Sven von Storch vernetzt die extreme Rechte Südamerikas

(Rio de Janeiro, 5. Dezember 2021, Interferencia, O Globo, poonal).- Die Beziehungen zwischen der brasilianischen Präsidentenfamilie und dem rechtsextremen chilenischen Präsidentschaftskandidaten Kast sind allem Anschein nach enger, als es die Beteiligten in der Öffentlichkeit zugeben wollen. Wie die brasilianische Tageszeitung O Globo berichtet, geht diese bilaterale Verbindung vor allem auf eine Person zurück: Sven von Storch.

Sven von Storch netzwerkt im Hintergrund

Im September berichtete die chilenische Tageszeitung Interferencia über den im südchilenischen Osorno geborenen deutsch-chilenischen Lobbyisten und Geschäftsmann Sven von Storch und seine Frau, die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch, sowie über das rechtsextreme Netzwerk, das das Ehepaar in Südamerika aufgebaut hat. Sven und Beatrix von Storch werden darin als ultra-konservative Leiter*innen mehrerer Politnetzwerke bezeichnet, in denen Antikommunismus, sexuelle Enthaltsamkeit, Ablehnung der gleichberechtigten Ehe und einwanderungsfeindliche Ideen propagiert werden. Die beiden wurden im Juli vom brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in seinem Regierungssitz, dem Planalto-Palast, empfangen. Daneben nahm auch der Sohn des Präsidenten, Eduardo Bolsonaro, am Treffen teil. Dieser wiederum pflegt enge Verbindungen zum rechtsextremen chilenischen Präsidentschaftskandidaten José Antonio Kast, der am 19.12. gegen den linken Kandidaten Gabriel Boric in der Stichwahl um die chilenische Präsidentschaft antritt. Von Storch kennt Kast chilenischen Medienberichten zufolge schon seit mehreren Jahren und ist für ihn ein wichtiger Berater in internationalen Fragen. In der breiten chilenischen Öffentlichkeit ist er hingegen unbekannt. Er hat keine politische Position inne, sondern hält sich im Hintergrund und steht nur mit dem inneren Kreis des chilenischen Kandidaten in Kontakt.

Anti-UN-Kurs des rechtsgerichteten Präsidentschaftskandidaten

Bis zum ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen im vergangenen November sah Kasts Regierungsprogramm unter anderem den Austritt Chiles aus dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen vor. „Zu den Vereinten Nationen gehören Länder, die nicht an die Demokratie glauben und die Menschenrechte verletzten, wie Nicaragua und Venezuela. Deshalb wollen wir austreten“, so Kast.  Diese Position teilt er mit von Storch, der sich in einer Diskussionssendung gegen die sogenannte „Allianz zwischen der traditionellen Linken und den Globalisten“ ausspricht. Unlängst hat der Kandidat der „Christlich-Sozialen Front“ diese Forderung jedoch abgemildert und sein Regierungsprogramm noch einmal überarbeitet, wohl um mehr Wähler*innen der Mitte für die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Die Kursänderung geht einher mit den Forderungen des im ersten Wahldurchgang unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Sebastian Sichel vom Mitte-Rechts-Bündnis Chile Vamos. Dieser stellte mehrere Bedingungen, um Kast im zweiten Wahlgang gegen den linken Kandidaten Gabriel Boric zu unterstützen. Dazu gehörte unter anderem, „im Rahmen der derzeitigen Möglichkeiten die Beteiligung an den Vereinten Nationen und anderen internationalen Kooperationsgremien zu erhalten“. Obwohl sich Kast letztendlich dem politischen Druck beugen musste, wird das in Wahrheit weit entfernt von seinen Vorstellungen und denen seines informellen Beraters von Storch liegen. Letzterer sieht Instrumente der Global Governance wie den Internationalen Währungsfonds und die Weltgesundheitsorganisation als Teil eines „neuen globalen Staats“, der die Demokratie weltweit abschaffen und totalitäre Regierungen durchsetzen will.

Auch Kast greift wiederholt die Rhetorik der internationalen extremen Rechten auf, die auch Bolsonaro verwendet. In den letzten Jahren hat sich der chilenische Kandidat der brasilianischen Präsidentenfamilie, insbesondere dem Sohn und Kongressabgeordneten Eduardo Bolsonaro, immer mehr angenähert. Noch während des Präsidentschaftswahlkampfs 2018 besuchte Kast den damaligen Kandidaten Bolsonaro in Rio. Kurz darauf nahm er an einem von Eduardo Bolsonaro organisierten Gipfel der extremen Rechten in Foz de Iguaҫu teil. Anschließend reiste Bolsonaro nach Chile und traf sich mit Kast und anderen führenden Politiker*innen des Landes.

Ultrarechte Rhetorik

Von Storch tritt zwar nur selten in Erscheinung, aber das Foto des Ehepaars mit dem brasilianischen Präsidenten im Juli bestätigt, was der Geschäftsmann gerne selbst erzählt. Im Gespräch mit seinem chilenischen Unternehmerkollegen Enrique Subercaseaux, der eine Diskussionssendung mit sehr begrenzter Reichweite auf YouTube moderiert, spricht er von Verbindungen zu politischen Kräften in Brasilien, Kolumbien, Ungarn und Polen. Außerdem erwähnt er wiederholt seine Gespräche mit Steve Bannon, dem ehemaligen Chefstrategen Donald Trumps, der wegen Missachtung eines Haftbefehls des Untersuchungsausschusses des Repräsentantenhauses zur Stürmung des US-Kongresses unter Anklage steht. In etwas mehr als einer halben Stunde legt von Storch seine Weltanschauung dar und befürwortet die Wahl des rechtsextremen Kast als einzige Möglichkeit, Chile vor der Zerstörung durch eine „globalistische Linke mit marxistischer Ideologie“ zu retten. In einem kürzlich in seinem Bekanntenkreis verbreiteten Brief schreibt der Geschäftsmann: „Chile steht an einem Wendepunkt, an dem sich entscheiden wird, ob das Land sich zu einem zweiten Venezuela, die Schweiz Lateinamerikas oder ein neues Hongkong des Pazifiks wird. Jetzt entscheidet sich, ob die Zukunft Lateinamerikas in Havanna oder in Santiago de Chile geschrieben wird.“

In dem sogenannten „Brief von Osorno“ erklärt der selbsternannte Social-Media-Spezialist von Storch, der Kampf zwischen Patrioten und Globalisten finde in einer Zeit statt, in der die USA mit China die Weltherrschaft ringe. In diesem Zusammenhang wollten die Patrioten „souveräne Staaten erhalten „, während die Globalisten eine „Allianz aus großen multinationalen Unternehmen und der internationalen Linken, die Abschaffung des Nationalstaats und den Ersatz durch Global Governance“ anstrebten. Gegen diesen neuen Staat, so von Storch, seien „Patrioten“ wie Trump als einzige in der Lage, Nationalstaaten aufzubauen, in denen Werte wie Familie und nationale Einheit die Grundlage der Gesellschaft bilden. Dies ist die Welt, die von Storch beschreibt. Er selbst steht natürlich hinter Kast und ist mit dem ideologischen Flügel der Bolsonaro-Regierung vernetzt.

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