Die Horden des Hasses (unter dem Schutzschirm Gottes)

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Der Historiker Steven Forti forscht und schreibt über die extreme Rechte. Foto: Fabrizio Fenucci

(Barcelona, 16. September 2025, ctxt).- Vox und Patriots for Europa haben das Euro Viva 2025 Event in Madrid organisiert. Milei war per Videokonferenz zugeschaltet. Das Event zeichnete sich durch extreme Botschaften, Bezugnahme auf das Christentum und Verteufelung der Linken aus.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors Steven Forti übersetzen wir diesen Artikel, der im Original auf Spanisch bei contexto y acción veröffentlicht wurde.

Auf den ersten Blick brachte der von der extrem rechten spanischen Vox Partei am 13. und 14. September in Madrid organisierte Gipfel über wenig Neues; das meiste wussten wir bereits. Der Palacio Vistalegre, wo die Veranstaltung stattfand, war mehr oder weniger voll, überall wurden rot-gelbe Fahnen geschwenkt, Abascal trat mit von Stolz geschwellter Brust auf… und es wurden die klassischen Reden gehalten, an die uns die extrem Rechten aller Couleur gewöhnt haben: eine Mischung aus Beleidigungen, Selbstinszenierung als Opfer und Angriffen auf Linke, Migrant*innen, die „Klimareligion”, die „Gender-Ideologie” und den Globalismus, sowie die eigenen Forderungen rund um Themen von Nation, Identität, Souveränität, Tradition und Familie. Wie immer eben. Einige sehen die Veranstaltung sogar als Panne, weil die meisten internationalen Verbündeten von Vox nicht nach Madrid kamen, sondern lediglich Videobotschaften schickten; tatsächlich sahen die 8.500 Teilnehmenden, die nach Vistalegre gekommen waren, die meiste Zeit über aufgezeichnete Videobotschaften. Dennoch lohnt sich, innezuhalten und genauer zu analysieren, was passiert ist und was gesagt wurde. Denn ich habe den Eindruck, dass Europa Viva 2025 in gewisser Weise einen nicht zu unterschätzenden Wendepunkt markiert, oder anders ausgedrückt, eine außerordentliche Beschleunigung der Strategie der extremen Rechten. Und zwar nicht nur in Spanien.

Etwas zum Kontext

Am 14. September organisierten Vox und die Patriots for Europa (PfE), die extrem rechte europäische Formation unter dem Vorsitz von Santiago Abascal (Vox), im Palacio de Vistalegre in Madrid eine Veranstaltung mit dem Titel Europa Viva 2025. Historisch betrachtet ist die extreme Rechte in der Europäischen Union (EU) gespalten. Auf der einen Seite stehen die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) unter der Führung der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und der italienischen Fratelli d’Italia. Die 2009 von den britischen Tories gegründeten EKR nahmen in den folgenden Jahren extrem rechte, im Wesentlichen auf transatlantische Zusammenarbeit orientierte Kräfte auf. Die spanische Vox Partei schloss sich 2019 an, kurz vor den Europawahlen desselben Jahres, bei denen es ihr gelang, in das Europäische Parlament einzuziehen. Auf der anderen Seite stand Identität und Demokratie (ID), eine 2019 von Marine Le Pen und Matteo Salvini gegründete Formation, die eher russlandfreundliche Parteien vereinte.

Im Sommer 2024, kurz nach den letzten Europawahlen, gründete der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, dessen Partei Fidesz drei Jahre zuvor die Fraktion der Europäischen Volkspartei verlassen hatte, die PfE. Dabei handelte es sich um einen reinen Markenwechsel, verbunden mit einigen Neuzugängen wie Vox oder der tschechischen Partei ANO von Andrej Babis. Das Ziel der PfE – das nur teilweise erreicht wurde – war, ein Übernahmeangebot an die Konservativen und Reformer zu machen: Im Straßburger EU-Parlament konkurrieren die beiden  Fraktionen derzeit um den dritten Platz hinter der [christdemokratischen] Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten (S&D). Die Alternative für Deutschland (AfD) steht außerhalb dieser Gruppen und gründete ihre eigene Formation Europa der Souveränen Nationen (ESN), welche kleinere Gruppierungen, vor allem aus Osteuropa, aufnahm. Tatsächlich konkurrieren diese drei Gruppierungen [EKR, PfE, ESN] miteinander, sie vertreten teilweise voneinander abweichende Positionen, teilen aber die gleiche Vision für die Welt, arbeiten enger zusammen, als wir glauben, und stimmen in Brüssel oft gleich ab.

