Direkt in die Magengrube: Tiefschläge von Monsanto und Co.

Von Silvia Ribeiro*

Mexiko-Stadt, 5. August 2017, la jornada).- Monsanto sieht sich einer Welle von Gerichtsverfahren in den USA gegenüber. Das Unternehmen wird von den Kläger*innen beschuldigt, bei ihnen Krebs durch Glyphosat verursacht zu haben – trotz des Wissens um die Schädlichkeit und potentiell krebserregende Wirkung  (s.a. poonal). Dazu kommen neue Anschuldigungen gegen den Multi und das Glyphosat: die Zerstörung von Bakterien, die sich im menschlichen Darmtrakt befinden und wesentlich für eine gute Verdauungsgesundheit, das Immunsystem und sogar die Funktionsweise des Gehirns sind. Das scheint unwichtig, denn normalerweise schenken wir der lebenswichtigen Bedeutung der Billionen Bakterien, die unsere Mikroorganismen bilden, keine Beachtung. Und doch sind sie entscheidend für die Gesundheit und das gute Funktionieren viele Organe sowie unseres Organismus in seiner Gesamtheit. Während die Wissenschaft die Bedeutung der Mikroorganismen immer stärker erkennt, hat sich Monsanto seit Jahrzehnten ihrer Zerstörung gewidmet.

Glyphosat tötet lebenswichtige Enzyme

Darum geht es im Kern in dem Rechtsprozess wegen der Verbreitung von Falschinformation über Glyphosatschädigungen, den sechs Verbraucher*innen aus Missouri im Juni 2017 gegen Monsanto angestrengt haben. Als Herbizid verhindert Glyphosat die Arbeit des Enzyms EPSP. Dieses ist unverzichtbar für die Synthese mehrerer wichtiger Aminosäuren, die ihrerseits Proteine bilden.

Einfach ausgedrückt, kann das Kraut sich ohne das Agieren des Enzyms nicht entwickeln und stirbt. Monsanto hat wiederholt versichert, dass dieses Enzym nur in Pflanzen, aber nicht in Tieren und Menschen existiere; daher sei das Glyphosat sicher für uns und unsere Haustiere. Doch das Enzym existiert in den Bakterien, die in unseren Verdauungsorganen sind. Die kontinuierliche Einnahme von Glyphosat bringt diese um. Damit wird nicht nur die nützliche Funktion verhindert, sondern gleichzeitig ein Ungleichgewicht verursacht, das es anderen schädlichen Mikroorganismen erlaubt, sich auszubreiten.

Monsanto hat das Glyphosat 1974 erfunden. Seitdem verkauft es das Herbizid, das zu seinen wichtigsten Gewinnquellen gehört. Doch was den Glyphosateinsatz wirklich exponentiell ansteigen ließ, waren die Glyphosat-toleranten gentechnisch veränderten Pflanzen wie Soja, Mais und Baumwolle. Vor den Transgenen schädigte Glyphosat auch die Pflanzung, darum wurde es in geringeren Mengen und nur bestimmten Zeitpunkten der Aussaat angewendet. Mit den gentechnisch veränderten Organismen (GVO) vervielfachte sich sein Einsatz in den USA um bis zu 2.000 Prozent. Es tötete anfangs alles in der Umgebung der Pflanzung ab, schaffte aber auch schnell Resistenzen. So entstand der Begriff der sogenannten Super-Unkräuter, denn sie sind widerstandsfähig gegen Glyphosat und andere Herbizide.

Super-Unkräuter durch Glyphosat-Einsatz

Inzwischen weisen mehr als die Hälfte der US-Pflanzungen Super-Unkräuter auf. In den US-Südstaaten wie Georgia sind auf mehr als 90 Prozent der Farmen eine oder mehrere resistente und invadierende Pflanzen zu finden. Ähnliche Situationen wiederholen sich in Argentinien und Brasilien. Die drei Länder vereinen die weltweit ausgedehntesten GVO-Pflanzungen auf sich.

