Der Streit um Esequibo

Territorialkonflikt Esequibo
Guayana Esequiba gehört seit 1899 zum guyanischen Staatsgebiet. Das über 150.000qm große Gebiet wird von Venezuela beansprucht. Foto: via wikimedia commons, CC BY-SA 4.0 DEED.

(Bogotá, 11. Dezember 2023, colombiainforma).- Am 3. Dezember fand in Venezuela ein Referendum statt, bei dem mehr als zehn Millionen Menschen mit 95 Prozent Zustimmung für die Eingliederung des Esequibo-Gebiets stimmten. Das Gebiet wurde nach den Unabhängigkeitskriegen einseitig von den Briten besetzt und gehören heute zu Guyana.

Die Erklärungen der venezolanischen Regierung über die Gründung eines neuen Bundesstaats in der Esequibo-Region, die Entsendung von Truppen und die Erteilung einer Lizenz zur Ausbeutung der reichhaltigen Mineral- und Energieressourcen durch die Petróleos de Venezuela PDVSA [die größte Erdölgesellschaft Lateinamerikas] führten zu internationalen Spannungen.

Guyanas Präsident Mohamed Irfaan Ali reagierte darauf mit den Worten: „Dies ist eine direkte Bedrohung der territorialen Integrität, Souveränität und politischen Unabhängigkeit Guyanas“. Auf Vermittlung der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) und des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva wurde am 14. Dezember ein Treffen auf den Grenadinen für einen Dialog zwischen den beiden Regierungen abgehalten.

Die USA haben sich sofort auf die Seite der Regierung der ehemaligen britischen Kolonie gestellt, und das U.S. Southern Command hat Militärübungen in der Region durchgeführt. Außenminister Antony Blinken erklärte, sein Land werde Guyana bedingungslos unterstützen.

In der Küstenregion befindet sich das Stabroek-Ölfeld, ein 26.000 Quadratkilometer großes Ölfeld mit geschätzten Reserven von acht Milliarden Barrel Öl das mit 16 Bohrlöchern bis zum Jahr 2025 eine Produktion von 750.000 Barrel pro Tag erreichen würde. Das ist fast so viel wie ganz Venezuela derzeit produziert. Der Esequibo verfügt auch über Mineralienvorkommen wie Bauxit, Mangan, Uran, Diamanten, vor allem aber Gold.

Die Geschichte gibt Venezuela Recht

Die Verfassung Venezuelas aus dem Jahr 1999 besagt, dass die Grenzen des Landes auf die Kolonialzeit zurückgehen, als diese Gebiete vom Kapitänsamt von Venezuela verwaltet wurden. Dazu gehörte auch der westliche Teil des Essequibo-Flusses – das Gebiet, um das es in dem Konflikt geht. Nach den Unabhängigkeitskriegen und der Gründung von Gran Colombia im Jahr 1819 wurden die Grenzen ratifiziert, und die Führer des Landes teilten England mit, dass der Herrschaftsbereich der entstehenden Nation bis zum Essequibo-Fluss reiche, was die Macht damals akzeptierte. Im Laufe der Jahre wurden die Expansionspläne immer weiter vorangetrieben, so dass die Briten im 19. Jahrhundert zur dominierenden Macht wurden.

Wie in verschiedenen Teilen der Westindischen Inseln in der Auseinandersetzung mit anderen Mächten wie Spanien und Frankreich nutzte Großbritannien Piraten (illegale Unternehmen), um den westlichen Teil des Esequibo zu kolonisieren, ohne sich auf einen Krieg oder (scheinbar) auf politische Verantwortung einzulassen. Seit 1830 schlichen sich Tausende von britischen Siedlern und Soldaten in das Gebiet ein.

1895 beanspruchte Venezuela das Gebiet erneut für sich, nachdem die 80.000 Quadratmeter voller Ressourcen jahrzehntelang geplündert wurden. Die Vereinigten Staaten schlugen im Rahmen der Monroe-Doktrin „Amerika für die Amerikaner“ vor, den Streit durch ein internationales Schiedsverfahren beizulegen, was zum Pariser Schiedsspruch von 1899 führte.

Venezuela verlor das Abkommen, bei welchem zwei britische Richter, ein amerikanischer und der russische Richter Fjodor Martens beteiligt waren. Letzterer wurde später beschuldigt, von den Briten bestochen worden zu sein, um zu deren Gunsten zu entscheiden. Venezuela prangerte weiterhin die Mängel des Prozesses an, aber die Forderungen wurden bis 1966, als Guyana seine Unabhängigkeit erlangte, ignoriert.

Im Jahr 1966 wurde das Genfer Abkommen zwischen Venezuela und dem Vereinigten Königreich unterzeichnet, in dem die Korruption im Schiedsspruch von 1899 anerkannt wurde. Die Legitimität des venezolanischen Anspruchs und die Notwendigkeit einer friedlichen Lösung lag nun in den Händen der ehemaligen Kolonie. Durch diese Vereinbarung wurde der Konflikt bis heute aufgeschoben, doch Guyana beutet die Reichtümer des Gebiets weiterhin aus.

Heute, da ausländische Unternehmen wie Exxon Mobil die Ölexploration verstärkt haben, beharrt die Regierung von Georgetown darauf, dass der Konflikt 1899 beigelegt wurde und dass dieses Gebiet, das fast so groß ist wie Uruguay, ihr gehört.

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