Phil Ochs eröffnet den Reigen internationaler Musiker*innen bei Allendes Internationale aus gutem Grund: Er ist einer der ersten US-amerikanischen Künstler, der Interesse zeigt, die Regierung der Unidad Popular aus nächster Nähe kennenzulernen. Seine Tour durch die Andenländer gerät zu einem echten Abenteuer. In Chile trifft er Victor Jara, mit dem er sich anfreundet. Jara umarmt ihn solidarisch, als viele dem unbekannten Gringo, der durch den Süden des Kontinents reiste, noch misstrauisch gegenüberstehen. Gemeinsam spielen sie Konzerte für Arbeiter*innen, bis Phil Ochs beschließt, weiterzuziehen. In Argentinien wird er festgenommen und nach Bolivien abgeschoben, „wo mensch nicht mehr lebendig herauskommen“ würde, wie es damals heißt. Irgendwie schafft er es nach Peru, wo er einige Zeit umherzieht. Dann kehrt der unbequeme Sänger zurück in die USA. Kurz nach seiner Ankunft erfährt er von der Ermordung seiner Freundes Jara. 1974 organisierte Ochs ein Konzert gegen den Militärputsch und in Solidarität mit seinen chilenischen Freunden, die getötet, inhaftiert oder verschwunden waren. Er selbst ist psychisch angeschlagen, seine Kreativität blockiert. Keine neuen Kompositionen wollen mehr gelingen. Er fühlt sich erdrückt von der politischen Rechten, dem FBI und einer Gegenwart voller Krieg und Gewalt. 1976 verabschiedet Ochs sich eigenhändig aus dieser Welt.
Love Me, I’m a Liberal, ist ein Lied, das auf seiner Tour um die Welt viel Anklang findet. Im Laufe der Jahre entstehen mehrere Versionen. Mit jeder neuen Fassung werden Eigennamen, Situationen und Ereignisse aktualisiert. So lenkt Ochs den Blick auf die jeweils neuesten imperialen Invasionen und stellt den Zynismus der politischen Klasse zur Schau – aber auch die Heuchelei bestimmter Bevölkerungsschichten, die es eigentlich besser wissen müssten. Nacho Vegas schreibt sogar eine spanische Version des Liedes, die auf die politische Lage im franquistischen Spanien Bezug nimmt – damals ein Land in dem viele Menschen obdachlos und arbeitslos sind oder wirtschaftlich ausgebeutet werden.
Jedes Mal, wenn Ochs Love Me, I’m a Liberal live spielte, leitete er es mit den selben Worten ein, die Ausdruck seiner satirischen Kraft als Liedermacher sind und den scharfen Blick erkennen lassen, mit dem er seine Landsleute und seine Zeitgenoss*innen beurteilte:
“In jeder Gemeinde der USA gibt es alle Arten von Meinungen, wobei die heimtückischste die der Liberalen ist. Eine Gruppe, die ihre Meinung zu verschiedenen Themen äußert, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, in guten Zeiten stehen sie zehn Grad links von der Mitte und zehn Grad rechts, wenn sie irgendwie persönlich betroffen sind. Eine gute Lektion in Sachen Vorsicht…“