Im Februar 2025 organisierte Vox in Madrid einen Gipfel der Patrioten für Europa. Damit wollten sie Stärke zeigen und den Rückenwind durch den Amtsantritt von Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten nutzen. Im Mai 2024 hatte Vox – damals noch als Mitglied der EKR  – das Europa Viva 2024 Event organisiert, bei der sich im Vistalegre Palast führende Politiker der europäischen und US-amerikanischen extremen Rechten trafen. Die Europa Viva 2025 vom September 2025 ist somit Teil dieser Reihe internationaler Treffen, die die zunehmend wichtiger werdende Rolle von Vox in der Reaktionären Internationale verdeutlichen.

Die Wahl Madrids unterstreicht zudem die zentrale Bedeutung Spaniens für extrem Rechte aller Couleur, denn in dieser Stadt fand einige Monaten zuvor eine Veranstaltung von Kryptowährungs- Investor*innen und von paläolibertären Influencer*innen mit dem argentinischen Präsidenten Javier Milei als Stargast statt. Das erklärte Hauptziel ist es, die Regierung unter Pedro Sánchez zu stürzen und Spanien von den „Roten” zu befreien.

Schließlich darf man Abascals zweites Ziel nicht aus den Augen verlieren: Er will den politischen Kurs mit einer Massenkundgebung beginnen, unterstützt von internationalen Verbündeten, um mehr Sichtbarkeit in der Medien zu erlangen und dabei das politische Momentum zu nutzen, das vom Trump-Tsunami geprägt ist, von der Demütigung der EU auf den Golfplätzen Schottlands, von den Korruptionsskandalen, die die EVP und S&D erschüttern, und von der Unzufriedenheit der Bürger*innen über die Brände, die die iberische Halbinsel in diesem Sommer heimgesucht haben. Laut den letzten Umfragen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass vor allem die jüngsten Wähler*innen für Vox stimmen werden.

Rechtsradikale Netzwerke als Schlüsselelement

Im Vergleich zu früheren Veranstaltungen sind nur wenige führende Persönlichkeiten der extremen Rechten nach Madrid gereist. Nur der Portugiese André Ventura (Chega), der Flame Tom Van Grieken (Vlaams Belang), die Griechin Afroditi Latinopoulou (Voice of Reason) und der in hiesigen Kreisen eher unbekannte Rafael López Aliaga, Bürgermeister der peruanischen Hauptstadt Lima. Neben Abascal saß die Ungarin Kinga Gál, Vizepräsidentin von PfE und Vertraute von Orbán, die jedoch keine Rede hielt. Wir sollten nicht vergessen, dass die Verbindung zu Ungarn für Vox von entscheidender Bedeutung ist, auch wegen der millionenschweren Kredite, die eine der ungarischen Regierung nahestehende Bank Vox gewährt hat. Milei, der gerade selbst in Schwierigkeiten ist und sich online zuschaltete, las ohne große Begeisterung oder Lust einen Text vor. Der selbsternannte „Löwe” aus Buenos Aires beschloss, in Argentinien zu bleiben, um die Regierungskrise– mit seiner Schwester Karina im Zentrum des Hurricans – zu bewältigen und nach der Niederlage bei den Regionalwahlen in der Provinz Buenos Aires [im September] nun bei den Ende Oktober anstehenden Parlamentswahlen noch zu retten, was zu retten ist. Alle anderen begnügten sich damit, eine aufgezeichnete Videobotschaft zu senden: der Tscheche Babis, der Ungar Orbán, der Österreicher Herbert Kickl, der Italiener Salvini… Sie alle sind wie Ventura, Van Grieken und Latinopoulou Mitglieder der PfE. Besonders auffällig war die Abwesenheit der Französin Marine Le Pen und des Niederländers Geert Wilders. Eine Überraschung bot die Rückkehr von Giorgia Meloni, die sich nach dem Austritt von Abascal aus der EKR erneut bei einer Veranstaltung von Vox zeigte. Es ist bekannt, dass die Italienerin immer in beiden Lagern einen Fuß in der Tür haben möchte.

