Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 1. April 2003

Inhalt


LATEINAMERIKA

KARIBIK

KOLUMBIEN-ECUADOR

VENEZUELA-KOLUMBIEN

GUATEMALA

HONDURAS

ARGENTINIEN

URUGUAY

CHILE

BOLIVIEN


LATEINAMERIKA

Lateinamerika in Zeiten des Krieges

(Montevideo, 21. März 2003, comcosur-poonal).- Die Debatten um die UNO-Resolution, die dem Irakkrieg vorausgegangen sind, haben den USA einige Überraschungen beschert. So traf Washington auf ungewöhnlich starken Widerstand seitens großer Teile Lateinamerikas. Die Opposition gegen die US-Invasion kam unerwartet, da die meisten Regierungen der Region von Geldern der USA und den internationalen Banken abhängig sind.

Zwar stand von vorneherein fest, dass die USA, unabhängig von den Beschlüssen der UNO in den Irak einmarschieren würden. Sie hätten aber trotzdem gerne die internationale Zustimmung für diesen Krieg gehabt. US-Präsident George W. Bush hat mehr als genug Druckmittel gegen die meist fügsamen lateinamerikanischen Regierungschefs in der Hand. In der Debatte um eine UN-Beteiligung an dem Einmarsch in den Irak richtete sich das Augenmerk vor allen Dingen auf Chile und Mexiko. Beide Staaten sind nichtständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und ihre Stimmen wären bei einer Abstimmung das Zünglein an der Waage gewesen.

Chile steht kurz vor einem entscheidenden Durchbruch für die Regierung Ricardo Lagos in Sachen Freihandelsabkommen. Mexiko, der wichtigste Wirtschaftspartner Washingtons in Lateinamerika, steckt mitten in schwierigen Verhandlungen bezüglich der illegalen mexikanischen Einwanderer in die USA. Trotz dieser Abhängigkeiten und vieler undurchsichtiger Botschaften rund um die Abstimmung hat sich keine der beiden Nationen der imperialistischen Forderung Washingtons gebeugt.

Mit Ausnahme Kolumbiens und einiger mittelamerikanischer Staaten widersetzte sich Mehrheit der lateinamerikanischen Länder den USA. Es wurden allerdings keine radikalen Reden geschwungen. Es handelte sich eher um eine ängstliche Opposition gegen die allmächtige Supermacht, aber es war trotzdem eine Opposition. In letzter Minute, als die Bombardierung des Irak bereits begonnen hatte, gingen die Regierungen Lateinamerikas vorsichtig auf Distanz. Mexikos Präsident Vicente Fox wiederholte seine Verurteilung des bewaffneten Vorgehens der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten gegen den Irak und bot dem Land humanitäre Hilfe an.

In Brasilien „bedauerte“ der Präsident Luiz Inácio Lula da Silva den Militärschlag, besonders die Tatsache, dass er ohne Zustimmung der Vereinten Nationen erfolgt sei. Die argentinische Regierung erklärte, dass sie weiterhin „für den Frieden“ kämpfen würde, wobei sie mit Washington übereinstimmte, dass Saddam Hussein eine Gefahr für die Menschheit sei. Sie fügte jedoch hinzu, dass er dies bereits seit zwölf Jahren sei und deshalb der Bruch internationaler Rechte, um ihn zu stürzen, nicht berechtigt sei.

Der kubanische Außenminister Felipe Pérez Roque verurteilte vor der UNO-Menschenrechtskommission in Genf die „illegale, ungerechte und unnötige Aggression gegen den Irak, ein Dritte-Welt-Land“, die „mit aller Gewalt, gegen den einstimmigen Widerstand der öffentlichen Meinung der ganzen Welt“ geschehen sei. In Venezuela bat Regierungschef Hugo Chávez Gott um „Gerechtigkeit auf der Welt“ und darum, dass internationale Institutionen wie die UNO akzeptiert würden.

Schäden bis 42 Milliarden US-Dollar durch den Krieg

(Caracas, 25. März 2003, adital-poonal).- Die Wirtschaft Lateinamerikas und der Karibik könnte wegen des Kriegs im Irak Schäden von 7000 bis 42 Milliarden US-Dollar erleiden. So zumindest lauten die vorläufigen Schätzungen des Ständigen Sekretariates des Ökonomischen Systems Lateinamerikas (SELA).