In der Folge benutzten die Landwirt*innen immer höhere und immer häufigere Glyphosat-Anwendungen. Monsanto und andere Genmultis erhöhten die Konzentration und Zusatzmittel (surfactantes) in den Agrargiften, die so noch giftiger wurden. Heute erleiden wir eine stille Glyphosat-Epedemie: Sei es durch das direkte Einatmen auf den Feldern, weil wir in Nachbarschaft zu den Sprühzonen leben oder wegen der immer höheren Rückstände in Lebensmitteln, vor allem in industriell verarbeiteten Produkten, die Gensoja und Genmais enthalten.

Neue Bedrohung durch resistente Genpflanzen

Im Schatten dieser Bedrohung ist eine weitere, direkt damit verknüpfte, ausgelöst worden. Angesichts der resistenten (Un-)Kräuter setzen die Agrargift- und Genmultis verstärkt auf Genpflanzungen, die gleichzeitig tolerant gegenüber mehreren Herbiziden und somit noch gefährlicher sind. Dazu gehört die Sojabohne RR2 XTend von Monsanto. Sie toleriert Glyphosat und Dicamba, ein weiteres hochgefährliches Agrargift.

Diese Sojabohne und der zugehörige Giftcocktail fanden ab 2016 in den USA Anwendung und sind bereits Gegenstand heftiger Konflikte. Dicamba tötet bzw. schädigt die Pflanzen in seinem Anwendungsbereich noch viel mehr. Es hat durch Abfluss auch andere Felder geschädigt, einschließlich die von Landwirt*innen, die vorherige Gensoja-Versionen gepflanzt haben, die Dicamba nicht tolerieren. Das Mittel ist ein potentes Agrargift, das Gemüsesaaten, Früchte und Zierpflanzen bis hin zu Bäumen abtöten kann. Neben seiner Giftigkeit ist es zudem äußerst flüchtig. Doch laut Monsanto weist die Formel für Soja Xtend geringe Flüchtigkeit auf.

Schwere Schäden am Saatgut

Dennoch haben sich die Saatschäden wegen dieser Dicamba-Soja in Arkansas, Missouri, Tennessee und Iowa ausgebreitet. Ständig kommen neue Berichte in weiteren Bundesstaaten ans Licht. Das hat schwere Konflikte der Farmer*innen untereinander – in einem Fall mit Todesfolge – und Gerichtsverfahren ausgelöst. Auch Klagen gegen Versicherungen, die für die Schäden nicht aufkommen wollen.

Arkansas hat im Juli Dicamba verboten. Mehrere andere Bundesstaaten sind strikter mit Auflagen geworden, die laut der Farmer*innen kaum zu erfüllen sind. Sechs Industriefarmen begannen Ende Juli 2017 mit gerichtlichen Aktionen gegen Monsanto, BASF und DuPont Pioneer. Diese drei Unternehmen verkaufen die Agrargifte, die Soja Xtend benötigt.

Transgene benötigen immer mehr Gift

Brasilien und Paraguay haben die Aussaat von Dicamba-toleranter Soja bereits genehmigt. In Mexiko wurde die Aussaat von Genbaumwolle bewilligt, die gleichzeitig gegenüber Glyphosat, Dicamba, Glufosinat und Insektenvernichtungsmitteln tolerant ist. Ein klarer Beleg für die Entwicklung der Transgene: Sie benötigen immer mehr Gift.

Wegen unserer Gesundheit von uns allen und derjenigen der Umwelt, von der wir abhängen, sowie wegen der kleinbäuerlichen Wirtschaft, die uns gesunde Nahrungsmittel bietet, müssen diese Hochrisiko-Pflanzungen verboten werden; zumal sie nur den Multis nützen.

*Silvia Ribeiro arbeitet für die ETC Group.

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