Landrechte im Fokus bei Anhörung im Nationalkongress

Tierra para los indigenas – Land für indigene Bevölkerung. Foto: Pueblos Revista de Información y Debate via flickr, CC BY-NC-SA 2.0.

(Asunción, 19. Juni 2025, BASE-IS).- Der Plenarsaal des Nationalkongresses war voll besetzt mit Vertreter*innen bäuerlicher und indigener Gemeinschaften. Dies zeugte von der nach wie vor großen Bedeutung der Forderung nach Zugang zu Land. Die ausführliche öffentliche Anhörung war vom Agrarreformausschuss des Senats einberufen worden und diente als Forum für Beschwerden, Forderungen und Vorschläge im Zusammenhang mit dem Landproblem.

Zunächst wurden Berichte zu den sogenannten „emblematischen Fällen“ von Vertretern der Gemeinschaften Kira’y Sexta Línea (San Pedro), Edilson Mercado (Canindeyú), Hugua Po’i (Caaguazú), Santa Librada (Caazapá) und Pindo’i (Caaguazú) gehört [in Klammern steht jeweils das betreffende Departamento]. Diese Fälle zeigten die üblichen Vorgehensweisen, mit denen der Staat das Landproblem angeht: Korruption und mangelnde Klarheit bei der Dokumentation der Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden, der Rückgriff auf Staatsanwaltschaft und Justiz als Werkzeuge, um diejenigen zu kriminalisieren, die um Land kämpfen, sowie Institutionen, die unfähig sind, auf die Petitionen und Beschwerden von Menschen zu reagieren, die Zugang zu Land fordern.

Die verstärkte Anwendung von Gewalt gegenüber denen, die ihr Recht auf Land geltend machen, war einer der am meisten diskutierten Punkte. Rechtsanwalt Walter Isasi von Codehupy [Coordinadora de Derechos Humanos del Paraguay, dem nationalen Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen zur Förderung und Verteidigung der Menschenrechte in Paraguay], berichtete in diesem Zusammenhang, dass es in dem Zeitraum von Ende 2024 bis jetzt mindestens elf Fälle von gewaltsamer Vertreibung gegeben habe, bei denen jeweils Willkür von Seiten der Staatsanwaltschaft und Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung gewesen seien. Die Situation der indigenen Völker in dieser Hinsicht wurde ebenfalls dargelegt: Mario Rivarola, ein Angehöriger der indigenen Gemeinschaft Hugua Po’i, wies darauf hin, dass den indigenen Völkern gemäß nationaler Gesetzgebung etwas acht Millionen Hektar Land zur Verfügung stehen sollten. Jedoch befände sich nur circa eine Million Hektar Land in den Händen der indigenen Gemeinschaften, und davon sei wiederum weniger als die Hälfte gesichert, während der Rest von Zwangsräumungen bedroht sei.

Nach den schwerwiegenden Vorwürfen, die von den Vertreter*innen der Gemeinschaften erhoben wurden, befassten sich die anwesenden Vertreter*innen der Behörden INDERT (Nationales Institut für ländliche Entwicklung und Land) sowie DGRP (Generaldirektion für öffentliche Register) mit der Situation, ohne jedoch den beschwerdeführenden Gemeinschaften zufriedenstellende Antworten zu geben. „Im Zweifel  für den mächtigsten Grundbesitzer“ scheint die offizielle Politik des Staates hinsichtlich der Landsituation zu sein. Darüber hinaus erfuhr die Öffentlichkeit in den Diskussionen durch institutionelle Vertreter*innen von Problemen wie fehlendem Budget für den Erwerb neuer Grundstücke, Personalmangel an zentralen Orten zur Klärung von Konfliktsituationen sowie weiteren Schwierigkeiten. Die Diskussion wurde hauptsächlich von der Vorsitzenden des Agrarreformausschusses, Senatorin Yolanda Paredes, und Senatorin Esperanza Martínez geleitet.

Rechtsanwalt Abel Areco, Mitglied von BASE-IS, wies darauf hin, dass diese Fälle nur Beispiele seien. Landesweit gebe es unzählige territoriale Ansprüche von Seiten bäuerlicher und indigener Gemeinschaften.. „Diese Fälle sind die Folge der Anhäufung von Grundbesitz in wenigen Händen: Nur 15 Eigentümer besitzen mehr als 1.500.000 Hektar in diesem Land. Solange keine Auflösung dieser Konzentration und keine Neuverteilung der Ländereien erfolgt, wird der Bauernschaft weiterhin dieses Recht verwehrt bleiben.“ „Dies kann nicht mit Unterdrückung und Gewalt wie beispielsweise Vertreibungen gelöst werden, bei denen Bauernfamilien ohne Dach über den Kopf und ohne Nahrung zurücklassen werden sowie Kinder ohne Schule. Mit solchen Maßnahmen begeht der paraguayische Staat eine Verletzung der Menschenrechte“, erklärte er.

An der sechstündigen Debatte [ursprünglich waren 3 Stunden geplant] über das Recht auf Land in Paraguay beteiligten sich verschiedene Akteur*innen: Bäuerinnen, Bauern, Indigene, Nichtregierungsorganisationen und Behörden der drei Staatsgewalten. Dabei wurde die lange Geschichte der Enteignung ländlicher Gemeinschaften seit 1870 beleuchtet, die sich in den letzten Jahrzehnten durch das Vordringen der Agrarindustrie weiter verschärft hat. Die Diskussion stärkte die historische Forderung der Bauernbewegung nach einer umfassenden Agrarreform, die den gerechten Zugang zu Land sichern soll.

Übersetzung: Christa Röpstorff

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