Polizei eröffnet Feuer auf Demonstrierende in Cancún

(Mexiko-Stadt, 10. November 2020, la jornada/desinformémonos/poonal).- Die Polizei der südmexikanischen Stadt Cancún hat am Abend des 9. November mit Gewehrschüssen eine Demonstration aufgelöst, an der vor allem Frauen teilnahmen. Die mindestens 500 Demonstrant*innen forderten von den Behörden des Bundesstaats Quintana Roo ein Ende der Gewalt gegen Frauen und Gerechtigkeit für den Mord an der 20-Jährigen Alexis, die am Samstag, 7. November verschwand und am folgenden Tag tot aufgefunden wurde.

Die Protestaktion, organisiert vom Feministischen Netzwerk Quintana Roo, richtete sich auch gegen Staatsanwalt Óscar Montes de Oca, Gouverneur Carlos Joaquín González und Bürgermeisterin “Mara” Lezama. Die Demonstrant*innen warfen ihnen vor, sich nur um das Image von Cancún zu kümmern, nicht aber um den Schutz der Frauen. In Quintana Roo wurden in diesem Jahr 49 Frauen ermordet, drei Femizide wurden allein am Wochenende verübt.

Drei Femizide an einem Wochenende

Mit der Parole „Wir wollen sie lebend“ („Vivas las queremos“) zogen Hunderte Frauen und einige Männer durch Cancun und protestierten vor dem Verwaltungspalast der Gemeinde Benito Juárez, in der Cancún liegt. Die Polizei hatte vorsorglich die Eingänge des Gebäudes mit Holzplatten und einem Metallgitter gesichert.

Auf Videos ist zu sehen, wie einige Frauen Parolen an das Gebäude sprühen und einzelne Scheiben einschlagen. Als Demonstrant*innen dann die Holzplatten abreißen und ein Feuer entfachen, stürmen plötzlich Polizisten von der Seite heran und feuern mehrere Schüsse ab, die meisten in die Luft. Bei dem Polizeieinsatz soll es mindestens vier Verletzte gegeben haben. Die Reporterin Cecilia Solís erlitt eine Schusswunde am Bein, ein weiterer wurde ebenfalls angeschossen. Die Journalistin Selene Hidrogo, die für das Nachrichtenportal SIPSE berichtete, erhielt Knüppelschläge einer Militäreinheit mit Polizeiaufgaben (Mando Único Policial).

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Noch in der Nacht trat der Generalsekretär der Gemeindeverwaltung, Isaac Janix zurück. Er distanzierte sich von der Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte; die Stadtverwaltung habe bei dem Polizeieinsatz keinerlei Mitspracherecht gehabt, so Janix. Er beschuldigte direkt den Sicherheitsminister des Bundesstaats, Alberto Capella Ibarra, für die Eskalation verantwortlich zu sein. Capella wiederum schob am folgenden Tag die Schuld auf den Polizeichef von Cancún, Eduardo Santamaría. Die von Santamaría getroffene Entscheidung sei „eine Dummheit“ gewesen. Der Gouverneur des Bundesstaates, Carlos Joaquín, vertrat dieselbe Ansicht und entließ Santamaría fristlos.

In Chetumal und Playa del Carmen fanden ebenfalls Demonstrationen vor den Einrichtungen der Generalstaatsanwaltschaft von Quintana Roo statt. Am 10. November demonstrierte zudem eine Gruppe Journalist*innen vor dem Gemeindepalast, um gegen die Angriffe auf ihre Kolleg*innen zu protestieren. Die Reporterin Cecilia Solís ist außer Lebensgefahr, musste aber wegen ihrer Schussverletzung operiert werden. Das teilte ihr Sohn mit.

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