Wasser – längst ein Luxusgut?

Jan Skrzydlo berichtet aus seinem Freiwilligendienst in La Paz, Bolivien über die Bedeutung von Wasser im Land.

Was in Deutschland immer präsenter wird, ist in Bolivien schon lange Thema: Wasserknappheit im Alltag. Warmes Wasser ist Luxus, Trinkwasser aus dem Hahn nicht vorhanden und gelegentlich gibt es gar kein fließendes Wasser. Schreckvorstellungen, die besonders in der bolivianischen HauptstadtLa Paz, längst zur Realität geworden sind.

Doch wie dramatisch ist die Situation tatsächlich und wie gehen die Bolivianer*innen mit ihr um?

Die Flüsse sind meist eher ein Rinnsal. Foto: Jan Skrzydlo

La Paz liegt 3600 Meter über dem Meeresspiegel und ist somit eine der höchstgelegenen Großstädte der Welt; und auch eine der trockensten. Die Sonneneinstrahlung ist sehr stark und während der Trockenzeit, im europäischen Sommer, regnet es gar nicht. Daher hat die Regenzeit für die Bevölkerung eine enorme Bedeutung.

Wasser ist kostbar in La Paz und die Menschen sehnen die dreimonatige Regenzeit herbei. Diese erstreckt sich normalerweise von Ende November bis in den März hinein. In dieser Zeit sollte es jeden Tag mehrere Stunden regnen. Somit könnten sich sowohl die Bergflüsse füllen als auch die nationalen Wasservorräte, die im letzten Jahr deutlich an Kapazität eingebüßt haben. Die Regenzeit ist zudem elementar wichtig für die bolivianische Landwirtschaft, vor allem in den niedriger liegenden Gebieten des Landes.

Die Bedeutung von Wasser auf dem Land

In diesem Jahr blieb die Regenzeit jedoch weitestgehend aus. Ende Dezember fing es an, ein wenig zu regnen, bei weitem nicht so viel wie erhofft. Höchstens einmal pro Woche regnete es stärker, die Flüsse blieben, bis auf einige sehr verschmutzte Rinnsale, leer. Die Bedeutung dieser Flüsse ist vor allem für die Menschen groß, die ihre Kleidung darin waschen müssen. Dabei handelt es sich vorrangig um die Personen, die in den Dörfern leben, da der Wasserzugang dort noch um einiges schlechter ist als in La Paz: Während in der Stadt durchgängig Wasser aus dem Hahn fließt, fällt Wasser auf dem Land immer wieder aus es sind nur wenige Tropfen aus dem Hahn verfügbar.

In Lateinamerika weit verbreitete elektrische Duschvorrichtung. Foto: Jan Skrzydlo

Trinkwasser gibt es in Bolivien aus großen 20L Kanistern, die in jedem Haushalt zu finden sind. Der Verbrauch dieser Kanister liegt bei einem Haushalt mit 4 Personen bei ca. 40 Litern im Monat, also 2 Kanistern. Vom Trinken des Leitungswassers wird abgeraten. In der Stadt ist das Wasser stark mit Chlor versetzt. Waschmaschinen sind sehr selten, auch in der Stadt. Eine warme Dusche ist jedoch weiterhin möglich, da jeder Haushalt spezielle Duschköpfe hat, die das Wasser lokal erhitzen können. Doch es gilt: je stärker der Wasserstrahl, desto kälter das Wasser.

Die Bedeutung von Wasser in der Stadt

Im März feiern die Menschen in der drittgrößten Stadtt Boliviens La Paz den Internationalen Tag des Meeres. Neben der großen historischen Bedeutung des Meeres für alle Bolivianer*innen, die ihren Meereszugang zum Pazifik im 19. Jahrhundert im Pazifischen Krieg an Chile verloren haben, wird an diesem Tag auch der Wichtigkeit des Wassers für das Land gedacht. Besonders betroffen sind die marginalisierten Stadtteile, während in den reicheren Gegenden von La Paz die Menschen das Thema Wasserknappheit weniger spüren.

Trinkwasser muss Mensch sich leisten können. Foto: Jan Skrzydlo

Doch die Menschen finden auch kreative Wege, um mit der Situation entsprechend umzugehen und Wasser zu sparen. Beim Abwasch wird sehr viel sparsamer mit Wasser umgegangen, als man es aus Deutschland kennt. Das wenige Wasser, das durch den Regen kommt, wird über die steilen Straßen in die Flüsse geleitet, damit diese mehr Wasser abgeben können.

Die Zukunft der kostbaren, schwindenden Ressource Wasser

Vor allem dieses Jahr 2023 wird es eine große Herausforderung, die zur Verfügung stehenden Wasserspeicher des Landes nicht vollständig zu leeren, da sie sich nach dieser wasserarmen Regenzeit nicht wieder ganz auffüllen konnten. Spannend ist, wie die stark umstrittene bolivianische Regierung mit dieser Situation umgeht. Denn der Frust wächst; vor allem in den ärmeren Teilen der Bevölkerung und in der Landwirtschaft, die durch eine zu große Wasserknappheit in den nächsten Jahren auf gravierende Versorgungsprobleme stoßen wird.

Wasser in Bolivien bleibt für große Teile der Bevölkerung ein großer Luxus und eine kostbare, schwindende Ressource.

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