(Río de Janeiro, 1950 – )
Entmutigt vom Schicksal seiner Freunde, die sich im bewaffneten Kampf gegen die brasilianische Diktatur (1964-1985) aufrieben, reist der junge Filmemacher Silvio Tendler 1970 nach Chile. Er hat gehört, dort sei der erste marxistische Präsident der Welt gewählt worden. Tendler kommt im November an und widmet sich in den folgenden zwei Jahren ganz dem Kino und der Fotografie: Er arbeitet in der staatlichen Produktionsfirma Chile Films, wo er den revolutionären Alltag aufzeichnet und er macht Bilder für den staatlichen Verlag Quimantú. 1973 veröffentlichte er La cultura Popular Va!, einen Film über die Kulturpolitik der Unidad Popular.
Nach dem Militärputsch von 1973 dreht er zusammen mit Chris Marker, Armand Mattelart, u.a. den Film La Spirale über die Regierungszeit Salvador Allendes. Tendler ist vor allem als Filmemacher der „unterbrochenen Träume“ bekannt. Er führte Regie und produzierte mehr als 70 Dokumentationen sowie zwölf Serien. Er ist Autor wichtiger Film-Dokumentationen der brasilianischen Geschichte und sein 2005 uraufgeführter Film Utopia e Barbárie ist ein Schlüsselstück der filmischen Erinnerung des 20. Jahrhunderts, für das in einem Zeitraum von 19 Jahren in 15 Ländern gedreht wurde. Für seine Werke wurde Tendler mit mehr als sechzig Preisen ausgezeichnet, darunter der „Premio Salvador Allende“ des lateinamerikanischen Kinofestivals im italienischen Triest.