„Der Stand der Gesamtbeträge schwankt unter anderem, weil verschiedene Szenarien existieren. Viel wird davon abhängen, ob der Konflikt schnell endet und sich die Energiemärkte in weniger als einem Monat stabilisieren, oder ob er sich über mehr als drei Monate hinzieht. Für den zweiten Fall könnten sich unterschiedliche Bedingungen mit instabileren Preisen auf dem internationalen Energiemarkt ergeben“, erklärte der Ständige Sekretär der SELA Giovanni E. Reyes.

Er fügte hinzu, dass Mittelamerika, die Karibik und Mexiko die am meisten durch den Krieg betroffenen Regionen sind, da der Hauptmarkt für die Exporte dieser Länder die Vereinigten Staaten sind. Mehr als die Hälfte der gesamten Exportkapazität der USA kommt aus Lateinamerika und der Karibik. 76 Prozent der Produktion dieser Region landen letztlich auf dem Markt der Vereinigten Staaten, präzisiert Reyes.

Die Staaten des Vereinigten Marktes des Südens (Mercosur – Brasilien, Uruguay, Argentinien, Paraguay) haben größere Unterschiede auf ihren Märkten und sind diesbezüglich nicht abhängig von den Vereinigten Staaten. Dennoch könnten unter dem Anstieg der hohen Ölpreise genauso leiden. Erdölproduzierende Staaten wie Venezuela, Ecuador und Mexiko könnten durch die Erhöhungen der Preise von Energieprodukten Vorteile ziehen, aber die Tendenzen deuten nicht darauf hin, dass diese Anstiege zur Zeit eine Hilfe sein könnten, fügte er hinzu.

Privatisierung unter der Lupe

(Lima, 26. März 2003, na-poonal).- Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut „Latinobarometer“ glauben lediglich 28 Prozent der Lateinamerikaner*innen, dass ihre Länder vom Verkauf staatseigener Unternehmen profitieren. Diese Umfrage ist im Zusammenhang mit den Wirtschaftsreformen des letzten Jahrzehnts zu sehen, in dessen Rahmen eine Reihe von staatlichen Unternehmen privatisiert wurden.

Dabei meinen in Venezuela, Ecuador und Brasilien immerhin 40 Prozent der Befragten, dass die Privatisierungen Vorteile erbracht haben, während in Paraguay, Uruguay und Argentinien weniger als 20 Prozent Vorteile in der Privatisierung sehen. In Peru, wo die Regierung die Privatisierung von zwei Elektrizitätsunternehmen nach Protesten im vergangenen Jahre stoppte, sehen nur 32 Prozent der Befragten einen Vorteil im Verkauf von staatlichen Unternehmen.

KARIBIK

Krieg gegen Irak bedroht regionale Wirtschaft

Von Charles Arthur

(Lima, 26. März 2003, na-poonal).- Der Krieg gegen den Irak könnte die schon angespannte Wirtschaftslage in der Karibik noch weiter zuspitzen. Aufgrund des Kollapses der traditionellen, exportorientierten Agrarindustrie sowie der Zucker- und Bananenindustrie ist die Region mit großen Schwierigkeiten konfrontiert. Die karibische Wirtschaft ist extrem empfindlich, weil sie sehr abhängig vom Tourismus ist. Jeder siebte Arbeitnehmer ist in dieser Branche beschäftigt und der Tourismus erwirtschaftet 30 Prozent des Bruttoinlandproduktes der Region.

Die 15 Mitglieder des Gemeinsamen Karibischen Marktes CARICOM (Comunidad del Caribe) veröffentlichten Mitte Februar während eines Gipfels in Trinidad eine Erklärung gegen einen militärischen Angriff gegen den Irak. Sie erläuterten, dass sie tief besorgt seien über die menschliche Tragödie, die der Beginn eines Krieges erzeugen könnte. Auch die katastrophalen Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaftsstabilität machte ihnen Sorgen.

Die Zahl der Touristen sank drastisch nach den Terroranschlägen des 11. Septembers 2001 in den Vereinigten Staaten, da diese Angriffe das Wirtschaftswachstum in den USA bremsten und die Ängste der Amerikaner weckten. Während der darauf folgenden Wintersaison entschieden sich viele potenzielle Touristen gegen eine Flugreise. 364 000 Entlassungen im Tourismusbereich werden vom Weltrat für Reisen und Tourismus als direkte Auswirkung dieser Krise angesehen.

