Tren de Aragua zwischen Mythos und Realität

Donald Trumps Bestrebungen, mutmaßlich kriminelle Migrant*innen auszuweisen, ist Teil seines Versprechens, Einwander*innen massenhaft abzuschieben. Foto: Carwil Bjork-James via flickr, CC BY-SA 2.0.

(Venezuela, 7. April 2025, InSight Crime).- US-Präsident Trump hat den Tren de Aragua, eine kriminelle Bande venezolanischen Ursprungs, ins Zentrum seiner migrationspolitischen Rhetorik gestellt. Angesichts der Vielzahl an Berichten über diese Organisation fällt es schwer, Realität und Fiktion voneinander zu unterscheiden. Deshalb hat InSight Crime zusammengefasst, was man wirklich über die Bande wissen muss, die sich zu einer der berüchtigtsten kriminellen Gruppen der Welt entwickelt hat.

1. Ihre Mitglieder verwenden keine Tätowierungen als Erkennungszeichen

Viele der wegen angeblicher Zugehörigkeit zum Tren de Aragua verhafteten oder ausgelieferten venezolanischen Staatsangehörigen berichten, dass sie aufgrund ihrer Tätowierungen ins Visier der Behörden geraten seien. Tatsächlich nutzt diese kriminelle Gruppe jedoch weder Tätowierungen noch andere sichtbare Symbole – etwa bestimmte Farben oder Kleidungsstücke – zur Identifikation ihrer Mitglieder. Selbst Gangs wie die MS13 [Mara Salvatrucha, die für ihre markanten Tätowierungen bekannt ist, distanzieren sich zunehmend von solchen Erkennungsmerkmalen, da sie eine Identifizierung durch die Behörden erleichtern. Zudem bedeutet ein identisches Tattoo bei mehreren Personen nicht zwangsläufig, dass es sich um ein offizielles Erkennungszeichen der Bande handelt.

2. Der Tren de Aragua wird nicht von der venezolanischen Regierung gesteuert

Die US-Regierung unter Trump behauptete, Venezuelas Präsident Nicolás Maduro habe dem Tren de Aragua den Auftrag erteilt, in die Vereinigten Staaten einzudringen. Dafür gibt es jedoch keinerlei Beweise. Zwar entstand die Gang ursprünglich im Gefängnis unter staatlicher Duldung, doch dieses Verhältnis ist längst in die Brüche gegangen. In den vergangenen eineinhalb Jahren hat Maduro der Bande mehrere schwere Schläge versetzt: So ließ er im September 2023 eine großangelegte Razzia durchführen, bei der die Gruppe aus ihrem Hauptquartier im Gefängnis vertrieben wurde. Und in den letzten Monaten kooperierte die venezolanische Regierung mit Verbündeten in Kolumbien, um mehrere führende Mitglieder der Bande festzunehmen. Überdies ist es unwahrscheinlich, dass Maduro die Aktivitäten des Tren de Aragua steuern könnte, selbst wenn er wollte. Die Führung der Organisation hat sich stark gewandelt; die Entscheidungsprozesse sind mittlerweile deutlich dezentraler.

3. Der Tren de Aragua scheint eher an Einfluss zu verlieren als zu gewinnen

Auch wenn die zunehmende politische Aufmerksamkeit den Eindruck erwecken mag, dass der Tren de Aragua an Macht gewinnt, deuten die Fakten in eine andere Richtung.Die Gefängnisrazzia und die Festnahme mehrerer Anführer haben die Organisation erheblich geschwächt und zersplittert. Heute funktioniert sie eher wie ein loser Bund von zerstreuten Franchise-Partnern als eine geschlossene Organisation. In Ländern wie Peru, Kolumbien und Chile gibt es zwar Ableger, doch in den USA scheint keine übergeordnete Organisation hinter den dort begangenen Verbrechen zu stehen. Und bei all der Aufmerksamkeit, die die Sicherheitsbehörden in der Region auf den Tren de Aragua richten, ist es unwahrscheinlich, dass die Bande an Stärke gewinnt. Stattdessen scheint alles darauf hinzuweisen, dass er weiterhin als dezentrales Netzwerk agieren wird – mit Zellen, die kaum mehr als den Namen gemeinsam haben.

Übersetzung: Christa Röpstorff

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