„Der Staat darf nicht zum Hauptaggressor werden“

Menschenrechte
Eine Haftanstalt in El Salvador.
Foto: CIDH via flickr
CC BY 2.0

(San Salvador, 30 April 2025, Prensa Latina/poonal).- Ein kürzlich erschienener Bericht dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch in El Salvador. Die Menschenrechte würden nicht respektiert, sondern es gebe einen eklatanten Machtmissbrauch, betonte Gabriele Santos, Direktorin des Instituts für Menschenrechte Idhuca während eines Auftrittes in der Interviewsendung Frente a Frente (Von Angesicht zu Angesicht) der salvadorianischen Fernsehgesellschaft TCS. Zugleich sprach sie sich für eine Beendigung des Ausnahmezustands aus. In den vergangegen drei Jahren kam es verstärkt zu willkürlichen Verhaftungen, und immer wieder dringen Berichte über unmenschliche Haftbedingungen und ungeklärte Todesfälle aus den Gefängnissen nach außen.

„Der Staat darf nicht zum Hauptaggressor werden“

Der Jahresbericht 2024: Die Lage der Menschenrechte in El Salvador behandelt verschiedene Facetten dieser Situation, schwerpunktmäßig unter anderem die Verletzung des Rechts auf Leben und auf persönliche Freiheit, den Machtmissbrauch und den Tod von Personen in staatlichem Gewahrsam. Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte OUDH der Universidad Centroamericana José Simeón Cañas UCA [private Hochschule in der Metropolregion San Salvador, die zu den besten Unis des Landes gezählt wird] präsentierte auf einer Veranstaltung den Bericht, in dem auch sexuelle Übergriffe auf Minderjährige, willkürliche Verhaftungen im Rahmen des Ausnahmezustandes und andere Verbrechen aufgeführt werden. Santos erwähnte zwar den allgemeinen Rückgang der Mordrate in dem mittelamerikanischen Land, betonte jedoch zugleich, dass nun nicht der Staat zum Hauptaggressor gegen die Menschenrechte werden dürfe. „Es darf nicht zugelassen werden, dass der Staat zum Mörder wird und dass er anstelle der Banden das Recht auf Leben verletzt“, erklärte sie mit Nachdruck.

Aus dem Bericht geht hervor, dass im Jahr 2024 243 gewaltsame Todesfälle registriert wurden. Darunter waren 114 vorsätzliche Tötungsdelikte, die durch die Generalstaatsanwaltschaft gemeldet wurden. Weitere 114 Todesfälle wurden nach Angaben der NGO Socorro Jurídico Humanitario (Humanitäre juristische Hilfe) in Gefängnissen registriert. Somit sei im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge ein Rückgang der Mordfälle zu verzeichnen: von 1.341 Morden im Jahr 2020 (22,2 pro 100.000 Einwohner) auf 243 im vergangenen Jahr, was ca. 4 Morden pro 100.000 Einwohner entspricht. Santos wies darauf hin, dass im Diskurs der Regierung stets die Verbesserung der Sicherheitslage und ein Rückgang der Mordrate hervorgehoben werden. Wenn dem jedoch wirklich so sei, gebe es keinen Grund mehr, den Ausnahmezustand aufrechtzuerhalten, mahnte sie.

„Das Recht auf Leben ist das am meisten verletzte Recht“

Der Bericht verweist außerdem auf die Tatsache, dass sich die Mehrheit der circa 85.000 Gefangenen ohne Gerichtsurteil in Gefängnissen befindet, was nach Ansicht vieler Fachleute eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass unter den Gefangenen bis zu 25.000 unschuldig Inhaftierte sein könnten. Robert López, Koordinator des OUDH, wies darauf hin, dass Gerechtigkeit viel Ermittlungsarbeit benötige, die jedoch nicht geleistet werde. „Immer wieder werden Menschen verurteilt, ohne dass die nötigen Informationen vorliegen“, fügte er hinzu. Das Recht auf Leben sei weiterhin das am meisten verletzte Recht, und „willkürliche Verhaftungen, Folterungen, Misshandlungen und die Verweigerung des Zugangs zur Justiz verschärfen die Situation“.

Übersetzung: Christa Röpstorff

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