombia Informa).- Es gibt zahlreiche kritische Stimmen gegenüber der COP16, der Internationalen Konferenz zur Biodiversität, die dieses Mal von der progressiven kolumbianischen Regierung organisiert wurde. Trotz dieser Kritik nehmen viele soziale Bewegungen und Gemeinschaften an der Konferenz teil.
Die COP16 ist das höchste Gremium des Übereinkommens über die biologische Vielfalt, das seit dem Gipfeltreffen von Rio de Janeiro in Brasilien im Jahr 1992 von allen UN-Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der Vereinigten Staaten und des Vatikans, unterzeichnet wurde. Die Konferenz findet alle zwei Jahre statt. Für dieses Jahr wurden etwa 23.000 Teilnehmende erwartet, darunter zahlreiche Regierungschefs und Ministerinnen, was laut den Organisatorinnen die größte COP in der Geschichte darstellt.
Kritikpunkte
Akademiker*innen, Umweltschützer*innen, linke Organisationen und NGOs kritisieren die Veranstaltung, da sie ihrer Ansicht nach einer neoliberalen und kapitalistischen Logik folge. Sie glauben, dass das Treffen keine tiefgreifenden Lösungen für die ernsthafte Umweltkrise bietet, die die Welt an den Rand des Zusammenbruchs geführt hat.
Die Regierungen und Großunternehmen hätten ihre eigenen Vereinbarungen, wie etwa den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen, nicht erfüllt, und die Maßnahmen zur Rettung lebenswichtiger Ökosysteme seien nach wie vor minimal. Laut der Nichtregierungsorganisation WWF ist der Bestand an Wildtieren zwischen 1970 und 2020 um 73 % gesunken. Nach Angaben der Internationalen Union für Naturschutz (IUCN), die bedrohte Tier- und Pflanzenarten erfasst, ist mehr als ein Viertel der untersuchten Arten vom Aussterben bedroht.
Kolumbien ist zudem das Land, in dem 2023 weltweit die meisten Umweltaktivist*innen ermordet wurden. Laut Global Witness waren es 79 Menschen, die letztes Jahr getötet wurden.
Zwei parallele Gipfel
Aufgrund dieser Kritik haben einige Gruppen parallel zur COP16 eine alternative Konferenz ins Leben gerufen. Zu den Organisatoren gehören Fundación Biodiversidad, Poder Negro, Salvemos Gorgona, Indepaz, Acción Colombiana por la Soberanía Ambiental (Acolsam), Fundación Pangea, Magma und die Grupo de Derecho y Política Ambiental der Universidad Nacional in Bogotá. Weitere Organisatoren sind die Red Juvenil de la Amazonía, Ekoinc, Fraternales y Revolucionarias, Huella de Agua, IDEO, das Grupo de Pensamiento Ambiental Sur und die „Augusto Ángel Maya“-Schule der Universidad Nacional in Manizales sowie die Escuela Sindical y Popular Raúl Eduardo Mahecha.
Diese Organisationen kritisieren die UN-Veranstaltung als „eine weitere Episode der Kommerzialisierung der Natur und unserer kulturellen und biologischen Vielfalt, die die exklusiven Souveränitätsrechte unserer Völker untergräbt“, wie es in ihrem Aufruf heißt.
Es sei bezeichnend, dass die Verhandlungen und Beratungen zur internationalen Naturschutzpolitik bei solchen Konferenzen stets hinter verschlossenen Türen stattfinden. Für die offiziellen Diskussionen gibt es eigens ausgewiesene Bereiche (blau) und andere, die der allgemeinen Öffentlichkeit offenstehen (grün).
Die Organisator*innen der alternativen Konferenz beschreiben den „grünen Bereich“ als einen Ort, der an das römische Kolosseum erinnert: „Dort gibt es Brot und Spiele fürs Volk – einen Markt für Illusionen und Naivität, eine Show aus glänzenden Spiegeln, die die Regierung demagogisch für städtische und ländliche Gemeinschaften sowie indigene, afro-kolumbianische und bäuerliche Gemeinschaften inszeniert.“
Die Agenda der alternativen Konferenz umfasste mehr als 20 umweltpolitische Themen, die für Kolumbien von Bedeutung sind. Dazu gehören:
- Der Einfluss von Militärstützpunkten auf die Biodiversität der Insel Gorgona
- Das Modell der Zuckerrohrwirtschaft
- Umweltprobleme entlang der Flüsse Cauca und Magdalena
- Der Schutz des Páramo-Gebiets in Santurbán, Santander
- Die Herausforderungen der Energiewende in La Guajira
- Ausländische Interventionen im Amazonasgebiet
Indigene und afro-kolumbianische Stimmen auf der COP16
Einige wichtige soziale Führungspersonen und Organisationen nehmen nicht an der alternativen Konferenz teil. Sie haben sich entschieden, bei der offiziellen Veranstaltung der kolumbianischen Regierung präsent zu sein, um ihre Positionen zum Umweltschutz sichtbar zu machen.
Aida Quilcué, Senatorin und Mitglied der indigenen Minga, erklärte bei ihrer Ankunft zur COP16 in Cali: „Heute übergeben die kolumbianischen indigenen Bewegungen ein richtungsweisendes Mandat zum Schutz von Mutter Erde und ihrer Artenvielfalt. Morgen werden wir in Minga auf der #COP16 eintreffen, um mit unserem überlieferten, jahrtausendealten Wissen zur notwendigen strukturellen Veränderung des Planeten beizutragen.“
Auch der Proceso de Comunidades Negros, eine kolumbianische Organisation afro-kolumbianischer Gemeinschaften, beteiligte sich am offiziellen Programm und betonte die Notwendigkeit der Anerkennung ihrer Belange.
Kritik des Präsidenten
Der kolumbianische Präsident Gustavo Petro äußerte in seiner Rede scharfe Kritik an den Klimavereinbarungen und sagte, sie würden „nicht erfüllt, weil die mächtigsten Länder einfach nicht den Willen dazu haben“. Außerdem meinte er: „Es ist verblendet, zu glauben, dass der freie Markt zur Maximierung des Wohlbefindens führen und die Menschen zu Hütern des Lebens machen wird.“
Die COP16 bietet zweifellos Raum für Debatten und ermöglicht es sowohl den Gemeinschaften als auch der kolumbianischen Regierung, sich auf einer weltweiten Bühne zu präsentieren. Gleichzeitig treffen die Regierungen und Unternehmen ihre Entscheidungen hinter verschlossenen Türen in der blauen Zone.
COP 16: Grüner Kapitalismus und umstrittene Bühnen von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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