von Andreas Behn
(Rio de Janeiro, 15. Januar 2016, taz).- Wirtschaftskrise, Sparmaßnahmen und jetzt auch noch der Zika-Virus – keine guten Vorzeichen für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. „Wenn die Spiele heute wären, würde ich nicht teilnehmen“, sagte Hope Solo, Torhüterin des US-Frauenfußballteams, zu Beginn dieser Woche der Zeitung Sports Illustrated. Auch wenn Brasiliens Regierung beteuert, dass Zika keine Bedrohung für Olympia darstellt, löst der mysteriöse Virus bei Sportverbänden weltweit Besorgnis aus.
Solo erklärte, sie fühle sich aufgrund der Nachrichten aus Brasilien „sehr unwohl“. Keine Athletin sollte vor die Entscheidung gestellt werden, die Gesundheit eines Kindes zu gefährden. Die Verunsicherung ist groß, vor allem unter Schwangeren in Lateinamerika und Brasilien, wo sich das Zika-Virus derzeit am schnellsten ausbreitet. Es besteht der Verdacht, dass der Virus bei Ungeborenen die seltene Krankheit Mikrozephalie, also Fehlbildungen des Kopfes auslöst. Zudem wird untersucht, ob auch die Nervenkrankheit Guillain-Barré-Syndrom, die zum Tod führen kann, durch den Zika-Virus ausgelöst werden kann. Die Zahl der Mikrozephalie-Fälle ist in Brasilien in den letzten Monaten sprunghaft angestiegen, wobei der Zusammenhang mit der zumeist unscheinbaren Zika-Viruserkrankung bisher nicht nachgewiesen werden konnte.
Nach Angaben der Agentur Reuters erwägt Kenias NOK-Präsident Kipchoge Keino, keine Sportler*innen zur Olympiade zu schicken, sofern die Behörden in Rio de Janeiro die von Stechmücken übertragene Krankheit nicht unter Kontrolle bringen. Kurze Zeit später dementierte das NOK diese Äußerungen. Auch das US-Olympiakomitee ist besorgt und diskutiert mit den Verbänden, wie Sportler*innen und Funktionär*innen auf das Problem reagieren sollen. Aus Australien und Neuseeland kommen ebenfalls erste Warnungen: „Sollte ein Athlet oder ein Team erwägen, in Rio nicht teilzunehmen, werden wir dafür Verständnis haben“, erklärte ein Olympia-Sprecher aus Neuseeland.
Brasilien hält die Debatte über eine Teilnahme für unangebracht. Zwar handele es sich um ein ernstes Problem, doch der Olympiamonat August sei Winter in Rio de Janeiro. Dann werde die Aktivität der Mücken viel geringer sein. Sportminister George Hilton: „Zika ist in der ganzen Welt ein Problem des öffentlichen Gesundheitssystems, doch gerade wegen der klimatischen Umstände ist es kein olympisches Problem.“
Krise und steigender Dollar-Kurs zwingen zu Sparmaßnahmen
Neben der Panik um den Zika-Virus ist Geldmangel das größte Problem im Vorfeld des Sportspektakels. Brasilien befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise mit steil sinkendem Bruttoinlandsprodukt, Abwertung der Landeswährung Real und und knappen öffentlichen Kassen. Um nicht erneut großen Unmut in der ohnehin event-müden Bevölkerung auszulösen, verfügte Bürgermeister Eduardo Paes schon vor Wochen, dass keine zusätzlichen Gelder für die Spiele locker gemacht würden. Ebenso garantierte das Nationale Olympische Komitee, dass der geplante Haushalt von umgerechnet 1,7 Milliarden Euro nicht überschritten werde.
Die knappe Finanzlage hat Folgen. Bei fast allen Testwettkämpfen wurde jetzt das Publikum ausgeladen, weil dies die Kosten der Veranstaltungen in die Höhe getrieben hätte. Probegucken ist nur noch beim Weltcup der Wasserspringer*innen im Februar und beim Testlauf der Kunstturner*innen im April vorgesehen. Auch die Zahl der Freiwilligen wurde von 70.000 auf 50.000 gestutzt, um Mehrausgaben zu vermeiden. Da die meisten Olympia-Verträge in US-Dollar abgeschlossen wurden, und dieser gegenüber dem Real im letzten Jahr über 30 Prozent an Wert hinzugewann, muss jetzt fast alles neu kalkuliert werden. Die krisengeplagten Brasilianer*innen spekulieren derweil über Probleme ganz anderer Größenordnung: Sollte die U-Bahn, die den Olympia-Stadtteil Barra mit dem Rest der Stadt verbindet, nicht rechtzeitig fertig werden, wie einige Zeitungen immer wieder fragen, dann droht Rio trotz Zwangs-Schulferien das totale Verkehrschaos.
Zika-Virus löst Debatten über Olympia-Teilnahme aus von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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