(Washington, 9. August 2024, insight crime).- In El Salvador ist ein Schrein entdeckt worden, der Santa Muerte gewidmet ist – einer weiblichen Gottheit, die mit der kriminellen Szene in Verbindung gebracht wird. Das zeigt, dass die Popularität dieser Art von Religion weiterhin eine Lücke für kriminelle Gruppen außerhalb Mexikos füllt.
Am 31. Juli meldete die salvadorianische Generalstaatsanwaltschaft über das soziale Netzwerk X, dass bei der Durchsuchung einer Bar im Rahmen einer Operation gegen sexuelle Ausbeutung ein Altar gefunden wurde, der Santa Muerte („Heiliger Tod“) geweiht ist. Bei der Aktion in dem Lokal in San Miguel, östlich der Hauptstadt, nahmen die Behörden zwei Personen fest, die der sexuellen Ausbeutung beschuldigt wurden, und beschlagnahmten 10.000 Dollar in bar.
Ein weiterer Fall dieser Art ereignete sich Mitte Juli in Guatemala. Wie die Staatsanwaltschaft des Landes berichtete, wurde bei einer Hausdurchsuchung im Rahmen einer Operation gegen Erpressung in der Zone 13 von Guatemala-Stadt ein Altar entdeckt, der Santa Muerte und San Simón gewidmet war.
Schutzpatronin der Kriminellen
Die ursprünglich aus Mexiko stammende Santa Muerte ist dort eine der populärsten religiösen Figuren (und eine eigenständige Religion) bei Drogenhändler*innen und kriminellen Gruppen, sie gilt als Teil der Narco-Subkultur und wird häufig mit dieser in Verbindung gebracht. Es gibt jedoch auch Menschen ohne jegliche Verbindung zur Kriminalität, die die Heiligenfigur verehren.
Kriminelle Anhänger*innen der Religion sehen Santa Muerte als Schutzpatronin und Beschützerin, ähnlich wie die Jungfrau Maria, die sie um den Tod ihrer Feinde und um Schutz bitten.
In den letzten zwei Jahrzehnten hat Santa Muerte erheblich an Bedeutung gewonnen. Laut Andrew Chesnut, einem Experten für lateinamerikanische Geschichte und Religionswissenschaften, hat diese Religion schätzungsweise zwölf Millionen Anhänger*innen in Ländern wie Mexiko, den Vereinigten Staaten, Guatemala, El Salvador, Honduras, Kolumbien, Ecuador und Peru.
Ein Zusammenkommen verschiedener Glaubensrichtungen
Zwar ist Verehrung von Santa Muerte durch mexikanische Drogenhändler*innen kein neues Phänomen, doch die Entdeckung eines Altars in El Salvador zeigt, wie beliebt diese Religion bei kriminellen Organisationen in Lateinamerika nach wie vor ist.
In Mexiko ist die Verehrung von Santa Muerte in Gegenden wie dem Marktviertel Tepito in Mexiko-Stadt, dem Ursprung der kriminellen Organisation La Unión Tepito, sowie im nordmexikanischen Culiácan, dem Hauptquartier des Sinaloa-Kartells, weit verbreitet.
Dieses Phänomen wird unter anderem dadurch begünstigt, dass die kriminellen Gruppen in der Region bereits alternative Religionen praktizieren. Es handelt sich dabei um ein Zusammenkommen von indigenem, katholischem und volkstümlichem Heiligenglauben, der in der gesamten Gemeinschaft verbreitet ist und zu einer Art Esoterik führt, die von diesen Organisationen ausgenutzt wird.
Beispiele für diese Religiosität in kriminellen Subkulturen finden sich in der Praxis der Santería durch kriminelle Banden in der Karibik und in der Verehrung zahlreicher volkstümlicher oder offizieller Heiligenfiguren. Dazu gehören San Simón, eine Maya-Gottheit, die heute von Kriminellen wegen ihres Rufs als Trickbetrüger verehrt wird, Jesus Malverde, der Heilige der Narcos, oder San Judas Tadeo, der in den 1980er Jahren auch bei kolumbianischen Kartellen beliebt war und heute noch in Teilen Mexikos verehrt wird.
Kultureller Einfluss Mexikos
Die Popularität von Santa Muerte werde auch durch den kulturellen Austausch begünstigt, der sich aus der – manchmal überschätzten – Präsenz mexikanischer Kartelle in Lateinamerika ergebe, so Chesnut gegenüber InSight Crime.
„Die Ausbreitung von Santa Muerte in die Nachbarländer und auf fast den gesamten amerikanischen Kontinent ist auf den großen kulturellen Einfluss Mexikos zurückzuführen, und natürlich sind es die Kartelle selbst, die beim Export von Santa Muerte an vorderster Front stehen“, fügte er hinzu.
Es ist möglich, dass die Gewalt, die das organisierte Verbrechen in Teile Lateinamerikas gebracht hat, auch zur Verbreitung von Santa Muerte beigetragen hat. „Es ist nicht verwunderlich, dass der Kult um Santa Muerte in sehr schlechten Zeiten wächst und gedeiht. Viele Menschen wenden sich an Santa Muerte, um sich vor einem möglicherweise bevorstehenden Tod zu schützen oder um Feinden den Tod zu wünschen.“
Übersetzung: Deborah Schmiedel
Der Glaube an Santa Muerte breitet sich aus von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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