40 Tote bei Auseinandersetzungen

(Port-au-Prince, 13. Mai 2021, prensa latina).- Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Banden in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince sind etwa 40 Personen getötet worden. Weitere 15 Menschen wurden bei den andauernden Auseinandersetzungen im Stadtteil Cité Soleil verletzt und ein Dutzend Häuser zerstört.

Der Pastor des Armenviertels im Norden von Port-au-Prince, Enoc Joseph, erklärte gegenüber einem lokalen Radiosender, die Auseinandersetzungen seien Teil der Expansionsstrategie des G-9 genannten Zusammenschlusses mehrerer Banden. Diese versuchten, den Norden und den Süden der Hauptstadt zu kontrollieren.

Nach vorläufigen Erkenntnissen soll Bandenchef Jimmy Cherizier bei den Auseinandersetzungen verletzt worden sein. Er gilt nach einem ihm zugeschriebenen Massaker als einer der meist gesuchten Kriminellen des Landes. Nach Angaben des Pastors soll er sich aber außer Gefahr befinden.

Pierre Esperance, Direktor des Nationalen Verbandes zur Verteidigung der Menschenrechte RNDDH (Réseau National de Défense des Droits de l’Homme) erklärte, die Kampfhandlungen hätten bereits am 26. April begonnen. „Mathias und Iscar, die Chefs der Pandillas Boston und Bélékou, haben sich gegen Gabriel, Chef der Pandilla Brooklyn gestellt“, so Esperance. Die Situation sei durch die vorübergehende Blockade der Nationalstraße 1 besonders chaotisch gewesen, sagte der Aktivist.

Welle von Entführungen

Erst vor Kurzem hatten zwei der wichtigsten Banden der Hauptstadt versprochen, die berüchtigten Entführungen auszusetzen, die in den vergangenen Monaten stark angestiegen waren. Dennoch bleibt die Sicherheitslage weiterhin prekär, vor allem in den Armenvierteln wie Cité Soleil, Martissant und Carrefour.

Zu Jahresbeginn hatten die UN mitgeteilt, dass im Jahr 2020 mindestens 234 Menschen entführt worden sind; lokale Organisationen gehen jedoch von über 1.000 Entführten aus. Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen wurden in den ersten vier Monaten dieses Jahres 250 Menschen entführt, um Lösegeld zu erpressen. Allein im April 2021 hat das Zentrum zur Analyse der Menschenrechte 91 Fälle von Entführungen registriert. Die meisten wurden nach Tagen oder Wochen wieder freigelassen, wenn die Familien das Lösegeld zahlen konnten.

Regierung will Sicherheit vortäuschen, so der Vorwurf

Opposition und zivilgesellschaftliche Gruppen machen die Regierung für die Gewaltspirale verantwortlich. Die geplante Aussetzung der Entführungen sei Teil der Strategie des umstrittenen Präsidenten Jovenel Moïse, um ein geplantes Referendum und die Wahlen im September zu organisieren. Die Regierung wies diese Anschuldigungen zurück und kritisierte, diese „Lügen“ würden seit 15 Jahren verbreitet, um sich selbst politisch zu positionieren.

Doch auch Pierre Esperance berichtete, dass die Behörden Geld an die Banden verteilt hätten, um den Eindruck zu erwecken, die Sicherheitslage in Haiti sei gut genug, um das Referendum und Wahlen abzuhalten. Es sei kein Zufall, so der Regierungskritiker, dass die Pause bei den Entführungen zu einem Zeitpunkt stattfinde, an dem die Kommission zur Entwaffnung und Reintegration ein Budget von mehreren Millionen Dollar erhalten habe, um die Auflösung der Banden zu finanzieren. „Sie machen das im Hinblick auf die Wahlen und nicht, um die Bevölkerung zu schützen“, so Esperance.

Nach Schätzungen gibt es in Haiti um die 150 Banden, die wichtigsten davon in Port-au-Prince. Viele dieser Banden hätten zuvor in Diensten ehemaliger oder noch aktiver Politiker*innen gestanden, inzwischen aber deren Unterstützung verloren und sähen nun in den Entführungen eine lukrative Geldquelle.

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