Dreifacher Schlag gegen die demokratische Rechtsordnung

(Lima, 28. Februar 2023, Servindi/Pressenza).- Das peruanische Verfassungsgericht hat beschlossen, die einstweilige Verfügung zur Aussetzung der Wahl der Ombudsperson aufzuheben sowie andere Verfahren gegen den Kongress fallenzulassen. Damit kann der aktuelle Kongress eine neue Ombudsperson ernennen, obwohl er laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes (IEP) vom Januar 2023 gerade einmal sieben Prozent Zustimmung in der Bevölkerung hat.

Kein Schutz für die Wahlkommission

Die zweite Maßnahme des Obersten Gerichts: die Aufhebung der gerichtlichen Bestimmungen, mit denen dem Kongress untersagt wurde, den Präsidenten der Nationalen Wahlkommission (JNE), Jorge Luis Salas Arenas, zu bedrohen. Der Vorsitzende der JNE hatte beim Obersten Gerichtshof von Arequipa Klage eingereicht, um die Verfassungsbeschwerden gegen ihn im Kongress für ungültig erklären zu lassen. Arenas war von der Rechten und extremen Rechten vorgeworden worden, er habe das Ergebnis der Präsidentschaftswahl begünstigt, bei der Pedro Castillo gewonnen hatte. Salas Arenas erklärte, seine Rechte auf uneingeschränkte Ausübung seines Amtes und auf institutionelle Unabhängigkeit sowie sein Recht auf ein politisches Vorverfahren seien verletzt worden. Die Zeitung La República erinnert daran, dass die Richterin Karina Apaza del Carpio im August 2022 zugunsten von Salas entschieden hat. Die Mehrheit des Kongresses hat sich jedoch gegen die Spitze der Wahlbehörden gestellt.

Gegenreformen im Bildungswesen

Die dritte Entscheidung war, die Verfassungsbeschwerde gegen die Maßnahmen des Verwaltungsrates der SUNEDU (Nationale Aufsichtsbehörde für das Hochschulwesen) aufzuheben. Damit bleibt die Gegenreform im Hochschulbereich in Kraft. Rechtsanwalt Luciano López hatte eine Verfassungsklage eingereicht, damit das Gesetz 31520 für unwirksam erklärt wird, das „die Autonomie und Eigenständigkeit der peruanischen Universitäten wiederherstellt“. In erster Instanz war die Klage erfolgreich, doch das Verfassungsgericht erklärte das Gesetz später für verfassungsmäßig. Das Urteil des Verfassungsgerichts, das am 23. Februar gefällt, aber bisher noch nicht veröffentlicht wurde, enthält eine Aufforderung an den Kongress, Artikel 99 der Verfassung zu ändern. Der Artikel garantiert hochrangigen Beamten das Recht auf ein politisches Vorverfahren, darunter die Mitglieder des JNE sowie die Leiter der Nationalen Wahlbehörde (ONPE) und des Nationalen Zivilregisters (Reniec). Sollte eine solche Änderung beschlossen werden, könnten Jorge Luis Salas Arenas und die anderen Mitglieder des JNE, Piero Corvetto und Carmen Velarde, verfassungsgemäß angezeigt werden. Sie könnten sogar entlassen und für bis zu zehn Jahre von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden.

Kritik von Menschenrechtsorganisationen

Mehrere Menschenrechtsorganisationen haben auf einer Pressekonferenz die Entscheidungen des Verfassungsgerichtes scharf kritisiert. Die jüngsten Urteile würden das Gleichgewicht der Staatsgewalten zerstören. Vor allem kritisierten die Vertreter*innen die Entscheidung, dass der Kongress künftig nicht mehr der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Organisationen kündigten an, Beschwerde bei verschiedenen nationalen und internationalen Instanzen einzulegen. Im Zusammenhang mit der fehlenden Legitimität des aktuellen Kongresses sprachen die Organisationen auch von einen Interessenkonflikt des derzeitigen Mitglieds des Verfassungsgerichts, Gustavo Gutierrez, der im Auswahlverfahren auch als Anwalt für die ultrarechte Partei Renovación Nacional tätig war, sowie von einer „Verletzung der Unabhängigkeit der Judikative“.

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