Von der anderen Seite des Atlantiks waren neben Milei die üblichen Verdächtigen zugeschaltet: der Chilene José Antonio Kast, der Brasilianer Eduardo Bolsonaro, der Paraguayer Santiago Peña, der Kolumbianer Álvaro Uribe und die Venezolanerin María Corina Machado. Sie alle sind Mitglieder des Foro Madrid, jenes 2020 von der Vox-Stiftung Disenso gegründeten extrem rechten Netzwerks, das jährliche Gipfeltreffen in Lateinamerika organisiert (Bogotá 2022, Lima 2023, Buenos Aires 2024, Asunción 2025). Diese von der extremen Rechten geknüpften Netzwerke sind von entscheidender Bedeutung. Orbán selbst wies in seiner Videobotschaft darauf hin, dass sein ungarischer Thinktank, das Center for Fundamental Rights, durch Mithilfe von Vox in den letzten zwei Jahren nicht nur einen Sitz in Madrid eröffnen, sondern auch in Lateinamerika Fuß fassen konnte. Achtung vor der ungarischen Soft Power!

Außerdem gab es Botschaften von zwei zentralen Persönlichkeiten der Reaktionären Internationale: dem Präsidenten der Heritage Foundation, Kevin Roberts, und dem Ehepaar Matt und Mercedes Schlapp, den Macher*innen der Conservative Political Action Conference (CPAC). Die Heritage Foundation, die Anfang der 1970er Jahre mit dem Ziel gegründet wurde, den Konservatismus ideologisch neu aufzustellen, hat das Project 2025 für die Präsidentschaft Trumps ausgearbeitet und unterhält Verbindungen in alle Länder, einschließlich Spanien. Die ebenfalls zu Nixons Zeiten gegründete CPAC ist das jährliche Gipfeltreffen der US-Republikaner: Seit einem Jahrzehnt hat sie jedoch Ableger in mehreren Ländern auf fünf Kontinenten gegründet, darunter Brasilien, Mexiko, Argentinien, Ungarn, Polen, Australien, Japan und Südkorea. Nun kommt auch Paraguay hinzu.

Was gibt es Neues?

Alles, was in Vistalegre zu hören war, scheint mehr von dem zu sein, was bereits bekannt ist: Gott, Vaterland und Familie. Aber das stimmt nicht. Es gibt drei neue Elemente. Erstens die stärkere Radikalisierung im Ton und in den Botschaften: Die Reden aller sind maximal vereinfachend. Man könnte argumentieren, dass sie das schon vorher waren. Sicher, aber inzwischen gibt es keine roten Linien mehr. Es ist der Trump-2.0-Effekt: Alles ist erlaubt. Scheinbar gehört die von Le Pen verfolgte „Entdämonisierung” und Normalisierungstrategie, bei der die extremistischsten Aspekte und Reden unsichtbar gemacht werden sollen, der Vergangenheit an. Meloni folgt dieser Strategie noch halbherzig und wagte es sogar, in diesem Forum weitere Unterstützung für die Ukraine zu fordern und auf einen zukünftigen Staat für die Palästinenser zu setzen.

Obwohl es vielleicht nicht das Beste für Menschen mit schwachen Nerven ist, empfehle ich allen dringend, sich die Aufnahmen der Europa Viva 2025 anzusehen, um eine Vorstellung von der existenziellen Bedrohung zu bekommen, der unsere Demokratien ausgesetzt sind. Es reicht nicht aus, ihre Parolen zusammenzufassen: Alle sollten es sich mit eigenen Augen ansehen.

Der US-amerikanische christliche Nationalismus gibt den Ton an

In Anlehnung an Mileis ausfallenden Stil rief Ventura zum Beispiel, dass „Sánchez ins Gefängnis gesteckt“ und „dem Sozialismus in Europa ein Ende gesetzt“ werden müsse; er lobte sogar die Hetzjagd auf Migrant*innen im spanischen Torre Pacheco, während Latinopoulou „Massenabschiebungen“ und die Aussetzung des Asylrechts forderte. Abascal seinerseits bezeichnete Sánchez als „Zuhälter” und „Psychopathen, der die Moncloa besetzt”, und bekräftigte, dass [das Seenotrettungsschiff] Open Arms „beschlagnahmt und versenkt” werden müsse. Im Hintergrund skandierte das Publikum die ganze Zeit über „Pedro Sánchez, Hurensohn” und „Europa ist christlich, nicht muslimisch”.

