Proteste gegen Privatisierung von Seen in Patagonien

(Köln, 16. Februar 2023, ila/npla).- Seit mehr als 20 Jahren versuchen Anwohner*innen in der südargentinischen Provinz Río Negro, den öffentlichen Zugang zum See Lago Escondido (Versteckter See) in der Nähe des Ortes La Foyel durchzusetzen. Seit der britische Unternehmer Joe Lewis 1996 ein Grundstück an diesem Gewässer gekauft hat, verhindert er den Zugang zu dem gesamten See mithilfe privater bewaffneter Security. Der Multimillionär ist ein Freund des ehemaligen argentinischen Präsidenten Mauricio Macri, der gerne auf diesem Grundstück Urlaub macht, und er hat offensichtlich auch beste Verbindungen zur Provinzregierung.

Seit 2005 klagen Menschen aus der Region gegen diese Privatisierung und erreichten mehrfach Gerichtsurteile, die den öffentlichen Zugang zum Gewässer – der im Bürgerlichen Gesetzbuch Argentiniens festgeschrieben ist – für rechtens anerkannten. Gegen diese Urteile legte allerdings nicht nur der Multimillionär Berufung ein, sondern auch die Provinzregierung. Die Anwohner*innen kämpfen weiterhin vor Gericht und mit Aktionen gegen diese dreiste Privatisierung.

Am 3. Februar fand zum siebten Mal die von der Stiftung für die Wasserkultur FIPCA jährlich ausgerufene „Demonstration für die Unabhängigkeit“ statt, um den Zugang zum See zu fordern. Mehrere der 60 Demonstrant*innen wurden von den Schlägertrupps des Unternehmers Lewis verletzt. Sie wollen nicht aufgeben und kündigten die nächste Demonstration noch für dieses Jahr an.

Arabischer Emir lässt Seen einzäunen

Drei Tage nach dieser Demonstration machten Mitglieder der Mapuche-Gemeinschaft Lof Cayunao öffentlich, was sie bei einem Rundgang über die Berge hatten feststellen müssen: Arbeiter eines ausländischen Unternehmers sind dabei, drei Seen einzuzäunen. Hier entspringt der Fluss Río Chubut, der 800 Kilometer durch die südlich von Río Negro gelegene Provinz Chubut fließt. Die 20.000 Hektar wurden 2017 privatisiert, unter der Regierung von Mauricio Macri. Bereits 2021 gab es einen Versuch, den See und die Quellen einzuzäunen, was von der Mapuche-Gemeinschaft, die nur aus der Familie Cayunao besteht, durch ihre Präsenz vor Ort verhindert wurde. Vor Gericht erreichten sie eine Unterlassungsverfügung. Zurzeit ist nicht klar, ob es sich bei dem Eigentümer wie zuerst angenommen um den Emir von Katar handelt oder aber um den Emir der Arabischen Emirate.

Am 6. Februar machten sich sieben Personen, darunter fünf Frauen, auf den Weg zu den Seen. Begleitet wurde die Familie Cayunao von Moira Millán, Weychafe (Mapuchekämpferin) und Gründerin der „Bewegung indigener Frauen und Queers für das Buen Vivir“. Sie schreibt dazu: „Auf der Höhe der Kordillere, wo der geliebte Río Chubut entspringt, verteidigt Soledad Cayunao gemeinsam mit ihrer Familie diese Quellen. Sie ist mit ihrem Mann und ihren Kindern sieben Stunden von ihrer bescheidenen Hütte aus bis zum Berggipfel aufgestiegen. Ihre Schuhe sind so abgelaufen, dass sie barfuß zu den Quellen gingen. Ihr einziges Ziel ist es, deren Einzäunung zu verhindern, weil sie wissen, dass die Araber, wenn sie die Kontrolle über diese Quellen erlangen, auch den Flusslauf kontrollieren können, so als hätten sie die Macht, den Wasserhahn zu öffnen und zu schließen. Davon werden alle Nutznießer*innen des Río Chubut betroffen sein. Lof Cayunao führt einen sehr ungleichen Kampf. Die Araber fliegen ihre Arbeiter und das Material mit modernen Hubschraubern ein. Sie haben ihnen auf dem Gipfel eine bequeme Wohnung errichtet. Lof Cayunao verfügt dagegen auf dem Berg über keinen Schutz, sie schlafen im Freien, bei nachts sehr niedrigen Temperaturen. Sie haben keine Schlafsäcke, keine warmen Jacken, schon gar keine für Trekking geeigneten Schuhe und nur wenig Nahrung. Während ich dies schreibe (am 13.2.), erfahre ich, dass private Securities sich auf dem Berggipfel eingerichtet haben. In blindem Gehorsam gegenüber ihren millionenschweren Chefs sind sie zu allem entschlossen.“

In den anliegenden Orten werden zurzeit Sach- und Geldspenden für diesen Widerstand gesammelt.

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