Goldrausch sorgt für Verschmutzung der Flüsse im Amazonasgebiet

von Abrahán Cuellar Araujo (Fobomade*)

(Fortaleza, 03. Oktober 2012, adital).- Die Goldsucher*innen verschmutzen unsere Flüsse mit Quecksilber, was zahlreiche Risiken für die Gesundheit der Menschen zur Folge hat. Was tun die staatlichen Instanzen angesichts dieser bedrohlichen Situation? Aus offiziellen Statistiken der Behörden geht hervor, dass Bolivien einen Goldrausch erlebt, der bereits für einen Anstieg der Exporte und der Deviseneinnahmen gesorgt hat.

Nach Angaben des Nationalen Statistik-Instituts INE (Instituto Nacional de Estadística) wurden mit dem Export von 5,5 Tonnen Gold von Januar bis Juli 2012 Einnahmen von 12,09 Millionen US-Dollar erzielt. Im Vergleich mit dem Vorjahr bedeutet dies ein außergewöhnliches Wachstum von 927 Prozent, wie Gary Rodríguez, der Generaldirektor des Bolivianischen Instituts für Außenhandel IBCE (Instituto Boliviano de Comercio Exterior), erklärt.

Hauptnahrungsmittel Fisch vergiftet

Auf der einen Seite handelt es sich um wichtige Einkünfte für den bolivianischen Staat, auf der anderen Seite zahlt das Land hierfür einen hohen Preis, der den wenigsten bekannt ist und kaum in der Öffentlichkeit verbreitet wird: die Verschmutzung der Flüsse im Amazonasgebiet und die Verseuchung der in ihnen lebenden Fische durch das hochgiftige Quecksilber, das zur Trennung des Goldes vom Sand eingesetzt wird.

Durch den Verzehr der Fische ist schließlich auch der Mensch gefährdet; Fisch ist in der Region um das Hauptnahrungsmittel. Über 200.000 Bewohner*innen sind hierdurch gefährdet.

Baggerschiffe graben häufig ohne Lizenz

Ein Großteil des in Bolivien geförderten Goldes stammt aus der Ausbeutung von Schwemmland und von Goldadern, die sich in der Nähe der Flüsse des Amazonasgebietes befinden. Exakt in den Quellgebieten der großen amazonischen Becken findet die Ausbeutung des Goldes statt – von hier fließt das Quecksilber in die anliegenden Flüsse.

Oft geht es dabei nicht legal zu. So ergab die Überprüfung in einem Gebiet, dass 50 von den Goldsucher*innen verwendete Baggerschiffe eine Lizenz hatten, und damit vermutlich im Rahmen des Gesetzes lagen.

Weitere 39 Baggerschiffe hingegen waren eindeutig illegal tätig, sie wiesen keine Lizenz auf. Bei einer Kontrolle im Naturschutzgebiet Manuripi beschlagnahmten die Behörden fünf Gewehre, die für die illegale Jagd genutzt wurden.

Arbeitssicherheit wird ignoriert

Am 23. August dieses Jahres wurde der junge Alex als vermisst gemeldet. Er arbeitete auf einem Schiff auf dem Río Madre de Dios, das der Goldförderung diente. Einen Tag darauf fand man seinen leblosen Körper flussabwärts und übergab ihn seinen Angehörigen. In diesem Jahr kam es zu drei weiteren Todesfällen von bei der Goldsuche Beschäftigten. Es ist offensichtlich, dass auf den Baggerschiffen die minimalsten Vorkehrungen für die Arbeitssicherheit fehlen, denn die Schiffe verfügen nicht über die erforderliche Ausrüstung. Die Arbeiter*innen dürften weder einen Arbeitsvertrag besitzen noch in irgendeiner Weise versichert sein – und dies bei einer äußerst gefährlichen Tätigkeit.

Allein die schiere Anzahl an Baggerschiffen auf einem Abschnitt des Río Madre de Dios gibt Anlass zur Sorge aufgrund der nicht bekannten Menge an Quecksilber, die sich ins Flussbett ergießt. Der Staat treibt diese Entwicklung mit seinem Bolivianischen Goldunternehmen (Empresa Boliviana del Oro, Sitz in der Stadt Riberalta in Nord-Bolivien) entscheidend voran. Die Ausbeutung des Goldes im Amazonasgebiet wird legalisiert, ohne sich Gedanken über die Folgen für Umwelt und Gesundheit des Menschen zu machen. Erschwerend kommt hinzu, dass sich durch die großangelegte Goldschürfung in der peruanischen Provinz Madre de Dios jährlich über 30 Tonnen Quecksilber in den Río Madre de Dios ergießen, die flussabwärts Hunderte von Kilometern verseuchen.