Die karibische Tourismusorganisation CTO (Organización Caribeña de Turismo) erklärte, dass die Branche im Jahr 2002 nur dank einer aggressiven Werbekampagne und einer Ermäßigung der Preise der Flugtickets und der Hotels wieder in Schwung gebracht worden sei. Allerdings sei diese Erholung nun wieder in Gefahr.

Trotz des schwachen Widerstands der Politiker der Region gegen den Krieg aufgrund möglicher US-amerikanischer Repressalien ist der Generalsekretär von CARICOM Shridath Ramphal bereit, Maßnahmen zu ergreifen. Er glaubt nicht an einen kurzen Krieg.

Ein neuer Anstieg des Ölpreises bereitet der Region Sorge. Die Karibik wurde schon beeinträchtigt, als zur Steigerung der Rohölpreise noch der Stopp der venezolanischen Produktion hinzukam. Die dortige Erdölindustrie war in den letzten Monaten bestreikt worden, um die Regierung von Präsident Hugo Chávez zu stürzen.

Jamaikanische Bus- und Taxifahrer drohen nun mit gewalttätigen Demonstrationen, wenn die Preise der Treibstoffe erneut steigen. In Guayana und Haiti gab es schon eine Reihe von Streiks, um gegen den hohen Benzinpreis zu protestieren. Ein längerer Krieg oder Sabotageakte gegen die irakischen Ölfelder werden die internationalen Ölpreise noch weiter in die Höhe treiben.

Der Wirtschaftsberater des CARICOM-Sekretariats in Guayana Maurice Odle warnte, dass die Folgen der höheren Ölpreise schon abzusehen seien. „Wir können uns schon vorstellen, wie der Preis der Treibstoffe steigt und damit auch die Preise der Flugtickets. Das würde schwere Auswirkungen für die Fluglinien und unsere Tourismusindustrie haben“, fügte er hinzu.

Eine der wichtigsten Fluglinien der Region, die schon angeschlagene BWIA, registriert monatliche Verluste in Höhe von einer Millionen US-Dollar und musste schon im Januar 617 von ihren 2400 Mitarbeitern entlassen. Viele von ihnen arbeiteten als Instandhaltungsingenieure.

Ein längerer Konflikt würde weitere negative Auswirkungen auf die Karibik haben. Höhere Ölpreise würden die Wirtschaftslage in den Vereinigten Staaten, Deutschland und Japan noch weiter verschlechtern und sie könnten langfristig zu einer möglichen Rezession der Weltwirtschaft führen.

Solche Szenarien wären katastrophal für Länder wie die Dominikanische Republik, die stark von ausländischen Finanzquellen für Investitionen abhängig ist. Eine ähnliche Situation wäre in Haiti zu erwarten, da die dortige Wirtschaft nur durch Geldsendungen von im Ausland arbeitenden Haitianer aufrechterhalten wird.

KOLUMBIEN-ECUADOR

Ecuadorianisches Militär gegen die kolumbianische Guerilla?

(Quito, 26. März 2003, adital-poonal).- Heute (26.3.) trifft sich der Chef des Kommando Süd der Vereinigten Staaten James Hill in Miami mit den höchsten Chefs der Streitkräfte von Ecuador und Kolumbien, Oswaldo Jarrín und Jorge Enrique Mora, um seiner Forderung nach Ausweitung des Plan Colombia auf die gesamte Region Nachdruck zu verleihen.

Nur acht Tage nach seinem Besuch in Ecuador, bei dem er die aktive Beteiligung des Landes an der militärischen Strategie der USA in Südamerika gefordert hatte, beansprucht Hill bei dieser Zusammenkunft nun, den Vorgehensplan des Pentagon durchzusetzen.

Der genaue Inhalt ist bisher noch nicht veröffentlicht worden. Man weiß lediglich, dass es sich um eine Zusammenarbeit handelt, um den gemeinsamen Bedrohungen zu begegnen. Raúl Duany, Sprecher des Kommando Süd, erklärte, „der Kampf wendet sich gegen den Drogenterrorismus und soll für der Schutz der Grenzen der betroffenen Länder sorgen“ und dass „die Generäle keinerlei Information bzgl. der zu erwartenden Hilfe erhalten werden“.

