
(Madrid, 8. April 2025, El Salto).- Die anti-chinesische Rhetorik und das strategische Interesse an einer Infrastruktur, auf die sechs Prozent des internationalen Seeverkehrs entfallen, haben die US-Regierung dazu veranlasst, die Beziehungen zu Panama zu belasten und eine mögliche Militäroperation anzudeuten.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth traf am 8. April mit dem panamaischen Präsidenten José Raúl Mulino zusammen. Hegseth reiste an, um den angeblich übermäßigen Einfluss Chinas auf die 82 Kilometer lange interozeanische Wasserstraße, die durch das zentralamerikanische Land verläuft, zu thematisieren. Diese ist für etwa sechs Prozent des weltweiten Schiffsverkehrs verantwortlich. Hegseth ist bereits der dritte Vertreter der Trump-Regierung, der Panama während dieser Amtszeit offiziell besucht. Zuvor war es Außenminister Marco Rubio, der seine Amtszeit mit einer Reise durch Mittelamerika begann. Dabei verkündete er in einem Kommuniqué, dass „die Regierung Panamas zugestimmt hat, US-Schiffen keine Gebühren mehr für die Durchfahrt durch den Kanal zu berechnen“. Eine bemerkenswerte Errungenschaft für einen ersten Besuch – wenn es denn wahr gewesen wäre. Tatsächlich war es eine Falschbehauptung.
Nach Rubios Besuch sah sich Präsident Mulino gezwungen klarzustellen, dass US-Schiffe keineswegs kostenlos den Kanal passieren dürfen. Weder er selbst noch die Panamakanalbehörde, die auf einem eigens dafür geschaffenen Ministerium basiert, hätten die Befugnis, ein Land von den Gebühren zu befreien.
Der Kanal als politisches Druckmittel
Obwohl die Vereinigten Staaten jährlich weniger als zehn Millionen Euro für die Kanalbenutzung zahlen – wie die Kanalbehörde betont –, dient diese Infrastruktur der Trump-Regierung als Aufhänger für eine Kampagne der vermeintlichen Benachteiligung. In seiner Antrittsrede am 20. Januar erklärte Trump: „Der Panamakanal wurde Panama sinnloserweise geschenkt, nachdem die Vereinigten Staaten mehr Geld als je zuvor investiert und beim Bau 38.000 Menschenleben verloren hatten. Wir wurden durch dieses Geschenk schlecht behandelt. Das Versprechen, das Panama uns gegeben hat, wurde gebrochen. Amerikanische Schiffe zahlen völlig überhöhte Preise und werden unfair behandelt – auch unsere Marine. Vor allem: China betreibt den Panamakanal. Aber wir haben ihn nicht China übergeben, sondern Panama. Und wir holen ihn uns zurück.“
Die Rückforderung des Kanals wird unter dem Vorwand einer chinesischen Ausbeutung ins Spiel gebracht – Trump behauptet, die Wasserstraße befinde sich „in den falschen Händen“. Das entspricht jedoch nicht der Realität. Dass das Thema wenige Tage nach einer drastischen Zollerhöhung seitens des Weißen Hauses wieder aufgegriffen wurde, ist im geopolitischen Wettbewerb mit China kein Zufall.
Am 13. März kündigte Trump an, die Präsenz US-amerikanischer Truppen in Panama zu „verstärken“ – eine beunruhigende Botschaft, da die US-Truppen das Land offiziell am 31. Dezember 1999 im Rahmen eines bilateralen Abkommens zwischen Jimmy Carter und Omar Torrijos verlassen hatten. Trump erklärte, das Verhalten Panamas sei „katastrophal für die finanzielle Sicherheit dieser Region“ und drohte: „Wenn sie es nicht rückgängig machen, wird etwas Gewaltiges passieren.“
NBC News berichtete am selben Tag über die Ausarbeitung unterschiedlicher Szenarien durch das US-Südkommando, darunter auch die Möglichkeit einer militärischen Kontrolle des Panamakanals. „Der Einsatz militärischer Gewalt hängt davon ab, inwieweit die panamaischen Sicherheitskräfte zur Kooperation bereit sind“, zitierte der Sender US-Beamt*innen.
