(Port-au-Prince, 11. Dezember 2024, alter presse).- Am 6. und 7. Dezember 2024 sind bei einem Massaker in der Gemeinde Cité Soleil im Norden der Hauptstadt Port-au-Prince über 200 Menschen getötet worden. Verantwortlich ist die bewaffnete Bande des berüchtigten Anführers Micanor Altès. Eine Vereinigung von NGOs, die sich für die Rechte von Geflüchteten in Haiti einsetzen (GARR = Groupe d’appui aux rapatriés et réfugiés), verurteilt diese „abscheulichen Verbrechen“ zutiefst und appelliert an die staatlichen Behörden, diese Ganoven endlich zu vertreiben. Die Bandenmitglieder nähmen alle Bewohner*innen ihres Einflussgebiets als Geiseln, so die GARR. In einer Pressenotiz fordert sie entschlossenes Vorgehen gegen die Mitglieder der Bande. „Es ist inakzeptabel, dass die haitianischen Behörden den durch die Banden begangenen Grausamkeiten weiterhin nur passiv zuschauen“. Das Massaker war kurz vor dem Internationalen Tag für Menschenrechte verübt worden, der am 10. Dezember begangen wird. „Die Bevölkerung in Haiti leidet stark unter der Untätigkeit der Behörden. Der Staat hat es nicht geschafft, die Grundrechte der Bevölkerung zu gewährleisten. Durch die nicht enden wollenden politischen und wirtschaftlichen Krisen, die das Land seit mehreren Jahrzehnten heimsuchen, sind die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort bereits prekär. Die Gewalttaten der Banden versetzen ihnen jetzt den Todesstoß. Die Menschen können nicht mehr.“
NGO-Verband appelliert an staatliche Behörden
Nach vorliegenden Informationen hatte der Bandenchef Micanor Altès die zahlreichen bei dem Massaker getöteten Personen für die Krankheit seines Kindes verantwortlich gemacht und der Hexerei beschuldigt. Die haitianische Menschenrechtsgruppe CPD (Combit pour la paix et le développement) hat am Tag nach dem Massaker betont, dass die Bande um Micanor Altès bereits im Juni 2012 zwölf ältere Frauen und Vodoo-Praktikerinnen zu Unrecht der Hexerei beschuldigt und getötet hat. Grundrechte wie das Recht auf Leben, Gesundheit und Sicherheit und viele andere würden tagtäglich in Haiti missachtet, so die Vereinigung GARR. Der NGO-Verband appelliert an die staatlichen Behörden, endlich angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen. Der Zugang zu den Nationalstraßen müsse „freigegeben werden, damit die Bevölkerung friedlich und frei ihren Beschäftigungen nachgehen kann.“
Darüber hinaus plädiert GARR für einen Rechtsstaat im Dienste der Bevölkerung. Der Staat müsse die Straffreiheit auflösen und angemessene Strafen gegen die Schuldigen verhängen und die Grundrechte der Bevölkerung sicherstellen. Außerdem ist die Lage der Binnenvertriebenen in Folge der Massaker problematisch, berichtet GARR. Die Menschen hätten in den Lagern nicht einmal Zugang zur Grundversorgung. „Frauen und Mädchen waren bereits in ihren Wohngebieten mit Gewalt konfrontiert. In den Lagern, in denen sie jetzt gezwungenermaßen untergebracht sind, sind sie noch vielen weiteren Übergriffen ausgesetzt.“
Tausende Vertriebene in nur zwei Tagen
Die Internationale Organisation für Migration OIM (organisation internationale pour les migrations) hat gezählt: Mehr als 4.700 Personen sind bisher als Folge der Angriffe durch die bewaffneten Banden vom 7. und 8. Dezember vertrieben worden. Die Angriffe fanden in Port-au-Prince statt, genauer gesagt in drei Vierteln im Norden der Stadt: Poste Marchand, Fort National und Christ Roi. All diese Personen sind an sieben verschiedenen Orten untergekommen. Vier davon gab es bereits vor den Angriffen und drei sind im Zuge der Attacken neu eingerichtet worden, so die OIM. Gleichzeitig wurden ein Gesundheitsnotfallzentrum und ein Collège, die zuvor beide als Unterkünfte dienten, nach den gewalttätigen Übergriffen geräumt.
Mehr als 700.000 Menschen wurden von Januar 2023 bis Dezember 2024 in ganz Haiti als Folge von Gewalt durch bewaffnete Gruppen vertrieben.
NGOs fordern entschlossenes Vorgehen der Regierung gegen Banden von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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