In seiner Absicht, die kolumbianische Guerilla zu ersticken, ersucht das Pentagon Ecuador, seine Grenzen zu Kolumbien zu schließen, um so die vermutete Versorgungsquelle der Guerillagruppe FARC zu blockieren. Allerdings wäre eine Entscheidung dieser Art mehr als ein Akt der Einmischung in einen innerstaatlichen Konflikt eines souveränen Staates aufgrund des Befehls einer ausländischen Macht. Er würde auch den Handel zwischen den beiden Ländern stark beeinflussen. Dieser Handel stellt einen bedeutenden Teil der Wirtschaft der Grenzbevölkerung dar.

Seit Beginn des Plan Colombia fordert Washington die Stationierung Tausender ecuadorianischer Soldaten mit einer ansehnlichen Anzahl von Waffen an der Grenzen. Sie sollen nicht nur eventuelle feindliche Einfälle abwehren, sondern sich auch grundlegend der FARC nähern. Wird die Forderung erfüllt, führt dies zur Enthebung Kolumbiens von der Verantwortung, seine eigenen Grenzen zu bewachen. Die Aufgabe würde mit allen darin beinhalteten menschlichen und wirtschaftlichen Kosten an das ecuadorianische Heer fallen, obwohl das nicht in seine Kompetenz fällt.

Das läuft auf das Risiko hinaus, dass Ecuador militärisch am Konflikt teilnimmt und bewaffnete Konfrontationen auslösen könnte. Jüngst wurden an der Südgrenze Venezuelas solche Auseinandersetzungen durch die Paramilitärs gefördert, bei denen venezolanische Bauern von den Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) massakriert wurden. Diese hatten als Akt der Provokation an Caracas damit gedroht, im Land zu bleiben, um auch Venezuela militärisch in den Konflikt hineinzuziehen.

Die USA fordern die Einhaltung des Abkommens, das ihnen die Existenz des militärischen Stützpunkt im ecuadorianischen Manta ermöglicht, auf dem sich ein so genanntes Zentrum für vorrückende Operationen befindet. Der Stützpunkt ist bereits hundertprozentig in Betrieb. Im vergangenen Jahr wurden von dort aus 1028 Flüge über die Region absolviert. Das Abkommen ist bekannt dafür, dass es unterschrieben wurde, ohne die Verfassung Ecuadors zu berücksichtigen. Die USA hat damit diese Verfassung verletzt. Die Vereinigten Staaten überließen die Lieferung der Logistik der fragwürdigen Firma Dyn Corp., die wegen krimineller Aktivitäten in Jugoslawien und Drogenschmuggels in Kolumbien angeklagt ist.

VENEZUELA-KOLUMBIEN

Spannungen im Grenzgebiet

(Montevideo, 21. März 2003, pulsar-poonal).- Eine Gruppe von Paramilitärs, ausgerüstet mit Gewehren, Maschinengewehren und Granatwerfen, schoss einen ganzen Nachmittag lang intensiv von der kolumbianische Siedlung La Pista aus auf venezolanisches Gebiet. Dort befanden sich hauptsächlich aus dem Nachbarland kommende Flüchtlingsfamilien. Es wird angenommen, dass dieser Angriff mehrere Verletzte und Tote zur Folge hatte. Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt, da es aus Sicherheitsgründen bisher nicht möglich war, den Ort wieder zu betreten.

Die Schüsse der Terroristen zerstörten die Schulanlage Simón Bolivar, die unter dem Namen La Escuelita bekannt ist. Dieses Projekt wurde von der Flüchtlingsgemeinschaft für die venezolanischen und kolumbianischen Kinder der Bauern geschaffen. Ebenso gab es eine Handelskooperative.

Die Angreifer hatten den Fluss in Richtung venezolanisches Gebiet überquert, um die in die Berge flüchtende Zivilbevölkerung zu verfolgen. Im Zusammenhang mit dieser Truppenbewegung eröffneten die Paramilitärs auf venezolanischem Gebiet auch gegen eine Gruppe von Bauern das Feuer, die gerade die Grenzzone verlassen wollte.

