Mirtha Vásquez zur neuen Ministerpräsidentin ernannt

(Lima, 7. Oktober 2021, La Jornada/Servindi/poonal).-  Am Abend des 6. Oktober hat Perus Präsident Pedro Castillo die ehemalige Präsidentin des Kongresses Mirtha Vásquez zur neuen Ministerpräsidentin des Landes ernannt. Nur Stunden zuvor hatte Castillo den Rücktritt des bisherigen Ministerpräsidenten Guido Bellido bekannt gegeben. Bellido ist Mitglied der Regierungspartei Perú Libre und folgt deren marxistischer Linie. Sein Rücktritt löst in Peru nur zwei Monate nach Amtsantritt der neuen Regierung einen politischen Wirbelsturm aus.

Bei ihrer Vereidigung vor Präsident Castillo schwor Ministerpräsidentin Vásquez: „Ich schwöre auf Gott und dieses Land von Frauen und Männern, die jeden Tag für ein Leben in Würde und ohne Diskriminierung kämpfen und echten Wandel vorantreiben“.

Zwischen November 2020 und Juli 2021 hatte Vásquez nach einem chaotischen Monat, in dem sich in Peru drei Präsidenten die Klinke in die Hand gaben, das herausfordernde Amt der Interimspräsidentin des Kongresses übernommen. Vorher war sie landesweit vor allem als Umweltaktivistin und Anwältin von Máxima Acuña bekannt geworden, einer Bäuerin, deren Ländereien von der US-amerikanischen Firma Newmont, des größten Bergbauunternehmens der Welt für Goldgewinnung, streitig gemacht wurden.

Die neue Regierungschefin, deren Benennung auf eine zukünftig moderatere Linie der Regierung deuten lässt, wurde im vergangenen Jahr als Abgeordnete der Frente Amplio, einer Koalition aus politischen Parteien, linken Organisationen sowie sozialen und Umweltbewegungen, gewählt. Auf ihrem Twitteraccount beschreibt Vásquez sich selbst als „Umweltaktivistin und Menschenrechtsverteidigerin“.

Bellidos Rücktritt hatte die Auflösung des Kabinetts zufolge

Der Rücktritt eines Ministerpräsidenten bedeutet in Peru die Auflösung des gesamten Kabinetts. Nachdem Präsident Castillo Bellidos Rücktritt akzeptiert hatte, wurden demnach einige Minister*innen ausgewechselt sowie andere im Amt bestätigt. So etwa Óscar Maúrtua, der weiterhin das Amt des Außenministers bekleiden wird, das er bereits unter Präsident Alejandro Toledo (2001-2006) innehatte. Auch Verteidigungsminister Walter Ayala und Wirtschaftsminister Pedro Francke wurden im Amt bestätigt. Der linke Politiker Francke hatte bereits Posten bei der Weltbank inne und bei seinem Amtsantritt geschworen, einen „nachhaltigen Fortschritt hin zum guten Leben zu machen – unabhängig vom Geschlecht oder der sexuellen Orientierung“ der Menschen.

Insgesamt wurden fünf Kabinettsmitglieder bestätigt und sieben Minister*innen neu ernannt, darunter Luis Barranzuela als neuer Innenminister, Betssy Chávez als neue Arbeitsministerin und Gisela Ortiz Perea als neue Kulturministerin. So ist die Zahl von Frauen im Kabinett von zwei auf fünf gestiegen.

Kongressabgeordnete von Perú Libre sehen sich von Castillo verraten

Der Kongressabgeordnete Waldemar Cerrón von der Regierungspartei Perú Libre, die Castillo damals als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt hatte, zeigte sich nicht begeistert über die jüngsten Personalwechsel. So verkündete er direkt nach der Bekanntgabe des neuen Kabinettes, seine Fraktion weise dessen Zusammensetzung zurück und bezeichnete Castillos Entscheidung als „Verrat“.

Präsident Castillo hatte Bellidos Rücktritt zuvor in einer Sitzung eingefordert. Gründe nannte er nicht, in einer Mitteilung des staatlichen Fernsehens bekräftigte er jedoch, die Entscheidung aus Gründen der „Regierbarkeit“ getroffen zu haben. „Es ist an der Zeit, Peru über jede Ideologie und alle parteiisch isolierten Positionen zu stellen“, so Castillo.

Bellido sieht Mächte jenseits der Exekutive am Werk

Bei einer Pressekonferenz zu seinem Rücktritt machte Bellido darauf aufmerksam, dass rechte Gruppen sich gegen seine Führung ausgesprochen hätten. Diese mächtigen Gruppe hätten seiner Arbeit Hindernisse in den Weg gelegt und außerdem sehr großen Einfluss auf die staatlichen Institutionen: „Unsere Bevölkerung wird Zeuge dessen, dass es über die Exekutive heraus de-facto-Kräfte und Mächte gibt, die regieren, Druck ausüben, nötigen, anzeigen und verfolgen“, entgegnete Bellido auf den medialen Druck gegen ihn und seine Regierung.

Bellidos Rücktritt geschah vor dem Hintergrund von Konflikten mit dem Kongress und starker Kritik von Seiten der Opposition. Gegen den nun zurückgetretenen Ministerpräsidenten wird derzeit wegen „Terrorismusapologie“ ermittelt. In einer älteren Veröffentlichung auf Facebook hatte er einen ehemaligen Guerillakämpfer des maoistischen Sendero Luminoso verteidigt.

„Das Gleichgewicht der Gewalten ist die Brücke zwischen dem Rechtsstaat und der Demokratie. Es muss für die Ruhe und den Zusammenhalt der Regierung sorgen. Weder die Infragestellung des Vertrauens noch parlamentarische Anfragen und Zensur sollten dazu genutzt werden, politische Instabilität zu erzeugen“, mahnte Castillo in seiner Erklärung.

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