Nach Untergang des Batista-Imperiums droht Vertrauenskrise

von Andreas Behn

(Berlin, 05. November 2013, npl/taz).- Eine riesige Unternehmenspleite macht der Olympiastadt Rio de Janeiro Sorgen. Zahlreiche Bauprojekte stehen vor dem Aus, weiteren Investor*innen droht, in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Der Zusammenbruch des Imperiums des einst reichsten Mannes Brasiliens erschüttert auch das Vertrauen in die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas, die nach einem jahrelangen Boom schwächelt.

Der Ölkonzern OGX musste vergangene Woche Gläubigerschutz beantragen, um dem Konkurs zu entgehen. Er ist das Flaggschiff der Unternehmenskette EBX, die dem Magnaten Eike Batista gehört. Seine Werft OSX wird vermutlich diese Woche ebenfalls ein Insolvenzverfahren beantragen. Grund der Zahlungsschwierigkeiten sind Missmanagement, hohe Schulden und vor allem ausgebliebene Ölfunde. Batista hat auf große Ölvorkommen vor der brasilianischen Küste gesetzt und mit Spekulationskapital seine ganze Firmengruppe aufgebläht.

Das Vermögen des deutschstämmigen Batista wurde vergangenes Jahr noch auf über 30 Milliarden US-Dollar geschätzt. Von allen Seiten wurde der erfolgreiche Unternehmer hofiert, Investor*innen und Ministerien überschütteten ihn mit Krediten. Mit seinen zahlreichen Bergbau- und Energieunternehmen war er ein Symbol des aufstrebenden Brasilien, für Wachstum, schnelles Geld und den Anschluss der siebtgrößten Wirtschaft an die Industriestaaten.

Hoffnungsträger und Feindbild

Für andere war der 57-jährige vor allem ein Feindbild. Soziale Bewegungen kritisieren Batista als skrupellosen Unternehmer, der die Bodenschätze des Landes ohne Rücksicht auf Umwelt und die ansässige Bevölkerung ausbeutet. In seiner Heimatstadt Rio de Janeiro galt er der WM- und Olympia-kritischen Bewegung als rechte Hand von FIFA und IOC bei der Privatisierung der Stadt. Seine Firmen sind an der umstrittenen Privatisierung des Maracanã-Stadiums und an diversen Bauprojekten beteiligt, die das Stadtbild aufpolieren sollen.

Jetzt ist das Batista-Imperium der EBX-Holding wie ein Kartenhaus zusammengefallen. Kleine wie große Aktionär*innen, aber auch die Regierung sowie die staatliche Entwicklungsbank BNDES fürchten um das Geld, mit dem sie das Luftschloss des Milliardärs finanzierten. Die enge Verbindung zwischen Batista und der Stadt- bzw. Bundesstaatsregierung hat nun unangenehme Konsequenzen für diverse Bauprojekte: Krankenhäuser, Wohnungsbauten, diverse Luxushotels und die Säuberung einer total verdreckten Innenstadt-Lagune – überall steckte Batista-Geld mit drin. Sogar die Befriedungspolizei UPP für die Favelas wurde von Batista subventioniert. Der Rohbau einer neuen Polizeistation rottet mittlerweile vor sich hin, seit vor gut einem Jahr das Geld in Batistas Kassen knapp wurde.

Wirtschaftliche Stabilität Brasiliens angeschlagen

Der wohl größte Insolvenzfall Lateinamerikas wirft auch Schatten auf die wirtschaftliche Stabilität Brasiliens. Nicht auszuschließen, dass die seit über einem Jahr abflauende Konjunktur zu der Unternehmenspleite beigetragen hat. Obwohl Finanzminister Guido Mantega stets beteuert, die Wirtschaft der Regionalmacht sei rundum gesund, mehren sich die Krisen-Anzeichen. Die Inflation liegt hartnäckig bei sechs Prozent, die Landeswährung Real verliert an Wert und die Wachstumsprognosen wurden wiederholt nach unter korrigiert. Zudem steigt das öffentliche Defizit seit 2012 kontinuierlich an und wies im September das größte Minus seit zwölf Jahren aus.

Die Folgen der Batistapleite sind noch nicht abzusehen. Zuerst muss ein Gericht dem Gläubigerschutz zustimmen, dann muss ein Restrukturierungsplan für die über fünf Milliarden US-Dollar Schulden erarbeitet und abgestimmt werden. OGX war 2010 an der Börse gut 25 Milliarden Euro wert, heute nur noch ein Bruchteil davon. Auch Batista selbst soll nicht mehr Milliardär, sondern nur noch Millionär sein.

Eike Batista, Sohn eines ehemaligen Energieministers und einer deutschen Mutter, ist kein traditioneller Unternehmer. Ohne Erfahrung im Wirtschaften, spekulierte er auf den neuentdeckten Ölreichtum vor Brasiliens Küste und führte ein extravagantes Leben im Luxus. Das „X“ im Namen all seiner Unternehmen steht für die Multiplizierung seines Profits. Nun muss stets ein Minuszeichen mitgerechnet werden, und Rio sowie Brasilien werden viel Energie aufbringen müssen, um nicht in den Strudel einer Vertrauenskrise zu geraten.

 

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