„Haste mal’n Bitcoin?“ – Kryptowährung wird legales Zahlungsmittel

(San Salvador, 7. September 2021, la diaria).- Als erstes Land der Welt hat El Salvador den Bitcoin als legales Zahlungsmittel eingeführt. Präsident Nayib Bukele hatte ein entsprechendes Gesetz vorangetrieben, mit der Begründung, durch die Einführung des Bitcoin könnten jährlich 400 Millionen Dollar an Gebühren für Geldsendungen aus dem Ausland eingespart werden. Ein Großteil der Sendungen kommt aus den USA. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters beliefen sich die Transfers im Jahr 2020 auf ein Volumen von sechs Milliarden Dollar, was 23% des Bruttoinlandsprodukts entspricht. In nur wenigen Ländern ist der Anteil so hoch.

Extreme Wertschwankungen schüren das Misstrauen

Am 6. September kaufte El Salvador seine ersten 400 Bitcoins. Der Preis der Kryptowährung stieg danach um 1,5% auf 52.700 Dollar. Wie volatil der Bitcoin-Kurs ist, zeigte sich einige Stunden später, als der Wert auf 42.000 Dollar fiel, um kurz darauf die Hälfte der Verluste wieder gutzumachen. In Umfragen zeigte sich die Mehrheit der Salvadorianer*innen skeptisch gegenüber der Nutzung des Bitcoin und dessen teilweise extremen Preisschwankungen. Kritiker*innen warnen außerdem, dass die Kryptowährung für die Finanzinstitutionen des Landes zum Problem werden und der Geldwäsche Vorschub leisten könnte. Außerdem hätte die Regierung im Vorfeld zu wenig getan, um die Bevölkerung über eine Maßnahme mit derartigem Ausmaß zu informieren. Erst im Juni hatte die Nationalversammlung, in der Präsident Bukele und ihm nahestehende politische Kräfte die absolute Mehrheit haben, dem Gesetzentwurf zugestimmt.

Verpflichtende Nutzung für Unternehmen stößt auf Ablehnung

Um einen Anreiz für die Nutzung von Bitcoin als Zahlungsmittel zu schaffen, hat die Regierung angekündigt, allen Bürger*innen, die die eigens dafür geschaffene Geldbörsen-App Chivo Wallet herunterladen, ein Guthaben von 30 Dollar in Bitcoin zu schenken. Ob ein solches Angebot tatsächlich zu mehr Akzeptanz führt, ist fraglich, zumal eine Studie der Interamerikanischen Entwicklungsbank zu dem Ergebnis kommt, dass nur 45% der Bevölkerung Zugang zum Internet haben. In einer von der Zentralamerikanischen Universität San Salvador durchgeführten Studie sagten 82% der Befragten aus, sie hätten kein Vertrauen in Bitcoin. 95% waren der Meinung, der Gebrauch der Kryptowährung als Zahlungsmittel sollte freiwillig sein; die Regierung Bukeles beabsichtigt jedoch, die Verpflichtung zur Bitcoin-Nutzung einzuführen, wenn auch zunächst nur für Unternehmen.

Spekulationen über Bukeles tatsächliche Interessen

Am Tag der Einführung der Kryptowährung gingen in San Salvador Demonstrierende auf die Straße, um gegen die verpflichtende Nutzung zu protestieren. Wie die salvadorianische Zeitung La Prensa Gráfica berichtet, versuchten die Teilnehmer*innen bis zum Sitz der Nationalversammlung, der aus nur einer Kammer bestehenden gesetzgebenden Instanz des Landes, zu gelangen. Absperrungen und ein Aufgebot der Polizei verhinderten dies jedoch. Auch dass die Regierung über die Chivo Wallet-App an persönliche Daten der Nutzer*innen gelangen kann, steht in der Kritik. „Die Anwendung greift auf das Mikrofon und auf die Kontakte zu. Es könnte sein, dass die Einführung des Bitcoin als Zahlungsmittel einfach nur ein Ablenkungsmanöver ist. Da die Regierung aber trotz der Proteste und der Warnungen von Experten an ihrem Plan festhält, könnte es auch sein, dass ein größeres politisches Projekt von Bukele dahintersteckt“, mutmaßt der salvadorianische Ökonom Ricardo Castaneda.

Technische Probleme bei der Umsetzung

Im Vorfeld der Einführung hatte die Regierung circa 200 Automaten aufgestellt, an denen der Bitcoin mit Hilfe der Chivo Wallet erst gebührenfrei in Dollar getauscht und dann als Bargeld abgehoben werden kann. Jedoch gab es bereits am ersten Tag Probleme. Nachdem die Regierung zunächst Kritik an Apple, Google und Huawei geübt hatte, weil diese in ihren App-Stores die Wallet nicht zum Download freigegeben hatten, musste sie bald darauf zugeben, dass diese nicht einwandfrei funktioniert. Bukele twitterte am Dienstag: „Jede Eingabe von Daten führt momentan zu Fehlermeldungen.“ Kurz darauf fügte er hinzu: „Das System ist derzeit offline, um die Kapazität der Server zu erhöhen. Es ist ein simples Problem, lässt sich aber nur offline lösen.“ Anschließend veröffentlichte die Regierung eine Mitteilung, in der es hieß, die Unterbrechung des Service sei notwendig, um die Kapazität der Bildaufnahme-Server zu erhöhen. „Aus diesem Grund gab es bei einigen Personen Probleme bei der Installation. Wir wollen dies erst beheben, bevor die App wieder online geht.“

 

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