Die Paramilitärs nahmen ein Boot der venezolanischen Bari-Indígenas in Beschlag, mit dem diese Proviant für ihre Gemeinden transportiert hatten. Sie wurden ohne Lebensmittel zurückgelassen und niemand kennt mit Sicherheit ihren derzeitigen Aufenthaltsort. Es wird angenommen, dass das Ziel dieser Vorfälle die Schwächung der Regierung unter Hugo Chávez Fias ist. In diesem Grenzgebiet treffen ökonomische, politische und militärische Interessen Kolumbiens und Venezuelas zusammen.

GUATEMALA

Neuer Angriff gegen Bauernführer

(Guatemala-Stadt, 24. März 2003, cerigua-poonal).- Am 20. März meldete Daniel Pascual, Mitglied der Nationalen Koordination der Bauernorganisationen CNOC (Coordinadora Nacional de Organizaciones Campesina), dass ihm ein schwarzer Pickup in verdächtiger Weise durch mehrere Straßen der Stadt verfolgt habe. Als er beim Büro des Komitees für Bäuerliche Einheit CUC (Comité de Unidad Campesina) angekommen sei, seien zwei ihm unbekannte Personen auf ihn zugekommen, hätten ihn mit dem Tode bedroht und ihm einen Aktenkoffer mit Dokumenten beider Organisationen, sein Handy und das Auto, in dem er fuhr, geraubt.

Das CUC verurteilte den Anschlag auf den Bauernführer und verlangte vom Innenministerium und den Justizbehörden die Untersuchung der Tat sowie die Festnahme der Verantwortlichen. In einer Presseerklärung bewertete die CUC die Aktion gegen Pascual als Versuch, die Bauernbewegung einzuschüchtern. Diese kämpfte in den letzten Jahren energisch dafür, dass die Regierung die Verpflichtungen aus dem Friedensabkommen umsetzt, insbesondere das Abkommen über Sozioökonomie und Agrarpolitik, das den Zugang zu Land, dessen Nutzung und Besitzverhältnisse regelt.

Nach Angaben der Bauernvereinigung war die Nationalleitung in weniger als einem Jahr mit mehreren Einschüchterungsversuchen, Todesdrohungen und gerichtliche Verfolgungen konfrontiert, in die Unternehmer, große Landbesitzer und Militärs verwickelt gewesen seien.

Seit dem 10. Oktober 2002, als bei einem Marsch für Landrechte ein Bauernführer ermordet wurde, hat sich die Landverteilungsproblematik in Guatemala noch weiter verschärft. In ihrer Erklärung weist die CUC besonders darauf hin, dass seither neun weitere Bauern ermordet worden sind.

Zahl der Morde an Jugendlichen und Kindern steigt

(Guatemala-Stadt, 26. März 2003, adital-poonal).- Nach Berichten der Casa Alianza, einer internationalen Organisation zur Verteidigung der Rechte von Kindern, hat sich im Februar die Zahl der in Guatemala-Stadt ermordeten Kinder im Vergleich zum Vormonat um 26 Prozent erhöht. Während im Januar 2003 53 Kinder umgebracht wurden, stieg die Zahl im Februar auf 62. Der Gebrauch von Schusswaffen war bei allen Todesfällen die Ursache.

Im Januar 2003 waren 26 der Opfer Kinder unter 18 Jahren. Die Hälfte der im Februar 2003 umgekommenen Jugendlichen waren zwischen 18 und 20 Jahren. Im Jahr 2002 wurden insgesamt 465 Jugendliche unter 23 Jahren in Guatemala-City umgebracht. Das entspricht einem Durchschnitt von 40 Toten im Monat. Insgesamt leben in der guatemaltekischen Hauptstadt mehr als zwei Millionen Menschen.

Die Generalstaatsanwaltschaft antwortete auf die Beschwerden über fehlende Untersuchungen, dass die Zuständigen überlastet seien und über keine finanziellen Mittel verfügen würden. Das Programm gerichtlicher Beihilfe von Casa Alianza dokumentiert für die vergangene Dekade, dass in weniger als fünf Prozent der vor Gericht verhandelten Fälle Strafen verhängt worden seien.

HONDURAS

Das Armenhaus Lateinamerikas

(Lima, 26. März, na-poonal).- Nach Angaben der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik ist Honduras mit einem in Armut lebenden Bevölkerungsanteil von fast 72 Prozent das ärmste Land in Lateinamerika. Honduras machte im letzen Jahrzehnt Fortschritte im Kampf gegen die Armut und senkte die Armutsrate von 71 Prozent im Jahr 1991 auf 66 Prozent im Jahr 1999. Korruption, Rückgang ausländischer Investitionen, Inflation, geringe regionale Produktion und die Auswirkungen von Naturkatastrophen wie den Hurrikan Mitch haben die Zahl jedoch wieder steigen lassen.