Quecksilber löst schwere Gesundheitsschäden aus

Die Folgen der Verseuchung durch Quecksilber sind schwerwiegend, die Menschen müssen darüber informiert werden. Es handelt sich um ein hochgiftiges Schwermetall, das sich sobald es geschluckt wird, am mehreren Stellen des menschlichen Körpers ablagert. Zu den betroffenen Organen zählen vor allem Leber, Nieren und Herz – in ihnen löst das Quecksilber verschiedene Veränderungen aus. Außerdem betroffen sind die Gelenke, der Verdauungsapparat, Knochen und Blut, vor allem aber das gesamte Nervensystem, inklusive des Gehirns. Befindet sich Quecksilber erst einmal im Körper, so lässt es sich nicht mehr entfernen: der Mensch trägt die Verseuchung für immer in sich.

Schwangere übertragen die Vergiftung auf den Fötus und auf Babys durch die Muttermilch. Erste Anzeichen für eine Quecksilber-Vergiftung sind unter anderem eine leichte Niedergeschlagenheit, ein Zittern der Hände, kalte Füße und Hände, Schlafstörungen und Gedächtnisverlust. Vor allem aber kann Quecksilber Krebs verursachen.

Hoffnungen in neues Bergbaugesetz

Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung, die im bolivianischen Amazonasgebiet lebt, der Staat muss dringend handeln. Das neue Bergbaugesetz muss sich der Regulierung der Goldförderung annehmen und vor allem die Verwendung von Quecksilber stark einschränken. Die GoldsucherInnen dürfen nur noch mit angemessener Technologie arbeiten. Expert*innen sind ebenso hinzuzuziehen wie insbesondere die betroffene lokale Bevölkerung. Die Politiker*innen müssen der Gesundheit Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einräumen.

Dem Außenministerium schließlich kommt die Aufgabe zu, von Peru sämtliche Informationen einzufordern, die in Zusammenhang mit der Quecksilberverseuchung infolge der Goldförderung im Departement Madre de Dios stehen. Diese wirkt sich auf die bolivianische Flüsse und die im Amazonasgebiet lebenden Menschen aus. Es muss darauf gedrängt werden, dass Peru hier Einhalt gebietet. Ähnlich wie es Argentinien gegenüber Uruguay gelang bezüglich der Zellulosefabriken im Nachbarland, die den Río de la Plata verschmutzen.

Peru zerstörte illegale Baggerschiffe

In Bolivien selbst müssen die Behörden dafür sorgen, dass Goldschürfaktivitäten ohne Lizenz umgehend eingestellt werden. Erinnert sei daran, dass die peruanischen Streitkräfte in den Jahren 2009 bis 2011 über hundert illegale Baggerschiffe zerstörten. In den Fällen, in denen Lizenzen vorliegen, ist zu prüfen, ob diese rechtmäßig vom bolivianischen Staat ausgestellt wurden, und ob alle erforderlichen Papiere vorliegen. Desweiteren muss geprüft werden, ob eine Umweltgenehmigung vorhanden ist, die von der richtigen Behörde erteilt wurde.

Die Zahlung von Steuern und Lizenzgebühren gehört ebenso ins Scheinwerferlicht wie die Einhaltung von Vorschriften für die Arbeitssicherheit. Das Ganze muss möglichst flächendeckend geschehen, denn auch an anderen Flüssen des Amazonasgebietes könnte sich illegales Treiben abspielen. Die Gesundheit der Menschen ist wichtiger als Devisen und die Handelsbilanz Boliviens, sie hat keinen Preis. Leben und Gesundheit der Bolivianer*innen können nicht durch alles Gold der Welt aufgewogen werden. Es liegt daher in der Verantwortung der Ministerien für Bergbau und Gesundheit, alle hierfür notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.

*Fobomade – Foro Boliviano sobre Medio Ambiente y Desarrollo

 

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