Diese Aussagen sind mehr als nur Trumps übliche Großspurigkeit. Mittelamerika wird in der frühen Phase seiner Amtszeit zur strategischen Schlüsselregion. Panama wegen des Kanals, El Salvador als Ziel massenhafter Abschiebungen – beide Länder rückten zuletzt verstärkt ins Visier der Trump-Regierung, begleitet von Zollankündigungen, die die Finanzmärkte erschütterten und eine weltweite Rezessionsangst schürten.
Druck von Land und Meer
Tatsächlich werden Balboa und Cristóbal – zwei der fünf Häfen an den Enden des Kanals – vom in Hongkong ansässigen Unternehmen CK Hutchison kontrolliert. Dieses betreibt die Häfen gemäß marktwirtschaftlicher Logik, ohne Einfluss auf die Kanalverwaltung oder die Durchfahrtsgebühren. Trumps Drohungen führten dazu, dass ein von BlackRock angeführtes Konsortium ein Übernahmeangebot für beide Häfen abgab. Am 4. März wurde eine grundsätzliche Einigung über 22,8 Milliarden Dollar erzielt. Doch die chinesische Regierung stoppte den Verkauf und prüft nun mögliche Sicherheits- und Datenschutzrisiken.
Journalist Darma Zambrana betont jedoch, dass die Kontrolle über die Häfen nicht mit Kontrolle über den Kanal gleichzusetzen ist: „China hat niemals die Verwaltung des Kanals in Erwägung gezogen“, erklärt der unabhängige Journalist. Auch die chinesischen Behörden wiederholen beständig: „China hat sich weder an der Verwaltung noch am Betrieb des Kanals beteiligt oder sich in dessen Angelegenheiten eingemischt“, so Außenamtssprecher Lin Jian.
Obwohl seit Trumps Rede über eine mögliche militärische Intervention spekuliert wird, hält Zambrana dies nicht einmal für jemanden wie Trump für realistisch. Präsident Mulino bemühte sich ebenfalls um Beruhigung der Bevölkerung und erklärte, er sehe „keine reale Bedrohung für den Vertrag oder einen militärischen Einsatz“.
Doch der Kanal ist nicht das einzige Thema, bei dem Panama unter US-Druck steht. Die Grenze zu Kolumbien – insbesondere der gefährliche Darién Gap – ist eine der kritischsten Migrationsrouten des Kontinents. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind dort in den vergangenen neun Jahren mindestens 536 Migrant*innen ums Leben gekommen. Seit Jahresbeginn geht die Zahl der Durchquerungen zurück – als Folge einer militarisierten Grenzpolitik und der Rückführungen per von den USA finanzierten Flügen. Diese Maßnahmen wurden 2024 unter der Regierung von Joe Biden beschlossen.
Eine Geschichte von Zumutungen und Rebellion
Panamas Geschichte ist seit jeher eng mit den Vereinigten Staaten verknüpft. Zambrana erinnert: „Nach der Unabhängigkeit von Spanien wurde Panama eine Provinz Kolumbiens, trennte sich jedoch 1903 mit US-Unterstützung und wurde eine unabhängige Republik – im Schatten seines neuen ‚Partners‘.“
Der Kanal wurde 1914 eröffnet, und bis 1999 hielten die USA eine Betriebszentrale in Panama aufrecht. Seit der Übergabe gemäß den Verträgen zwischen Torrijos und Carter steht der Kanal vollständig unter panamaischer Kontrolle. „Heute generiert der Kanal jährlich rund fünf Milliarden Dollar – fast das Dreifache dessen, was er unter US-Verwaltung einbrachte“, so Zambrana.
Sie erinnert zudem daran, dass die Regierung von Roberto Chiari 1964 als erste lateinamerikanische Regierung die diplomatischen Beziehungen zu den USA abbrach – als Reaktion auf die Tötung von 21 Jugendlichen, die gegen die US-Verwaltung des Kanals protestierten.
Trumps Männer kehren zurück und drängen auf die Übernahme des Kanals von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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