Dies bringt uns zum zweiten Punkt. Es ist keine neue Feststellung, dass die extreme Rechte seit langem wortgewaltig über die Verteidigung der christlichen Werte und der traditionellen Familie gegen die angeblichen Gefahren des Progressismus, des Liberalismus, der Gender-Ideologie oder der Agenda 2030 der Vereinten Nationen sprechen. In Vistalegre waren die Verweise auf das Christentum jedoch durchgehend zu hören. Das Ziel ist es, den Kampf der extremen Rechten in einen neuen Kreuzzug zur Rettung der westlichen Zivilisation zu verwandeln. Tatsächlich lautete das Motto des Gipfels „Comienza la Reconquista”, „Die Rückeroberung beginnt“, ein Konzept, das von allen verwendet und unendlich wiederholt wird, zusammen mit der Ankündigung, dass „wir nicht aufgeben werden“. Abascal hat es aktualisiert und spricht außerdem vom „Kalifat von Brüssel“. Latinopoulou sprach über den „Selbstmord des christlichen Europa“, während Milei die Heilige Schrift zitierte und López Aliaga – der die Einwohner Limas als seine „Brüder in Gott“ bezeichnete – die Linke als „das Böse“ titulierte und hinzufügte, dass „ihr traditioneller Geruch der Schwefel“ sei. [Der kastilische Dominikaner und Generalinquisitor der spanischen Krone im 15. Jahrhundert] Torquemada würde vor Freude in die Hände klatschen. Die interessantesten Beiträge kamen jedoch, was auch den großen Einfluss eines aufstrebenden christlichen Nationalismus in den USA zeigt, von dem Ehepaar Schlapp und von Kevin Roberts. Obwohl den meisten ihre Namen nichts sagen werden, handelt es sich hier nicht um irgendwelche Leute aus der letzten Reihe. Ganz im Gegenteil: Sie sind diejenigen, die den Ton angeben.

Die Moderator*innen der CPAC erzählten, dass sie in diesen Sommer Asturien besucht und in Covadonga „für die Stärke Spaniens“ gebetet hätten. Matt Schlapp sprach von einer „Schlacht gegen die Dunkelheit”, also den Sozialismus, die zusammen mit „Gott und Jesus Christus” zu führen sei. Seine Frau Mercedes lud alle dazu ein, „in die Kirchen zurückzukehren” und zu heiraten, da „die Ehe ein Segen Gottes ist”. Roberts seinerseits erklärte, das Kreuz sei das „wichtigste Symbol unserer Zivilisation“ angesichts des „Verderbnis“ – damit ist der Progressismus gemeint. Er verurteilte auch den angeblich „unverschämten Versuch, das größte Kreuz der Welt zu stürzen“, und bezog sich damit auf das Valle de los Caídos, das Tal der Gefallenen das größte bekannte Massengrab aus der Zeit der Franco Diktatur, wo sich bis 2019 auch eine Grabstätte des Diktators befand]. Roberts zitierte auch den Heiligen Petrus, Konstantin, Don Pelayo und die Katholischen Könige – und fügte Trump hinzu, um zu erklären, dass man zusammen mit Gott gegen den „Glaubensverlust” kämpfen müsse, um den Zusammenbruch der Zivilisation zu verhindern.

Die Linke vernichten

Das dritte Element ist eng mit den beiden anderen verbunden. Als Vorwand diente die Ermordung des weißen Suprematisten [Verfechter einer -insbesondere- rassistischen Vorherrschaft] Charlie Kirk, des Gründers der ultrakonservativen Organisation Turning Point USA. In Vistalegre wurde ein Video als Hommage an ihn gezeigt, an dessen Ende sich alle erhoben und „La muerte no es el final” (Der Tod ist nicht das Ende) sangen, die offizielle Hymne der spanischen Streitkräfte für die im Kampf Gefallenen. Abascal, der sich am Vortag mit dem gleichen T-Shirt präsentierte, das Kirk trug, als er ermordet wurde – mit dem Aufdruck „Freedom“ („Freiheit“)- bat um ein Gebet für ihn. Matt Schlapp bezeichnete ihn als „großen Helden“, während Milei sagte, er sei ein „vorbildlicher Kämpfer“ und ein „Märtyrer der Freiheit“ gewesen. Wieder einmal der religiöse Bodensatz.