Im letzten Jahr sind insgesamt etwa 18 Millionen Lateinamerikaner vor der Armut geflüchtet. Die Werte in der regionalen Statistik sind dadurch um 56 Prozent gestiegen, informiert die Interamerikanische Entwicklungsbank. Die größten Steigerungen wurden in Haiti, Argentinien, Paraguay und Mexiko registriert.

Kinder und Jugendliche von Todesschwadronen ermordet

(Montevideo, 23.März 2003, comcosur-poonal).- Die Botschaft war einfach und klar. Sie wurde mit einem scharfen Gegenstand in den Rücken eines toten Körpers geritzt: „Wir halten die Stadt sauber“. Das bisher nicht identifizierte Opfer zwischen 17 und 20 Jahren war tätowiert. Es war eines von 67 Kindern und Jugendlichen unter 23 Jahren, die alleine im Monat Februar 2003 in Honduras ermordet wurden. Im März wurden diese erschreckenden Zahlen veröffentlicht. 25 der Opfer waren Kinder unter 18 Jahren, 42 zwischen 18 und 23 Jahren.

Im Februar gab es zwei Massaker an Kindern und Jugendlichen. In einem Fall wurden die Körper von drei Mädchen – Tatiana Díaz, 15 Jahre, Saida Rodríguez, 18 Jahre und ein weiteres nicht identifiziertes Mädchen – am Morgen des 13. Februar an einem Ort namens Puerto Escondido aufgefunden. Puerto Escondido ist ein Viertel der Industriemetropole San Pedro Sula. Zwei der Mädchen wurden vergewaltigt, alle drei wurden durch Kopfschüsse getötet. Nach Presseberichten seien die Mädchen Mitglieder einer Jugendbande gewesen. Diese Behauptung ist aber nie belegt worden, und die nackten Körper wiesen keine Tätowierungen auf. Tätowierungen werden als Erkennungszeichen von Jugendgangs vermutet. Am Tatort wurde eine 9 mm-Patrone gefunden.

Das zweite Blutbad wurde am Abend des 26. Februar ebenso in San Pedro Sula in der Wohnsiedlung Asentamientos Humanos veranstaltet. José Fernando, 16 Jahre, und die Geschwister Sergio und Wilmer Ortiz, 18 und 17 Jahre, schliefen in ihrem armseligen Holzhaus, als einige bewaffnete Männer die Tür aufbrachen und auf die Jugendlichen schossen. Von den angrenzenden Nachbarn will niemand nichts gesehen haben… So sehr regiert die Angst das Leben in Honduras. Die Polizei fand zwölf 9 mm-Patronen im Haus. Die Presse schrieb, die Jungs seien der Jugendgang „18“ nahe gestanden, als ob dies eine Rechtfertigung für ihre Ermordung sei.

Im Monat Februar gab es dagegen keine einzige Verurteilung der Mörder, die für 1688 Morde in Honduras seit 1998 verantwortlich sind. Laut Aussagen von Zeugen wurden einige Morde von einem „carro asesino“ – einem roten Pickup – aus ausgeübt, auf dem sich Erwachsene mit großkalibrigen Waffen befanden. Von den Morden im Februar sind 85 Prozent der Täter noch nicht ermittelt. Bei neun Prozent wird davon ausgegangen, dass sie einer Gang angehören. Einer der Morde wird der Militärpolizei zugeschrieben.

58 der Opfer im Februar waren männlich. 61 Morde wurden mit Schusswaffen, sechs mit Stichwaffen begangen. Die meisten Morde, 43 Prozent, wurden in der Hauptstadt Tegucigalpa registriert, darauf folgt San Pedro Sula mit 39 Prozent. Auch in den Kleinstädten steigt die Zahl der Morde an Kindern und Jugendlichen. In diesem Monat kam es in El Progreso, Yoro, La Ceiba, Lima, Cortes, Pespire, Choluteca y Villanueva und Cortes zu Ermordungen.

