von Ileana Alamilla
(Quito, 14. Juli 2010, alai).- Die Regierung von Präsident Colom musste sich bisher mit einer ganzen Reihe von unglaublichen Widrigkeiten auseinandersetzen. Angefangen bei Naturphänomenen, die sich aufgrund der mangelhaften Infrastruktur in soziale Katastrophen verwandelten, bis hin zu ökologischen Herausforderungen, die über die Zukunft von Generationen bestimmen.
Im Mai dieses Jahres forderte die Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH die guatemaltekische Regierung auf, die Aktivitäten der Mine Marlin im Departement von San Marcos zu suspendieren. Die Regierung kam diesem Anliegen am 24. Juni nach und beschloss die zeitweilige Unterbrechung des Minenabbaus. Die Entscheidung der Kommission hinsichtlich der Minentätigkeit ist absolut zu respektieren; das Gegenteil wäre ein Desaster gewesen. Doch nun steht die Regierung vor der großen Herausforderung, unsere Regenwälder und Gewässer gegen die Versuchung zu schützen, der Vertragsverlängerung mit dem französischen Unternehmen Perenco zur Erdölförderung zuzustimmen.
Vor einigen Monaten erstellte eine wichtige akademische Allianz aus zwei Instituten eine tiefgründige Auswertung. Das Institut zur Analyse und Untersuchung nationaler Probleme der Universität San Carlos, IPNUSAC und das Institut für Landwirtschaft, natürliche Ressourcen und Umwelt der Universität Rafael Landívar, IARNA, kamen zu dem Schluss, gegen die Entscheidung des Präsidenten, falls sie denn pro Verlängerung ausfiele, auf juristischem Wege vorzugehen.
Der Nationalpark Laguna del Tigre befindet sich im Department Petén, im Kernbereich des geschützten Biospärenreservats Maya. Daher meinen die Mitarbeiter*innen des IPNUSAC, dass eine Erlaubnis, hier Erdöl zu fördern, staatlichen als auch verfassungsrechtlichen Normen und internationalen Abkommen zuwiderlaufen würde.
Die Erweiterung des Vertrags 2-85 halten sie für eine fahrlässige Entscheidung, eine Verhöhnung jeglicher juristischen Verordnungen und eine neue Herausforderung für internationale Verpflichtungen. Angesichts der prekären Situation der Staatsfinanzen sind die zu erwartenden Nutzungsgebühren aus der Erdölförderung in Höhe von schätzungsweise vier Milliarden Quetzales (ca. 370 Millionen Euro) zweifellos eine Versuchung. Außerdem könnten Verpflichtungen der Regierung mit dem Unternehmen bestehen, um die Fortsetzung der Förderaktivitäten zu garantieren.
Würde man jedoch die Laguna del Tigre erhalten, würden sich die Gewinne nach Schätzungen des IARNA auf 5,6 Milliarden Quetzales (ca. 518 Millionen Euros) belaufen. Diese mathematische Rechnung kommt zu einem eindeutigen Ergebnis.
Beide akademischen Einrichtungen urteilten nach einer juristischen Prüfung, dass eine Verlängerung des Vertrages einen Straftatbestand erfülle, da sie die Verfassung der Republik verletze – eine Verantwortung, die direkt auf den Präsidenten Álvaro Colom zurückfallen würde.
Nun befinden wir uns kurz vor dem Auslaufen des Vertrags. Und, wie der Presse zu entnehmen ist, flog der Präsident vor einigen Tagen nach Paris, finanziert von Perenco; wir wollen uns aber erstmal nichts schlechtes dabei denken.
Laut Informationen des Unternehmens werden täglich schätzungsweise 10.000 Barrel Rohöl gefördert. Von der Bohrlizenz in der Laguna del Tigre hängen 95 Prozent der nationalen Erdölförderung ab. Von 2002 bis 2009 hat der guatemaltekische Staat 660 Millionen US-Dollar (ca. 535 Millionen Euro) für die Nutzungsrechte erhalten, während sich in diesem Zeitraum die Exporteinnahmen des Unternehmens auf knapp 1,7 Milliarden US-Dollar (1,37 Milliarden Euro) beliefen und ausschließlich der Firma Perenco zugute kamen.
Der Nationalpark Laguna del Tigre ist aufgrund seines Systems aus Lagunen, Sumpfland und anderen Gewässern sowie wegen der vorherrschenden biologischen Vielfalt das bedeutendste Feuchtgebiet Mittelamerikas. Außerdem bildet er eine natürliche Barriere für Hurrikans und reguliert den Wasserzyklus.
Sollte der guatemaltekische Präsident weiterhin darauf bestehen, der Vertragsverlängerung zuzustimmen, würde Perenco für weitere 15 Jahre im Kerngebiet des Biosphärenreservats Maya Rohöl ausbeuten. Wir werden sehen, ob er umsichtig handelt.
(Anm. d. Red.: Präsident Colom veröffentlichte am 28. Juli im Diario de Centro América die Entscheidung, der Vertragsverlängerung zur Erdölförderung durch das Unternehmen Perenco im Petén zuzustimmen. Ein erster Einspruch gegen den Beschluss wurde vom Verfassungsgericht abgelehnt.)
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