Interview über Vidal Vega und das Massaker von Curuguaty

von Gerardo Iglesias

(Fortaleza, 10. Dezember 2012, adital).- Am 1. Dezember warteten zwei Killer auf Vidal Vega vor seinem Haus. Sie erschossen ihn direkt dort vor seiner Tür. Vega war das 18. Opfer des Massakers von Curuguaty, bei dem am 15. Juni 2012 elf Bauern und sechs Polizisten starben. Sirel sprach mit Paí Oliva* über diese Ereignisse und über die gegenwärtige Lage in Paraguay.

Warum wurde Vidal Vega umgebracht und wer hat das getan?

Er war ein Bauer, der vergangenen Juni in Curuguaty dabei war. Er hat als Zeuge bei verschiedenen internationalen Organisationen ausgesagt, die gekommen sind, um das Massaker zu untersuchen. Er hat Dinge aufgedeckt die andere nicht wussten.

Sein Beitrag war natürlich für einen künftigen Prozess unverzichtbar, mit dem die Freiheit für diejenigen gefordert werden sollte, die gerade für diese Taten in Haft sitzen. Dieser von Killern begangene Mord hatte das Ziel, „ein Archiv zu zerstören“. Das richtet sich direkt gegen die zwölf angeklagten Bauern, von denen acht in Haft sind und vier unter Hausarrest stehen.

Was hat Vidal Vega denn aufgedeckt?

Das wissen die Ermittler*innen, die mit ihm zusammengearbeitet haben. Ich kann nur sagen, dass es immer mehr Beweise dafür gibt, dass das, was in Curuguaty passiert ist, eine Verschwörung war, es war geplant. Die Polizisten und die Bauern haben sich nicht untereinander getötet, sondern es ist eine Gruppe mit automatischen Waffen gekommen; Waffen, die weder die Bauern noch die Polizisten besaßen. Es gibt Tonaufnahmen, auf denen man ganz klar den Klang dieser Waffen hören kann.

Das heißt, das Massaker war einfach Teil der Verschwörung, um Lugo abzusetzen…

So ist es und wir haben uns gefragt, warum sie diese Aktion nicht schon vorher durchgeführt haben, bei einer Landbesetzung namens Ñacunday. Wir haben daraus gefolgert, dass diese Besetzer*innen mehrfach mit dem damaligen Präsidenten Lugo gesprochen hatten, während die Besetzer*innen von Curuguaty gar keinen Kontakt mit ihm hatten.

Deswegen wird für uns immer deutlicher, dass die 155 Bäuerinnen und Bauern, die Curuguaty besetzt hatten, von den Verschwörern dorthin gebracht worden sind mit dem Versprechen, dass sie ihnen das Land geben würden. Sie wurden als Köder benutzt, um die Polizeipräsenz zu rechtfertigen. Die Polizei bestätigt selbst, das sie mit einem Durchsuchungsbefehl gekommen ist und nicht mit einem Räumungsbefehl; dafür hätten sie schwere Waffen gebraucht.

Dieses von langer Hand vorbereitete Massaker hat 17 Menschen das Leben gekostet, elf Bauern und sechs Polizisten. Und jetzt das von Vidal Vega…

Was passiert mit der polizeilichen Untersuchung?

Praktisch nichts. Es sieht nicht so aus, als würde ernsthaft untersucht werden.

Wie hängt das alles mit der politischen Situation zusammen?

Die ganze Energie und die ganzen Mittel, die nicht verwendet werden, um die Wahrheit über Curuguaty herauszufinden, tauchen in den internen Wahlkämpfen der traditionellen Parteien auf – die Colorado-Partei hatte ihren Parteitag am 9., die Liberalen am 16. Dezember. Millionen werden für Wahlwerbung ausgegeben, während sich die Öffentlichkeit fragt, wie es geschehen kann, dass man in Paraguay falsche Fakten schafft, Unschuldige ermordet, schamlos lügt, Zeugen umbringt und sogar einen demokratisch gewählten Präsidenten aus dem Amt schafft…

Was ist mit der Linken los?

Die Linke hat sich leider gespalten; und das nur, weil sich vier Leute nicht einigen konnten, wer nach Lugo an erster Stelle auf der Kandidatenliste für den Senat stehen sollte. Allgemein ist es so, dass das der erste Name auf der Liste ist. Vier Monate lange Verhandlungen haben nichts gebracht und am Ende haben sich zwei von ihnen von der Frente Guazú abgespalten und eine andere politische Gruppierung gegründet.

Viele der Leute, die einen Wechsel wollen sind jetzt schlecht informiert und verwirrt, weil alle Verhandlungen hinter geschlossenen Türen und innerhalb der Führungsspitzen stattfanden. Die Zeitungen schreiben nie über die Anhänger*innen von Lugo, deswegen sind die Leute total desorientiert.

Das heißt, dass die Linke bei den nächsten Wahlen gespalten sein wird?

Ja und das verringert natürlich stark die Chancen zu gewinnen. Das ja-nein-Spiel der paraguayischen Linken hat immer zu deren Spaltung geführt. Und dieses Mal ist da keine Ausnahme, es ist im Moment auch schwierig. Es gibt eine Sperre in der Medienberichterstattung über diese Dinge, sowohl über Curuguaty und den jüngsten Mord, als auch über den Wahlkampf der Linken.

Andererseits ist die Wahlkampagne des Kandidaten der Colorado-Partei, Horacio Cartes, in vollem Gange, er erhält sehr viel Platz, dank seiner Millionen, die er „auf seine Art“ erhalten hat. Die einzigen Medien, über die sich die Leute informieren können, sind Radio Fe y Alegría und das Gemeinderadio.

Gab es Drohungen?

Bis jetzt noch nicht, aber da wir weiterhin Druck machen, wäre es kein Wunder, wenn wir bald Drohungen bekommen würden; vor allem Radio Fe y Alegría, weil es die größte Reichweite hat. Es ist sehr wichtig, international zu verbreiten, was hier passiert, weil wir absolut alleine und von innen einesperrt sind.

*Pai Oliva heißt eigentlich Francisco de Paula Oliva. Der streitbare Jesuitenpriester begann schon in den 1960er Jahren, die Bürgerbewegung unter Stroessner zu unterstützen. Später gab er Fortbildungskurse für soziale Medienberichterstattung.

 

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