Die Frage der Ermordung von Kindern und Jugendlichen entwickelt sich in dem zentralamerikanischen Land mit 5,5 Millionen Einwohnern zu einem bestimmenden Thema auf der politischen Tagesordnung. Während die Zahl der Opfer unter Kindern und Jugendlichen steigt, erklären die Behörden, dass sie nicht genügend Personal hätten, um die Gewalttaten aufzuklären. Um ihre Nachbarschaft zu schützen und dem Mangel an Polizei, bzw. dem Mangel an Vertrauen in die Polizei, zu begegnen, haben die Leute Überwachungs-Komitees und eine „Viertel-Polizei“ organisiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen viele Mitglieder dieser Gruppen, denen sie illegale Verhaftungen und exzessive Misshandlungen vorwirft.

Die honduranische Regierung hat entschieden, in die Offensive zu gehen, um dem wachsenden Druck der internationalen Gemeinschaft zu begegnen. Diese fordert, dass die Regierung die Morde an Kindern und Jugendlichen verhindert. Am 20. März 2003 legte der honduranische Innen- und Justizminister Jorge Ramón Hernández Alcerro bei der Menschenrechtskommission in Genf einen Bericht zu diesem Thema vor, das auf Forderungen mehrerer europäischer Regierungen und Nichtregierungsorganisationen auf die Tagesordnung der Kommission gesetzt wurde.

ARGENTINIEN

Indigenes Recht als Fach für Studenten

(Buenos Aires, 26. März 2003, na-poonal).- Seit diesem Jahr gibt es an der staatlichen Universität von Buenos Aires (UBA) ein neues Fach für Jura-Studenten: Indigenes Recht. Das Fach behandelt die Indígena-Problematik im Rahmen des gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenlebens und geht auf die damit verbundenen rechtlichen Folgen ein. Experten der Universität äußerten, dass das traditionelle Indígena-Recht eine Analyse seiner Wirksamkeit verdiene. Die Studenten sprechen mit Vertretern indigener Dörfer, analysieren argentinische und ausländische Rechtsfälle und untersuchen die nationalen, regionalen und internationalen Regelungen.

Kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln

(Montevideo, 25. März 2003, pulsar-poonal).- Ein hohes argentinisches Gericht genehmigte die Anwendung eines Gesetzes, das die kostenlose Abgabe von Verhütungsmitteln vorsieht. Das Urteil erlaubt damit, dass die Regierung ab dem kommenden Monat ein landesweites Programm für Sexualhygiene und verantwortungsvolle Familienplanung umsetzt.

Gesundheitsminister Ginés González García sagte, dass in wenigen Tagen für die ganze Bevölkerung Verhütungsmittel, Präservative und Intrauterinpessare kostenlos zur Verfügung stehen werden, so wie es das Programm vorsehe. Das so genannte Gesetz für Fortpflanzungsgesundheit plant außerdem Kontrolluntersuchungen zur Früherkennung von sexuell übertragbaren Krankheiten, Genital- und Brustkrebs sowie ein Behandlungssystem und die Rehabilitation der Erkrankten.

Nach offiziellen Zahlen, die im Januar bekannt gegeben wurden, erhöhte sich die Zahl der Abtreibungen in Argentinien auf mehr als eine halbe Million Fälle pro Jahr. Die Vorschrift legt außerdem die Gleichbehandlung aller Frauen fest, da sowohl die staatlichen als auch die privaten Krankenkassen die Kosten für diese Leistungen übernehmen müssen.

Gefängnisstrafe für Rassisten

(Montevideo, 21.März 2003, comcosur-poonal).-Die argentinische Justiz hat ein Urteil von großer Tragweite gefällt, indem sie einen Mann zu zehn Monaten Haft verurteilte, weil er eine Schwarze wegen ihrer Hautfarbe beleidigt hatte. Die Strafe ist zur Zeit ausgesetzt. Richter Jorge Ballestero sprach den Angeklagten Facundo Mazzini Uriburu schuldig, das Gesetz gegen rassistische, religiöse und soziale Diskriminierung gebrochen zu haben. Dies kann zu einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Jahren führen.

Das Verbrechen geschah ausgerechnet am 8. März, dem internationalen Frauentag. Die 58jährige Elisa Souza de Melgarejo, Uruguayerin mit schwarzer Hautfarbe, hatte gerade ihre Einkäufe beendet und verließ mit ihrem Enkel im Arm den Supermarkt. Manzini Uriburu brüllte ihr unbeherrscht die Worte „Die Neger muss man schon als Kinder umbringen“ entgegen. Als er fortfuhr, die Frau in dieser Weise zu beleidigen, nahmen die Sicherheitsbeamten des Supermarktes den Mann fest und überprüften seine Personalien.

