Gefängnisse: Gewalt wird zum Alltag

Ecuador galt lange Zeit als eines der sichersten Länder in Lateinamerika. Doch seit der Pandemie ist die Gewalt im Land extrem gestiegen. Von 2021 bis 2022 stieg die Mordrate um 82 Prozent. Ein Teil dieser Gewalt sind brutale Massaker in den Gefängnissen. In dieser Folge berichten wir über die sogenannte Gefängniskrise, ihre Ursachen und Folgen. Zu Wort kommen die Journalistin Karol Noroña, die sich seit vielen Jahren mit organisierter Kriminalität in Ecuador beschäftigt, und Jorge Nuñez, Anthropologe und Gründer des Interdisziplinären Instituts für Ethnografie Kaleidos.
Diese Podcast-Folge wurde im Juni 2023 veröffentlicht. 2024 ist die Lage in Ecuador angespannter denn je. Doch die Ursachen für die Ausbreitung von organisierter Kriminalität und Gewalt werden kaum thematisiert. Diese Entwicklungen müssen im Zusammenhang mit der voranschreitenden Neoliberalisierung, dem Abbau des Sozialstaates und der damit einhergehenden Verarmung und Perspektivlosigkeit der Bevölkerung des Landes seit 2017 analysiert werden.

Hintergrund:
Diese Podcast-Folge wurde im Juni 2023 veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt war der neoliberale Präsident Guillermo Lasso noch im Amt. Im Mai 2023 löste Präsident Lasso inmitten eines Amtsenthebungsverfahrens wegen Veruntreuung und Unterschlagung das Parlament auf und rief Neuwahlen aus. Es folgte ein turbulenter Wahlkampf, in dessen Verlauf unter anderem der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio von Banden erschossen wurde. Aus den Neuwahlen im August ging der liberale Unternehmersohn Daniel Noboa als Sieger hervor und ist seit November 2023 im Amt. Seine Wahlversprechen: ein hartes Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität und der Bau von zwei neuen Hochsicherheitsgefängnissen, zur Masseninhaftierung von Bandenmitgliedern.

Anfang Januar 2024 eskalierte die Gewalt der Drogenbanden in den Gefängnissen und auch auf den Straßen Ecuadors. Präsident Daniel Noboa rief daraufhin den Ausnahmezustand aus und erklärte, das Land befinde sich in einem „internen bewaffneten Konflikt“. Die Folgen sind Militarisierung und eine nächtliche Ausgangssperre, und Polizei und Armee gehen verstärkt gegen die Banden vor. Kritiker*innen befürchten eine autoritäre Entwicklung des Landes und die Einschränkung demokratischer Grundrechte, nach dem Vorbild des „Modell-Bukele“ in El Salvador.

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