Strafe für Trockenlegung eines Dorfes: 1.300 Dollar

(Asunción, 7. Februar 2023, El Surti) Im Dezember 2021 wurde der Ort Aguapety im Süden Paraguays zu einer landesweiten Schlagzeile. Mitten in der schlimmsten Dürre des Landes seit 80 Jahren gingen Menschen auf die Straße, um gegen die Wasserknappheit zu protestieren. Sie vermuteten, dass Reisbauern und -bäuerinnen Wasser des Flusses Tebicuary auf ihre Felder umleiteten – obwohl das Ministerium für Umwelt und Nachhaltige Entwicklung (Ministerio del Ambiente y Desarrollo Sostenible, MADES) dies ausdrücklich untersagt hatte.
Knapp ein Jahr später gab das Ministerium den Dorfbewohner*innen Recht. Der Beschluss 775/2022, in den El Surti Einsicht hatte, bestätigte im August 2022, dass der Reisbauer Javier Challiol illegal Wasser aus dem Tebicuary auf seine Felder gepumpt hatte. Außerdem unterschritt sein Wasserspeicher die für seine Anbaufläche erforderliche Mindestgröße. Diese ist vorgegeben, um das Abpumpen von Flusswasser zu verhindern. Challiols Speicher fasste nur etwas mehr als die Hälfte dessen, was für seine 917 Hektar Reisfelder vorgeschrieben ist.

Das Ermittlungsverfahren bezeichnet Challiols Handlung als leichtes Vergehen, obwohl er nicht nur die Auflagen zur Wasserspeicherung missachtet hatte, sondern auch gegen das Verbot des Ministeriums verstieß. Aufgrund des Klimawandels sinkt der Wasserstand des Flusses ohnehin. Dies wiederum führt zu “Konflikten unter den Menschen, die auf ihn angewiesen sind”, heißt es in einer offiziellen Erklärung des Staates Paraguay.
Weil Challiol die Wasserversorgung eines ganzen Dorfes abgeschnitten hatte – noch dazu in einer Gegend mit knappen Wasservorräten und inmitten einer historischen Dürre im Sommer – wurde der Reisbauer zu einer Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen des Mindestlohns verurteilt. Dies entspricht etwa 10 Millionen Guaranís oder 1.324 US-Dollar. Challiol darf aber weiterhin Reis anbauen und wird seinen Speicher an die Anbaufläche anpassen müssen.
Der ein Jahr nach dem Vorfall gefasste Beschluss ist das, was Gerechtigkeit am nächsten kommt. Die darin aufgeführten Beweise dürften andere Ermittlungen zu den Umweltdelikten Challiols voranbringen. Bislang ist das Verfahren von der örtlichen Verwaltung absichtlich in die Länge gezogen worden. Enrico Ávalos, der für den Fall zuständige Staatsanwalt, hatte gesagt, dass bei einer Durchsuchung von Challiols Anwesen am 31. Dezember 2021 “keine Motorpumpe, die Wasser fördert” gefunden worden war. Ávalos hatte das Eigentum des Reisbauern sogar unter Polizeischutz gestellt, nachdem dieser die Dorfbewohner*innen beschuldigt hatte eine seiner Pumpen, mit denen er Wasser aus dem Fluss ableitete, in Brand gesetzt zu haben.

Der ungelöste Mord an einem Dorfbewohner

Demgegenüber ist der Mord an Francisco Villalba noch immer ungeklärt. Die Leiche des Aktivisten wurde am Ufer des Flusses gefunden, den er zu schützen versuchte und in dem das ganze Dorf schwimmen gelernt hatte. Einer der Verdächtigen ist weiterhin auf der Flucht und “es ist noch nichts erreicht”, erzählt Jorgelina Cubas, die Cousine des Verstorbenen. Die verantwortliche Staatsanwältin des Falls, Gladys Torales, schloss in einem Interview mit El Surti im April 2022 eine Verbindung der beiden Fälle aus. Rosana Bogado, Stadträtin im nahe gelegenen Coronel Oviedo, berichtete von Drohungen der Reisbauernfamilie Méndez, nachdem sie an den Protesten in Aguapety teilgenommen hatte. Sie erhielt Nachrichten, mit Warnungen, dass sie auf sich aufpassen solle. “Sie machten Anspielungen auf meine Tochter, und dass sie nachts allein auf die Straße geht. Daher habe ich aufgehört, zu den Protesten zu gehen”. Die Stadträtin sagt auch, die Reisproduzent*innen hätten in einer privaten Unterhaltung mit ihr zugegeben, trotz des Verbots Wasser aus dem Fluss abgepumpt zu haben.
Auch heute, im Februar 2023, ist der Zustand des Tebicuary “kritisch”, weshalb es Reisbauern und -bäuerinnen weiter verboten ist, Wasser umzuleiten.

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