Bei dem Angeklagten handelt es sich um niemanden Geringeres als den Urenkel des Ex-Diktators General José Uriburu, der 1930 den gewählten Präsidenten Hipólito Yrigoyen gestürzt hatte. Elisa Souza de Melgarejo zeigte ihn kurz nach dem Vorfall an. Nach der Urteilsverkündung fühlte sie sich gestärkt und sagte, sie hoffe, dass es keine neuen Aggressionen und rassistische Diskriminierungen geben werde.

URUGUAY

Zentralbank ohne Devisenreserven

(Montevideo, 21. März 2003, pulsar-poonal).- Nach Informationen der Zentralbank Uruguays sind die Devisenreserven des Landes seit Dezember 2002 um 40 Prozent zurückgegangen. Sie erreichten damit einen historischen Tiefstand.

Vor dem Beginn der Bankenkrise im Dezember 2001 betrug die so genannte „aktive Reserve“ 3,1 Milliarden US-Dollar. Ein Jahr später waren es noch 777 Millionen US-Dollar. Jetzt sind es nur noch 465 Millionen US-Dollar. Der unerwartete Rückgang der staatlichen Reserven begann im Januar vergangenen Jahres, als gefährdeten Banken Hilfen und Kredite gewährt wurden. Die Banken liefen Gefahr, durch illegale Ausgaben bankrott zu gehen.

Die Regierung griff vier Banken mit insgesamt einer Milliarde US-Dollar unter die Arme. Dabei hatte es Anzeichen gegeben, dass die Banken von ihren Eignern – den Brüdern Rohm, der Familie Peirano und der Moon-Sekte – bereits leergeräumt worden waren.

Hieraus lässt sich der Verlust der Einlagen durch den stetigen Abgang von Sparer*innen ableiten. Diese hatten etwa die Hälfte der etwas mehr als 13 Milliarden US-Dollar an Spareinlagen aus dem Finanzsystem herausgenommen.

CHILE

Mapuche-Aktivistin gibt nach

(Lima, 26. März 2003, na-poonal).- Nicolasa Quintremán Calpán war von Beginn an eine der Führungsfiguren des Protestes gegen den Bau des Staudammes Ralco am Bío Bío-Fluss im Süden Chiles. Nun hat sie sich auf einen Tauschhandel mit der für den Damm verantwortlichen Firma Endesa eingelassen: Für die Aufgabe ihres Landes erhält sie ein 77 ha großes Grundstück an anderer Stelle sowie 290 000 US-Dollar. Die bereits über achtzigjährige Pehuenche-Frau sagte, sie sei des Kampfes müde und mache sich Sorgen um die Gesundheit ihres Sohnes.

Jetzt stehen noch sechs Familien gegen den Staudamm, durch den ein 3467 ha großes Land im Wasser versinken wird. Die betroffene Fläche ist größtenteils traditionelles Pehuenche-Gebiet.

BOLIVIEN

Universitätsmitglieder treten in den Hungerstreik

(Bolivia, 25. März 2003, adital-poonal).- Am Dienstag (1.4.) tritt eine Gruppe von Universitätsmitgliedern in den Hungerstreik, um damit ihre Ablehnung gegen den Vorbeschluss zwischen der Universitätsleitung und der Regierung auszudrücken. Außerdem fordern sie einen höheren Haushaltszuschuss für die Universität San Simón UMSS, damit akademische Aktivitäten gewährleistet werden können.

Der Sprecher des örtlichen Universitätsverbandes Jarlin Coca bestätigte, dass die beschlossene Aufstockung des Universitätshaushaltes um 9,5 Prozent nicht ausreichen würde, um den Bedarf der zahlreichen Anschaffungen zu decken, die die Infrastruktur und die akademischen Bedingungen verbessern sollen.

Coco bedauerte, dass der Rektor der UMSS Augusto Argandoña wieder einmal einen Vorvertrag hinter dem Rücken der Studenten abgeschlossen habe. Noch schlimmer sei es, dass er einen Haushalt beantragt habe, der das angemessene Funktionieren der Hochschule nicht sicherstelle.

 

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