Neu ist jedoch die Dämonisierung der Linken in bisher unbekannter und aufgeladener Weise. Für Abascal „fördert die Linke Gewalt” und ist „mörderisch”. Für Milei sind Linke „Terroristen”, während sie für die angeblich gemäßigte Meloni „Extremisten und Hasser ” sind, die „schlechte Lehrer” haben, womit sie eine klare Parallele zu den Roten Brigaden zieht. Laut Roberts „sind sie Gegner der Ordnung, Botschafter der Gewalt und Feinde des wahren Kreuzes”. Das i-Tüpfelchen lieferte das Ehepaar Schlapp: „Die Linken wollen uns alle zerstören, physisch und spirituell“, daher sei es notwendig, „unsere Macht und Autorität zu nutzen, um die Linke zu vernichten“.

Die Ultras greifen nicht mehr nur die Linken an und inszenieren sich als Opfer, was typisch ist für diese Kreise, sondern sie fordern lautstark, gegen diejenigen vorzugehen, die sie – wörtlich – als Vertreter des Bösen auf Erden betrachten. Der Mord an Kirk war für sie ein kathartisches Ereignis. Einerseits hat es dazu geführt, die Agenden und Diskurse der extremen Rechten weltweit noch weiter anzugleichen, und andererseits wird er als eine Art Reichstagsbrand 2.0 genutzt. Also als Rechtfertigung für die endgültige Wende, die Beseitigung der Linken und nebenbei die vollständige Zerstörung der liberalen Demokratien und die Einführung von Wahlautokratien. Nicht nur in Washington… wo allerdings zur gleichen Zeit der General a.D. Mike Flynn, Nationaler Sicherheitsberater in der ersten Trump-Regierung, einen langen und grotesken Tweet veröffentlichte, in dem er die „globalistischen Mörder” – in seinen Worten: Soros, Obama, Clinton, Biden, Gates, Schwab, Macron, Starmer, Merz und viele andere mehr – beschuldigt, „Gott zu hassen”. Um deren „dämonische Taten” auszurotten, solle Trump in den Krieg ziehen. Man könnte denken, dass Flynn verrückt ist, und vielleicht stimmt das auch. Aber in den Vereinigten Staaten gibt es in den letzten Tagen viele innerhalb der MAGA-Bewegung, die dasselbe sagen und fordern.

In Vistalegre wurde auch betont, dass Kirks Tod einen Wendepunkt darstellt und es kein Zurück mehr gibt. Laut Abascal „hat die Reconquista [Rückeroberung] begonnen, und sie wird nicht aufzuhalten sein”. Inmitten dieses Hexensabbats aus offenem und ungebremstem Hass haben die extrem Rechten keine Gelegenheit ausgelassen, sich des Wortes „Liebe” zu bemächtigen. Kein Witz. Es ist nicht neu, dass die extreme Rechte sich Konzepte aneignet und ihnen eine neue Bedeutung gibt. Das ist ihnen bereits mit dem Begriff der „Freiheit“ gelungen – den alle in Vistalegre für sich proklamieren – und teilweise auch mit dem Begriff „Demokratie“. Eduardo Bolsonaro behauptete beispielsweise, dass in Brasilien „die Demokratie von einem Tyrannen entführt wurde“, namentlich von Richter De Moraes, der seinen Vater wegen eines Putschversuchs verurteilt hat.

Die Liebe war in aller Munde: Liebe zum Vaterland, zum Volk, zur Familie, zu den Kindern… sogar Liebe zur Zukunft. Ihre Liebe angesichts des angeblichen Hasses der mörderischen, extremistischen und dämonischen Linken. Die Welt steht Kopf. In Vistalegre waren jedoch keine Horden der Liebe, sondern Horden des Hasses, die bereit sind, zur Aktion überzugehen. Horden, die sich unter dem Mantel des Gottes der Gegenreformation schützen. Wir sind gewarnt.

 

Der Autor Steven Forti ist Professor für Zeitgeschichte an der Universitat Autònoma de Barcelona. Mitglied des Redaktionsrats von CTXT, Autor von „Extrema derecha 2.0. Qué es y cómo combatirla” (Siglo XXI de España, 2021).

Dieses Interview, das zuerst auf Spanisch bei contexto y acción veröffentlicht wurde, haben wir mit freundlicher Genehmigung dieser Zeitung und des Autors Steven Forti übersetzt.

Übersetzung und leichte Bearbeitung: Ute Löhning

Diese Übersetzung entstand in Kooperation mit dem Projekt „Linea B – Researching authoritarian politics between Latin America and Europe“ von ReGA und CELS. Der ReGA-Newsletter ist zu abonnieren unter: http://tinyurl.com/3c6h83ny

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