Ortega außerirdisch – Kopfschütteln nach Plan für neue Weltraumbehörde

(Mexiko-Stadt, 1. Februar 2021, npla).- „Es ist einfacher, zum Mond zu kommen als dass in Nicaragua ein Kanal gebaut wird“, so prophezeite es der damalige panamaische Außenminister Fernando Núñez Fábrega im Juli 2013, angesprochen auf das nicaraguanische Konkurrenzvorhaben zum Panama-Kanal. Siebeneinhalb Jahre später und nach gescheitertem eigenen Kanalprojekt scheint sich Nicaraguas Präsident Daniel Ortega diese Worte zu Herzen genommen zu haben. Ende Januar brachte er eine Gesetzesinitiative ins Parlament ein, die zum Ziel hat, eine „Behörde für den Weltraum, den Mond und andere Himmelskörper betreffende Angelegenheiten“ zu schaffen. Die Begründung: Die Behörde sei notwendig, um das Thema mit der „notwendigen fachlichen und wissenschaftlichen Strenge“ angehen und „höchste nationale Interessen“ verteidigen zu können. Das Land müsse nach Chancen in diesem Bereich suchen.

Ortega-Murillo leben auf dem Mond“

Angesichts der absoluten Mehrheit der Regierungspartei Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) im Parlament dürfte die Verabschiedung des Gesetzentwurfes reine Formsache sein. Dennoch kommt in ersten Kommentaren viel Unverständnis für die Initiative in einem der ärmsten Länder Lateinamerikas auf. Der über 80-jährige Jaime Incer Barquero, immer noch angesehener Wissenschaftler in Nicaragua und zudem ausgewiesener Hobby-Astronom, sprach von einer „wahrhaftigen Überraschung“. Er wies auf das Fehlen fast jeglicher institutioneller, wissenschaftlicher und materieller Ressourcen für ein solches Projekt hin. Aus den Reihen des Oppositionsbündnisses UNAB heißt es in Bezug auf den seit 2007 ununterbrochen regierenden Ortega und seine Ehefrau, Nicaraguas Vizepräsidentin Rosario Murillo: „Ortega-Murillo leben auf dem Mond. Während die irdischen Probleme wie Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und Verbrechen die Bevölkerung im Würgegriff haben, planen sie eine Behörde für außerirdische Angelegenheiten.“ Enrique Sáenz, ehemaliger Oppositionsabgeordneter der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS), brachte ein mögliches „plumpes Ablenkungsmanöver“ ins Spiel.

Tatsächlich verblüfft der Zeitpunkt der präsidentiellen Gesetzesinitiative. Nicaragua befindet sich mitten in der Wirtschaftskrise, kämpft mit der Covid-19-Pandemie und ist politisch zutiefst gespalten. Der ehemalige Revolutionsheld Daniel Ortega konnte sich nur im Präsidentenamt halten, weil er im April 2018 massive soziale Proteste blutig niederschlug. In den letzten Wochen und Monaten verabschiedeten Regierung und Parlamentsmehrheit mehrere umstrittene Gesetze. Dazu gehören die Gesetze über Cyber-Kriminalität, ausländische Akteure und Hassverbrechen sowie verschärfte Regeln bei der Untersuchungshaft. Alle neuen Regelungen bieten ausreichend Interpretationsspielraum, um sie auch gezielt gegen die soziale und politische Opposition anzuwenden. Die Initiative für die neue Behörde mutet in diesem Kontext wahrlich außerirdisch an.

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