Trans*frau in Polizeizelle ermordet. Zehn Polizeibeamte festgenommen

(Derqui, 3. Mai 2024, ANRed).- Sofía Fernández wurde am frühen Morgen des 11. April 2023 leblos in einer Zelle des Polizeireviers in der Stadt Derqui gefunden. Von vornherein stand fest, dass Fernández nicht eines natürlichen Todes gestorben war, dann wurde bekannt, dass ihr Körper Folterspuren aufwies. Drei Wochen später wurden zehn Polizeibeamte angeklagt und verhaftet. Gegen fünf der Beamt*innen lautet die Anklage „Mord aus Hass gegen die Geschlechtsidentität, durch vorsätzliches Zusammenwirken von zwei oder mehr Personen im Amt“. Die übrigen fünf müssen sich wegen Vertuschung einer Straftat verantworten.

Niemand begeht Selbstmord in einer Zelle

Aus der Rekonstruktion der Ereignisse geht hervor, dass Fernández am 8. April in Derqui festgenommen wurde. Wie zunächst behauptet wurde, diente die Verhaftung der Überprüfung, ob ein Haftbefehl vorliegt. Später behaupteten die Beamten, man habe sie wegen Raub festgenommen.  Die 39-jährige Lehrerin habe Respekt gegenüber ihrer sexuellen Identität eingefordert und verlangt, in den Frauentrakt verlegt zu werden, was die Beamten ihr jedoch verweigerten.  Vom ersten Tag ihrer Inhaftierung forderte ihre Familie Besuchsrecht, aber auch das ließ die Polizei nicht zu. Zum Zeitpunkt ihrer Ermordung war Sofia Fernández gerade dabei, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Was die Umstände ihres Todes betrifft, so behaupteten die zehn beteiligten Polizeibeamten zunächst, es habe sich um ein „plötzliches Ableben“ gehandelt. Später zogen sie ihre Aussagen zurück und erklärten, Fernández habe „Selbstmord begangen“. So kam es zu der justiziellen Einstufung „keine natürliche Todesursache“, obwohl die Familie von vornherein darauf gedrängt hatte, ihren Tod als Verbrechen zu untersuchen. Die jüngsten Untersuchungen der Staatsanwaltschaft weisen auf das gemeinschaftliche Handeln von drei oder mehr Personen hin, die „das Opfer durch Schläge mit harten Gegenständen traktierten“, ob auch sexualisierte Gewalt verübt wurde, wird noch untersucht.

Beobachtungsstelle: „Die Realität ist viel gravierender!“

Morde an Trans*personen werden von den traditionellen Medien kaum thematisiert und bleiben als Verbrechen unsichtbar. Laut dem jüngsten Bericht der Nationalen Beobachtungsstelle für Hassverbrechen gegen LGBTs wurden im Jahr 2023 in Argentinien 133 gewalttätige Übergriffe gemeldet, bei denen es um die sexuelle Orientierung, die geschlechtliche Identität und/oder das genderbezogene Auftreten der Geschädigten ging. Der argentinische Verband der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (FALGBT), der an der Beobachtungsstelle beteiligt ist, stellte jedoch klar, dass „diese Daten […] nur einen Eindruck von einer Realität vermitteln, die zweifellos viel gravierender ist, als die Zahlen vermuten lassen“. Besonders, was die tatsächliche Zahl der Verbrechen angeht, gebe der Bericht keine zuverlässige Auskunft, da die Geschlechtsidentität von Trans-Personen ja schon zu Lebzeiten nicht unbedingt respektiert würden und auch die Mordfälle nicht immer gesondert erfasst würden, und das gelte auch für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Non-Binaries.

Trans*feindlichkeit nicht unsichtbar machen

Außerdem seien in den letzten Jahren Beobachtungsstellen und feministische Organisationen dazu übergegangen, den Mord an Trans*frauen zu den Feminiziden zu zählen. Cis-Frauen und Trans*frauen (Transvestiten, Transsexuelle und Transgender-Personen) derselben Kategorie zuzuordnen bedeute jedoch, den besonderen Stellenwert der Trans-Gemeinschaft und der Transfeindlichkeit unsichtbar zu machen. Auch dies sei letztlich eine Verfälschung der Statistik, da die brutale Realität von Trans*frauen nicht angemessen sichtbar werde. Die sexuelle Orientierung von Frauen – lesbisch und bisexuell – werde gar nicht erst erfasst, und der Tatsache, dass ihre Orientierung für eine Identität steht, die weit über sexuelle Handlungen hinausgeht, werde erst recht keine Rechnung getragen.

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