Duques Steuerreform – weder solidarisch noch nachhaltig

(Bogotá, 16. April 2021, Contagio Radio).- Am 15. April hat die kolumbianische Regierung unter Präsident Iván Duque den Gesetzesentwurf für eine Steuerreform vorgestellt. Das 110-seitige Dokument solle „die Armut verringern“, so Finanzminister Alberto Carrasquilla. Stattdessen trifft das Projekt jedoch in der kolumbianischen Bevölkerung auf Ablehnung: Vor allem die Mittelklasse sei von den Neuerungen betroffen.

Auch beim dritten Mal nicht besser

In den bisher drei Jahren seiner Amtszeit hat Präsident Duque bereits zwei Steuerreformen eingeleitet. Es ist daher das dritte Mal, dass er die Grundlagen des kolumbianischen Steuersystems verändern will und damit in der Bevölkerung starke Kritik auslöst. Auch verschiedene Gewerkschaften und Berufsverbände stellen sich gegen die Reform, die derzeit unter dem Titel „Gesetz für eine nachhaltige Solidarität“ verhandelt wird.

Laut dem Entwurf plant die Regierung, 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also 23 Billionen Pesos (ca. 5 Milliarden Euro, Anm. d. Übers.) einzuziehen. Die zusätzlichen Mittel sollen die Folgen der wirtschaftlichen Krise, in der sich das Land wegen der Corona-Pandemie befindet, mildern.

Obwohl Duque und seine Vizeministerin Ramírez im Wahlkampf „weniger Steuern und höheren Mindestlohn“ versprochen hatten, ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer ein grundlegender Teil der Reform.

So sorgten die Einzelheiten der Reform, sobald sie öffentlich wurden, im ganzen Land für Kontroversen. Es war Vizefinanzminister Juan Alberto Londoño, der noch wenige Tage vor dem Bekanntwerden des Entwurfes verkündet hatte, notwendige Haushaltsprodukte wie Salz, Kaffee, Zucker und Schokolade würden mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belegt. Er versicherte, diese seien nicht unbedingt nötig, deshalb würden sie „uns sehr gut gefallen“. Kurze Zeit später stritt Finanzminister Carrasquilla die Besteuerung ab.

74 Prozent der geplanten Einnahmen kommen nicht von Unternehmen, sondern von Einzelpersonen

Einer der Kritikpunkte an der geplanten Reform ist, dass diese vor allem die Mittel- und Unterschicht betrifft. Unternehmen tragen lediglich 3,7 Billionen Pesos zu den Steuereinnahmen bei. Gleichzeitig werden alle Kolumbianier*innen die Änderungen durch erhöhte Benzinpreise, in den öffentlichen Dienstleistungen und bei der Rentenzahlung zu spüren bekommen.

Minister Carrasquilla betonte bei der Vorstellung der Reform vor dem Kongress außerdem, die Regierung wolle „die Basis der steuerpflichtigen Personen nach und nach erweitern“.

Weitere Kritikpunkte

Laut der Regierung sollen die Änderungen in der Reform das Programm für „solidarisches Einkommen“, das vor einem Jahr für Aufruhr gesorgt hatte, weiterführen. Politiker*innen und Bürger*innen hatten damals über Ungereimtheiten und möglicher Weise falsche Begünstigte der Zahlungen geklagt. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Regelung, dass kohlensäurehaltige Getränke keine steuerpflichtigen Produkten sind, da sie laut Carrasquilla keine notwendige und repräsentative Steuereinnahme für ihn und den Präsidenten darstellen.

Bei einem Steuerdefizit von fast 94 Billionen Pesos verwundert es nicht, dass auch der jüngste Einkauf der Regierung – laut Aussage einiger Senator*innen 20 Militärflugzeuge im Wert von 14 Billionen Pesos – für Empörung sorgt. So beträgt der Wert der Flugzeuge mehr als die Hälfte dessen, was durch die Steuerreform wieder eingenommen werden soll.

Wird die Steuerreform verabschiedet, so zahlen Kolumbianer*innen in der Steuerklasse 4 auf öffentliche Dienstleistungen wie Kanalisation, Wasserversorgung, Gas und Strom künftig 19 Prozent Mehrwertsteuer. Währenddessen wird der Prozentsatz der Steuerklassen 5 und 6, der aktuell 20 Prozent beträgt, einen Prozentpunkt herabgesetzt. Auf Benzin werden zukünftig nicht mehr 5, sondern ebenfalls 19 Prozent Mehrwertsteuer erhoben. Einzelpersonen, die mehr als 2.420.000 Pesos verdienen, können Rente beziehen. Außerdem werden Löhne über 4 Millionen Pesos ab 2022 versteuert, ebenso Löhne über 1,6 Millionen Pesos ab 2023.

Landesweiter Streik gegen „Duques neues Schwindelpaket“

Für den 28. April haben verschiedenste Berufsvereinigungen, Gewerkschaften und Organisationen des Streikkomitees angekündigt, ihrer Ablehnung der Steuerreform auf den Straßen Ausdruck zu verleihen.

Seit Tagen wird in den sozialen Netzwerken dafür mobilisiert. Kolumbianer*innen sollten sich, so der Aufruf, dem landesweiten Streik unter dem Motto „Für das Leben, die Demokratie und gegen das neue Schwindelpaket Duques“ anschließen. […] Auf Social Media haben sich bereits hunderte Personen gegen die geplante Reform ausgesprochen. Abgeordnete und andere Personen der Öffentlichkeit taten ihre Unterstützung für den Protest kund.

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