Freispruch für schwedischen Netzaktivisten Ola Bini

(06. Februar 2023, Agência Pulsar) Nach mehr als drei Jahren Prozess wurde Ola Bini, Aktivist für digitale Rechte, Datenschutz und Menschenrechte von der ecuadorianischen Justiz für unschuldig erklärt. Die Entscheidung wurde am 31. Januar verkündet und könnte den 2019 begonnenen Prozess endgültig beenden. Nach Ansicht von Expert*innen kam es während des Prozesses zu einer Reihe von Rechtsverstößen. Als Freund und Mitarbeiter des Journalisten und Wikileaks-Gründers Julian Assange wurde Ola Bini von der Regierung des ehemaligen ecuadorianischen Präsidenten Lenín Moreno ohne jeden Beweis des „unerlaubten Zugriffs auf ein IT-System“ angeklagt. Der schwedische Programmierer verbrachte daraufhin 70 Tage im Gefängnis. Auch nach seiner Freilassung durfte er aufgrund eines Haftprüfungstermins das Land bis zur Urteilsverkündung nicht verlassen.
Die Anklage beruhte darauf, dass Bini einen Tor-Browser verwendet hatte, mit dem Nutzer*innen ihre Identität im Internet schützen können. Ein solcher Browser wird häufig von Menschenrechtsaktivist*innen und Journalist*innen genutzt. „Sie behaupteten: ‚Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten‘. Ich habe meine Passwörter nicht hergegeben und es ist klar, dass sie mir deshalb unterstellen, ich sei ein Krimineller. Diese Perspektive war schon immer sehr gefährlich, und dass die ecuadorianischen Staatsanwälte sie anwenden, ist kein gutes Zeichen. Glücklicherweise haben die Richter diese Logik nicht akzeptiert – sie fanden es nicht mal notwendig darauf überhaupt zu antworten“, erklärte der Aktivist.

Der Prozess

Nach Angaben von Organisationen, die sich für die Verteidigung digitaler Rechte einsetzen, etwa Artigo 19, Access Now und Electronic Frontier Foundation (EFE), hat die ecuadorianische Justiz während des gesamten Prozesses Fehler begangen, die von der Verhaftung über die fehlenden Möglichkeiten zur Einsicht in die angeblichen Beweise bis hin zur langen Dauer des Prozesses reichen. „Während der Verhandlung wurde Bini Opfer einer Polizeiaktion, bei der elektronische Geräte beschlagnahmt wurden. Es wurden Anschuldigungen gegen ihn erhoben, für die es keine Beweise gab. Wie aus einem Bericht mehrerer Menschenrechtsorganisationen, die den Prozess beobachtet haben, hervorgeht, wurde der Prozess auf fragwürdige Weise geführt, “, sagt die Organisation Artigo 19.
Der Freispruch wurde weltweit von Menschenrechtsverteidiger*innen gefeiert, obwohl die Staatsanwaltschaft noch in Berufung gehen kann. Das Zentrum für digitale Autonomie (Centro de Autonomía Digital), zu dem auch Bini gehört, sagte: „Dieses Urteil markiert einen Meilenstein in der Verteidigung der digitalen Sicherheit und der Menschenrechte. Denn es zeigt, dass unsere Arbeit nicht kriminalisiert werden sollte, erst recht nicht, wenn es keinerlei Beweise gibt“.
Auch in Brasilien wurde das Ergebnis des Prozesses von der Organisation Coalizão Direitos na Rede (Koalition der Rechte im Netz) gefeiert, die es als „Sieg für die weltweite Cyber-Sicherheit“ bewertete.

Hintergrund

Ola Bini, Aktivist für Datenschutz und Internet-Sicherheit, wurde am 11. April 2019 am Flughafen Mariscal Sucre in Quito festgenommen. Er war gerade auf dem Weg nach Japan, wo er an einer Kampfsportartveranstaltung teilnehmen wollte. Neben dem Vorwurf, an Hackerangriffen beteiligt zu sein, behauptete die Regierung Moreno ohne jeglichen Beweis, der Schwede stehe in Verbindung mit Julian Assange, um Ecuador durch Angriffe auf Computersysteme der Regierung zu destabilisieren. Binis Verhaftung erfolgte etwas mehr als einen Monat nach der Veröffentlichung der so genannten INA-Papers. In diesen sind Korruptionsfälle des Präsidenten Lenín Moreno und seiner Familie dokumentiert. Am Tag vor Binis Verhaftung wurde Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London an die britischen Behörden ausgeliefert. Denn der Asylstatus, den der frühere ecuadorianische Präsident Rafael Correa ihm gewährt hatte, war  von Lenín Moreno aufgehoben worden.

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