Staudammprojekt droht indigene Gemeinden zu überfluten

(Fortaleza, 18. November 2013, adital).- Zwei indigene Völker in Guyana werden durch den geplanten Bau eines Wasserkraftwerkes bedroht. Survival International hat einen Bericht der Anthropologin Audrey Butt Colson veröffentlicht. Unter dem Titel „Ausgebaggert, ausgetrocknet oder geflutet?“ („Dug out, dried out or flooded out?“) enthüllt die Wissenschaftlerin die Pläne der guyanischen Regierung für ein Projekt, das in den 1970er Jahren verworfen worden war. Sollte dieses nun realisiert werden, so verschwände das Land des indigenen Volkes der Akawaio und einer Gemeinde der Akeruna vollständig unter den Fluten des Río Mazaruni, auf dem ein Staudamm gebaut werden soll.

Plan aus den 1970er Jahren wieder aus der Schublade geholt

Das Projekt war vor rund 40 Jahren nicht weiterverfolgt worden, da die Finanziers, unter ihnen die Weltbank, sich unter dem Druck einer Kampagne der Akawaio, die Survival International schon damals unterstützte, zurückzogen. Auch aktuell hat Guyanas Regierung keine vorherige Zustimmung der Indigenen erhalten, wie sie vom internationalen Recht gefordert wird. Die beiden indigenen Völker haben im Gegenteil ihren Widerstand gegen das Projekt mündlich kund getan.

Survival warnt, dass der Staudamm die Akawaio und Arekuna zu Flüchtlingen machen und ein Gebiet zerstören würde, das für seine prächtige Landschaft und Biodiversität bekannt ist und zahlreiche Wissenschaftler*innen anzieht. Berühmt wurde die Gegend durch den Roman „The Lost World“ des britischen Schriftstellers Arthur Conan Doyle. Die indigenen Gemeinschaften des oberen Río Mazaruni haben deutlich gemacht: “In der Vergangenheit lehnten bereits unsere Großeltern das Staudammprojekt ab. Wir teilen heute dieselbe Meinung und sagen “NEIN!”.

Regierung nicht an Meinung der Indigenen interessiert

Jean La Rose von der Indigenenorganisation Asociación de los Pueblos Amerindios de la Guiana erklärt: „Wir verstehen ja, dass Guyana sich entwickeln muss in einer Welt, die sich verändert. Das darf allerdings nicht auf Kosten unserer Leben und unseres Volkes geschehen. Das Land ist unsere Lebensquelle und nährt uns, so wie es auch künftige Generationen nähren muss. Unsere Kultur, unsere Geschichte und unsere eigenständige Identität als die ersten Völker, die dieses Land bewohnt haben, müssen respektiert werden. Das Prinzip der freien, vorab erteilten Zustimmung auf Grundlage einer umfassenden Unterrichtung muss vom Staat auf allen Ebenen umgesetzt werden. Und zwar bei allen Projekten und Programmen, die wirtschaftliche und kulturelle Auswirkungen auf uns als indigene Völker haben.“

Survival zufolge sei es anzunehmen, dass das Projekt von brasilianischen Bauunternehmen konstruiert werde, die bereits an dem Bau des umstrittenen Staudammprojekts Belo Monte im brasilianischen Bundesstaat Pará beteiligt sind. Hintergrund ist, dass die von dem Wasserkraftwerk erzeugte Energie nicht nur von Bergbauunternehmen in Guyana, sondern auch im Nachbarland Brasilien genutzt werden soll.

Seit 1998 Warten auf ein Gerichtsurteil zum Landbesitz

Die Akawaio drängen Guyanas Regierung seit Jahren, ihr kollektives Recht auf Land endlich anzuerkennen. Immer mehr Goldschürfer*innen aus Guyana und Brasilien sind in indigenes Gebiet eingedrungen. 1998 riefen die Indigenen Guyanas Oberstes Gericht an, das aber auch nach 15 Jahren noch keinerlei Urteil gefällt hat. Survival-Direktor Stephen Corry lässt die Argumentation der guyanischen Regierung, auf emissionsarme Energie zu setzen, nicht gelten: „Dies rechtfertigt nicht die grausame Enteignung der Wälder der indigenen Völker. Das Land gehört den Akawaio und ihren Nachbarn, den Arekuna. Das Projekt bedeutet keinen „Fortschritt“, sondern es handelt sich schlicht um Raub. Die Erfahrung zeigt, dass indigene Völker, denen ihr Land gestohlen wurde, vollkommen schutzlos zurückbleiben – falls sie überhaupt überleben. Man täusche sich nicht: dieses Projekt wird die Akawaio als Volk zerstören.”

Die Akawaio und die Arekuna zählen, konservativ geschätzt, rund 10.000 Angehörige. Seit ewigen Zeiten leben sie im Wald der Pakaraima-Berge in Guyana, nahe dem berühmten Mount Roraima. Die Indigenen bauen Obst und Gemüse an und fischen im Río Mazaruni und seinen Nebenflüssen.

 

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