Wir dokumentieren: Solidarität mit Leonardo Bertulazzi

Bertulazzi
Anders informieren ist möglich.
Foto: privat

Freund*innen und Familienmitglieder protestieren gegen die Verhaftung von Leonardo Bertulazzi, ehemaliges Mitglied der italienischen Brigate Rosse, und geben dazu folgende Erklärung ab:

(Buenos Aires, 1. September 2024, comcosur) – Leonardo Bertulazzi, Übersetzer, Grafikdesigner und politischer Geflüchteter, wurde am 29. August rechtswidrig festgenommen. Leo, der bereits seit 20 Jahren in Argentinien lebt, befand sich in seiner Wohnung in Buenos Aires, als er von Zivil- und Uniformträgern von Interpol, dem italienischen Polizei-Attachébüro und föderalen Geheimdienstkräften des argentinischen Sicherheitsministeriums festgenommen wurde. Seine Wohnung wurde  nach Ausweispapieren durchsucht, persönliche Gegenstände aller Art wurden willkürlich konfisziert. Nur wenige Minuten zuvor hatten seine Anwälte ihn telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt, dass sein Geflüchtetenstatus in einer willkürlichen Verwaltungsentscheidung aufgehoben worden war. Die Operation war also offensichtlich so geplant, Leo in einem ungeschützten Moment zu erwischen, in dem er keine Chance haben würde, von seinem Recht auf Verteidigung Gebrauch zu machen.

Leos Status als politischer Geflüchteter wurde bisher jedoch nicht mit einem rechtskräftigen Urteil widerrufen, insofern erfolgte seine Verhaftung, eine gemeinsame Operation des argentinischen und des italienischen Staates, aus reiner Willkür.

– Leo wurde nicht darüber informiert wurde, dass die italienische Justiz inzwischen von neuen Fakten ausgeht, die seine Verhaftung und Untersuchungshaft nach der Aussetzung seiner Rechte als Geflüchteter rechtfertigen würden.

– Leo befand sich in einer schutzlosen Lage, ohne angemessene Mittel und Zeit für seine Verteidigung. Die Verhaftung erfolgte nur wenige Minuten nachdem er von der Beendigung seines Status erfahren hatte. Dies widerspricht dem Grundsatz der Transparenz eines ordnungsgemäßen Verfahrens.

– Leo hat seit mehr als 20 Jahren einen argentinischen Personalausweis und einen festen Wohnsitz in Argentinien und hat trotz wiederholter Vorladungen bewiesen, dass er sich der Justiz und den Institutionen in Argentinien zur Verfügung hält.

Gegen die willkürliche Beendigung von Leos Flüchtlingsstatus wird in den nächsten Tagen Berufung eingelegt. Darüber hinaus läuft ein Strafverfahren für seine Auslieferung, das Monate oder sogar Jahre dauern könnte. Wir fordern, dass sie in Hausarrest umgewandelt wird, nicht zuletzt aufgrund seines Alters. Der italienische Staat verfolgt Leo aufgrund seiner politischen Überzeugungen. Er wurde bereits „in Abwesenheit“ verurteilt, ein Vorgehen, das von der argentinischen Justiz nicht anerkannt wird. Ist es rechtens, dass Argentinien sich an den jahrzehntelangen Schikanen beteiligt? Und was bedeutet es andererseits für die Menschenrechte, wenn Argentinien jemandem den Geflüchteten-Status entzieht? Käme ein solches Handeln nicht einem juristischen, politischen und historischen Präzedenzfall gleich, wenn Menschen, die politisch verfolgt werden, der Schutz entzogen wird?

Leo kam 2002 nach Argentinien und wurde 2004 von der Nationalen Flüchtlingskommission (CONARE) und dem Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) als Geflüchteter anerkannt. Er lebt seit Jahrzehnten bei uns wie so viele andere, aber jetzt wird er fern von seiner Familie und seinen Freund*innen von der Bundespolizei festgehalten. Leo hatte bereits seine erste gerichtliche Anhörung,  sein Auslieferungsantrag wird von der Richterin María Romilda Servini verhandelt, die seine Verhaftung unterzeichnet hat.

Wir fordern für Leo:

Volle Gültigkeit seines Flüchtlingsstatus, Hausarrest bis zu seiner Freilassung und keine Auslieferung!

Ein Ende der politischen Gewalt durch den italienischen Staat!

Solidarität mit allen, die wegen ihrer politischen Überzeugungen verfolgt werden!

Freund*innen und Verwandte von Leo

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