Viele Tote und Verletzte bei Protesten gegen Polizeigewalt

(Berlin, 10. September 2020, poonal).- Am 9. September hat es in mehreren Städten Kolumbiens wütende Proteste gegen Polizeigewalt gegeben. Bei Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Bogotá schoss die Polizei scharf in die Menge. Dabei starben in Bogotá und dem Vorort Soacha mindestens zehn Menschen. Mehr als 140 Menschen wurden verletzt, 19 wiesen Schusswunden auf, mindestens 45 Menschen wurden verhaftet.

Auslöser der Proteste war der gewaltsame Tod von Javier Ordóñez durch eine mobile Polizeieinheit in der Nacht zuvor. Das Video von der Polizeigewalt verbreitete sich schnell in den sozialen Medien. Am Nachmittag des 9. September fanden an Dutzenden Polizeiwachen der Eingreiftruppen CAI (Comandos de Acción Inmediata) zunächst friedliche Kundgebungen statt. Demonstrant*innen erinnerten dabei auch an zahlreiche weitere Fälle tödlicher Polizeigewalt, wie den Tod des 18-jährigen Dylan Cruz, der bei Protesten im Dezember direkt von einer Tränengasgranate getroffen wurde. Am Abend eskalierte die Situation in Bogotá. Mehrere CAI wurden demoliert, Polizeifahrzeuge und Linienbusse angezündet. Die Polizei ihrerseits verprügelte Menschen, schoss mit Tränengas, Gummigeschossen und später auch mit scharfer Munition. Menschenrechtsgruppen und Journalist*innen gaben an, ebenfalls von Polizeieinheiten angegriffen worden zu sein.

Verteidigungsminister schickt 2.000 Polizisten und Soldaten nach Bogotá

Die Bürgermeisterin von Bogotá, Claudia López versicherte, sie habe keinen Befehl gegeben, scharf zu schießen. Sie drückte den Angehörigen ihr Mitgefühl aus und versprach Aufklärung.Verteidigungsminister Carlos Holmes Trujillo hingegen kündigte die Entsendung weiterer 1.600 Polizisten sowie von 300 Soldaten in die Hauptstadt an.

Der 44-Jährige Anwalt Javier Ordóñez war in der Nacht zum Mittwoch mit Freunden unterwegs, als er festgenommen wurde, weil er in der Öffentlichkeit Alkohol getrunken haben soll. Als er bereits am Boden fixiert wurde, erhielt er noch mehrere Stromstöße mit einem Taser, wie ein Video belegt. Er wurde dann zunächst in eine Polizeiwache gebracht, wo er mehrfach geschlagen sein soll. Anschließend kam er in ein Krankenhaus, wo er an seinen Verletzungen starb. In dem Video ist deutlich zu hören, wie er die Polizisten mehrfach bittet, von ihm abzulassen. Auch deshalb wird sein Fall bereits mit dem Tod von George Floyd in den USA verglichen. Präsident Iván Duque kündigte eine vollständige Aufklärung des Falles an.

Für den 10. September wurde in mehreren kolumbianischen Städten erneut zu Kundgebungen gegen Polizeigewalt aufgerufen. Eine Kundgebung in Bogotá stand unter dem Motto: „Wir nehmen keinen Staatsterrorismus mehr hin“. Bereits am Mittag kam es zu ersten Auseinandersetzungen.

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