Haftbefehle gegen mutmaßliche Mörder von Bety Cariño und Jyri Jaakkola

von Wolf-Dieter Vogel, Oaxaca-Stadt

(Berlin, 07. Oktober 2012, npl).- Zweieinhalb Jahre, nach dem die Aktivist*innen Bety Cariño und Jyri Jaakkola in Mexiko ermordet wurden, gibt es in der Verfolgung des Falles erste greifbare Fortschritte. Die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates Oaxaca informierte letzte Woche darüber, dass sie gegen zwölf mutmaßliche Täter Haftbefehl erlassen habe. Bislang wurde jedoch noch keiner der Verdächtigen festgenommen.

Der Finne Jaakkola und die Mexikanerin Cariño hatten sich am 27. April 2010 an einer humanitären Karawane in die Gemeinde San Juan Copala beteiligt, um Bewohner*innen zu unterstützen, die dort von der paramilitärisch organisierten Gruppe Ubisort terrorisiert wurden. Bevor die Karawane das Dorf erreichte, geriet sie einen Hinterhalt der Ubisort. Jaakkola und Cariño wurden erschossen, mehrere weitere Menschen verletzt. Die Überlebenden flüchteten, einige von ihnen mussten sich tagelang in den Wäldern und Felder verstecken.

Politisches Kalkül hinter Triqui-Konflikt

„Nun müssen die mutmaßlichen Täter dingfest gemacht werden“, fordert der Anwalt David Peña, der die Angehörigen der beiden Ermordeten verteidigt. „Das würde ein Zeichen gegen die Straflosigkeit setzen.“ Der Jurist verwies auf die zahlreichen Opfer, die der Konflikt in der von den indigenen Triqui bewohnten Gegend schon gekostet hat. „Das wäre ein Hoffnungsschimmer für die Vertriebenen und die Familien der 53 Menschen, die bereits ermordet wurden.“

Seit sich die Gemeinde San Juan Copala 2007 für autonom erklärt hat, ist die Gewalt in der Gemeinde eskaliert. Die von der einstigen Staatspartei PRI unterstützte Ubisort griff Bewohner*innen an, die sich für die Autonomie und gegen den damaligen Gouverneur Ulises Ruiz Ortiz (PRI) eingesetzt hatten. Etwa 300 Menschen mussten fliehen und können bis heute nicht in ihre Heimat zurückkehren. Viele linke und indigene Organisationen gehen davon aus, dass hinter Angriffen wie dem auf die Karawane Ruiz Ortiz steckt. „Diese Leute wurden jahrelang von den Regierungen von Oaxaca, speziell von Ulises Ruiz und seinen Funktionären, unterstützt“, stellt auch Anwalt Peña klar.

Druck aus dem Ausland

Obwohl die PRI nach über 80 Jahren Regierungszeit 2010 von einem oppositionellen Bündnis abgelöst wurde, sind die Strukturen der Partei weiterhin bis in den Apparat hinein sehr präsent. Nicht zuletzt deshalb geht die Strafverfolgung schleppend voran. „Wir Familienangehörige mussten selber ermitteln und haben viele Informationen gesammelt“, kritisiert Omar Esparza, der Ehemann von Bety Cariño. Weder die Regierung von Oaxaca noch die föderale in Mexiko-Stadt hätten sich um den Fall gekümmert.

Dass just jetzt die Haftbefehle ausgestellt wurden, dürfte kein Zufall sein. In der letzten Woche reisten die Europaabgeordneten Ska Keller und Satu Hassi mit einer Delegation nach Mexiko. Die deutsche und die finnische Grünen-Abgeordnete verfolgen den Fall schon seit langem, in Finnland sorgte die Ermordung Jaakkolas für Schlagzeilen. Auch wenige Tage, bevor letztes Jahr Vertreter*innen des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments nach Oaxaca fuhren, vermeldete die Staatsanwaltschaft Erfolge: Damals wurde ein führendes Ubisort-Mitglied verhaftet. Ihm werden jedoch nicht die Morde an Jaakkola und Cariño vorgeworfen. In der Zwischenzeit passierte jedoch nicht viel. „Die mexikanischen Behörden reagieren offensichtlich erst auf Druck von Außen“, erklärte Ska Keller.

Anwalt will in Finnland gegen Ulises Ruiz klagen

Dennoch setzen die beiden Abgeordneten gewisse Hoffnungen in die neue Landesregierung von Oaxaca. Der Gouverneuer Gabino Cue versprach, sich für die Aufklärung der Morde einzusetzen, die Menschenrechts-Ombudsfrau des Bundesstaates Eréndira Cruzvillegas verwies auf die komplizierten Verhältnisse in der Triqui-Region, die das Vorgehen gegen die Ubisort-Mörder schwierig mache.

Wenn die Behörden den ersten Verdächtigen festnehmen, haben sie ein halbes Jahr Zeit, um ihre Ermittlungen abzuschließen. Danach muss der Prozess beginnen. Verteidiger Peña denkt indes bereits über weitergehende Schritte nach. Da in Mexiko nicht die juristische Möglichkeit besteht, gegen die geistigen Täter von Verbrechen vorzugehen, will der Anwalt in Finnland Anzeige gegen Ulises Ruiz stellen.

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