Krise in der Regierung von Boluarte

Boluarte
Dina Boluarte ist seit 2022 Präsidentin Perus. Noch ist unklar, ob sie zur Widerwahl bei den Präsidentschaftswahlen 2026 antritt. Foto: Presidencia Perú via flickr, CC BY-NC-SA 2.0.

(Lima, 13. Mai 2025, Servindi).- Es war abzusehen: Je näher die Parlamentswahlen 2026 rücken, desto deutlicher beginnen sich die politischen Gruppierungen, die im peruanischen Kongress die Regierung von Dina Boluarte stützen, von ihr zu distanzieren – obwohl sie weiterhin für deren Interessen agiert.

Gemeint sind vor allem der Fujimorismus der Fuerza Popular (FP) und die Alianza para el Progreso (APP) von César Acuña Peralta, die gemeinsam mit Boluarte regiert, deren Handlungen zu ihrem eigenen Vorteil gelenkt und öffentliche Ämter besetzt haben.

Auch die Anhänger*innen von Vladimir Cerrón von der Partei Perú Libre haben sich aus taktischen Gründen der politischen Mafia angeschlossen – um ihren Gründer, gegen den ein Haftbefehl vorliegt, vor dem Gefängnis zu schützen und um sich andere politische Vorteile zu sichern.

Diese Gruppierungen haben sich mit rechten Kräften zusammengeschlossen und ein Paket gesetzgeberischer Maßnahmen verabschiedet, das die noch junge demokratische Ordnung des Landes massiv geschwächt hat. Einzig, um sich selbst vor laufenden Ermittlungen zu schützen.

Sie alle haben Gesetze unterstützt und verabschiedet, die einen Schutzmantel der Straffreiheit für organisierte Kriminalität und Korruption geschaffen haben – auf Kosten einer unabhängigen Justiz, die eigentlich zur Kontrolle dieser Machenschaften befähigt sein sollte.

Doch der Druck der Bevölkerung, kurz vor dem Generalstreik des 14. Mai, zwang die Mehrheit der Fraktionen im Kongress dazu, ihre Entscheidung für einen Misstrauensantrag gegen Gustavo Adrianzén, den Präsidenten des Ministerrats, bekannt zu geben. Adrianzén hat eine lange Liste von Verfehlungen vorzuweisen. Besonders heftige Kritik zog er für seine absurde Reaktion auf die Entführung und Ermordung von 13 Bergarbeitern in Pataz (Region La Libertad) auf sich. Als er sich schließlich isoliert und ohne parlamentarische Rückendeckung sah, blieb Adrianzén – ein Handlanger der Präsidentin – nichts anderes übrig, als unwiderruflich seinen Rücktritt einzureichen. Nur wenige Stunden vor Adrianzéns Rücktritt waren drei weitere Minister aus den Ressorts Wirtschaft, Verkehr und Inneres zurückgetreten.

Der Regierungswechsel vollzieht sich in einem Kontext, in dem auch die zuvor regierungstreuen Mainstream-Medien eine Kehrtwende vollzogen haben. Medien wie die Tageszeitung Perú21, die Boluarte lange Zeit vehement verteidigten, kritisieren nun offen den drastischen Niedergang der Regierung. So veröffentlichte die Tageszeitung Perú21 die Ergebnisse einer landesweiten Umfrage, wonach die Zustimmung zur Regierung im Norden des Landes bei null Prozent und im Landesdurchschnitt bei zwei Prozent liegt.

Landesweiter Streik: nicht nur gegen Auftragsmorde, sondern auch gegen Boluarte

Der landesweite Streik wurde von verschiedenen sozialen Gruppierungen als Reaktion auf die brutale Folter und Ermordung von 13 Bergarbeitern in Pataz in der Provinz La Libertad ausgerufen- ein Verbrechen, das das ganze Land erschütterte und das Ausmaß der eskalierenden Kriminalität offenlegte.

Zu den Organisator*innen gehörten der Ausschuss der Transportgewerkschaften Perus, die Bewegung Bürger*innen für das Leben und Vertreter*innen von Händler*innen, Mototaxifahrer*innen und Unternehmer*innen aus dem Textil- und Handelszentrum Gamarra.

Neue Strategie der Drogenmafia

Wie der Analyst Jaime Antezana, Experte für Terrorismus, Drogenhandel und Korruption, warnt, steht ein Strategiewechsel der Drogenmafia und des Fujimorismus bevor.

In dieser neuen Phase werde die gezielte Gewalt durch Auftragsmörder zu einem politischen Instrument. Es komme zunehmend zu Aktionen, die Erinnerungen an den Sendero Luminoso [zu dt. Leuchtender Pfad, eine marxistisch-leninistische und maoistische Partei und terroristische Guerillaorganisation, die zwischen 1980 und 1993 einen bewaffneten Konflikt gegen die peruanische Regierung führte] wecken und Angst in der Bevölkerung schüren sollen.

Der politische Trumpf, durch die Reaktivierung terroristischer Gewalt zu punkten, werde im Wahlkampf gezielt ausgespielt – insbesondere vom Fujimorismus, der sich fälschlicherweise damit rühmt, den Terrorismus effektiv bekämpft zu haben. Eine Behauptung, die bei vielen uninformierten Bürger*innen verfängt.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet am 13. Mai die Nachricht die Runde machte, ein Hubschrauber der peruanischen Luftwaffe (FAP) sei von mutmaßlichen Überresten des Sendero Luminoso beschossen worden. Antezana warnt: Ein neuer krimineller Sendero Luminoso entstehe – angeführt von der organisierten Kriminalität, ausgestattet mit einem landesweiten Netz von Auftragskillern, bereit, jeden Befehl auszuführen.

In diesem Zusammenhang erinnert Antezana daran, dass der Tod von Andrea Vidal „das Ergebnis eines politischen Attentats war – man wollte sie verschwinden lassen, um die Prostitution im Kongress zu vertuschen“. Ein weiteres Beispiel: „Glaubt jemand ernsthaft, eine gewöhnliche Bande käme auf die Idee, eine Sprengstoffladung am Hauptsitz der Staatsanwaltschaft in Trujillo zu deponieren?“

Hier geht es um einen geplanten Anschlag im Stil des Sendero Luminoso, allerdings mit klar politischen Zielen – in einem Kontext, in dem sich ein narco-krimineller Staat abzeichnet. Und das, so Antezana, sei erst der Anfang.

 

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