von Laura Mc Quiddy Gómez
(San José, 21. August 2008, voces nuestras).- Respektiert man in Costa Rica die Gewaltenteilung? Experten in Rechtsfragen sagen, dass man es nicht tut. Sie sagen sogar, dass die Situation in Costa Rica lateinamerikanischen Diktaturen ähnelt, wie der Somozas z.B., wo der Senat, die Abgeordnetenkammer und der Oberste Gerichtshof sowie alle anderen Kräfte Somoza gehorchten, ohne Kontrolle und ohne Einschränkung.
In unserem Land übt die Judikative die Kontrolle über die anderen Gewalten aus, d.h. über die Exekutive und Legislative. Die Judikative soll deren Maßnahmen kontrollieren und untersuchen, ob die Dekrete und Gesetze, die verabschiedet werden, mit der Verfassung im Einklang stehen. Für den Juristen Walter Antillón hat diese Kontrollfunktion jedoch aufgehört zu existieren.
Im Einklang mit der Verfassung ernennen die Mitglieder der Abgeordnetenkammer die Richter der Judikative. Sie haben auch die Macht, diese wieder abzuberufen. Walter Antillón unterstreicht, es sei eine große Schwäche, dass die Richter der Judikative von der Legislative ernannt würden. Denn so hat seiner Meinung nach die Regierung die volle Kontrolle über alle Staatsorgane der Republik. „Es kann nicht sein, dass ein Organ ein anderes ernennt, und dieses andere es später kontrollieren soll. Es ist völlig klar, dass die Exekutive in Costa Rica die Judikative und die Legislative kontrolliert. Die Regierung unter Oscar Árias hat es geschafft, die völlige Kontrolle über die Abgeordnetenhäuser, den Obersten Gerichtshof und das Oberste Wahlgericht zu erlangen. So hat sie alles in ihren Händen.“ Es sei für das ganze Land schädlich, dass die Staatsorgane die Entscheidungen träfen, die ihnen von der Exekutive diktiert würden. Dieser Einfluss der Exekutive hätte sich gezeigt, als die Regierung Druck ausübte, damit der Freihandelsvertrag angenommen werde.
Für Antillón ist diese Entwicklung nichts Neues, seit einiger Zeit könne man beobachten, dass aus dem Parlament heraus die politischen Entscheidungsträger die Angelegenheiten der Judikative lenkten. „Vor allem in letzter Zeit kontrollieren sie die Ernennungen. So gab es eine Art von Pakt, dass die christdemokratische Partei (Partido Unidad Social Cristiana) jetzt an der Reihe sei, einen Richter zu ernennen, im nächsten Jahr dann die Sozialdemokraten (Partido Liberación Nacional).“
Vor allem der Fall des Richters Federico Sosto hat für Unstimmigkeiten und Ärger gesorgt. Sosto ist stellvertretender Richter am Verfassungsgericht und es stellte sich heraus, dass er gleichzeitig als Berater für die Regierung arbeitet. Sosto bestimmte Kriterien, nach denen ausländische Spenden, die für Beratertätigkeiten der Regierung bestimmt sind, legal genutzt werden dürfen. Deswegen habe die Exjekutive mehrheitlich für die Neubesetzung des Postens am Verfassungsgerichts durch Sosto gestimmt und der Vorgang sei von Anfang an manipuliert gewesen.
Experten glauben, dass man den Mißständen nur noch begegnen könne, indem man internationale Organisationen wie die Interamerikanische Komission für Menschenrechte oder den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte anrufe. Antillón zitierte dazu aus der französischen Verfassung, in der es heißt: „Wenn ein Land keine Gewaltenteilung hat, dann hat es keine Verfassung.“
Die Gewaltenteilung ist seit jeher die charakteristische Form der Republik. Nach Ricardo Salas, Politologe und Professor an der Universität von Costa Rica, sieht man diesen Mechanismus jedoch in vielen Ländern Lateinamerikas als obsolet an. Doch seine Mißachtung bedeute eine Verletzung der Bürgerrechte. Der Experte stellt fest, dass sich die unterschiedlichen Staatsorgane z.T. in Ministerien verwandelten, denn sie gehorchten den Interessen und der Agenda der Exekutive.
„Es ist immer nötig, die Macht zu kontrollieren und aufzuteilen, damit sie sich nicht in einigen wenigen Händen konzentriert und so den Rest der Gesellschaft denen ausliefert, die die Macht konzentriert habe. Man erkennt zwar rhetorisch die Freiheiten aller Bürger*innen an, doch die können die Freiheiten nicht ausüben“, so Salas.
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