Wahrheitskommission und Menschenrechtsverletzungen an Indigenen

von Marcelo Zelic

(Fortaleza, 22. April 2014, adital).- Die schweren Menschenrechtsverletzungen an den indigenen Völkern durch die Militärdiktatur ans Licht zu bringen – diese Arbeit der Wahrheitskommission ist von grundlegender Bedeutung dafür, dass unsere Gesellschaft anerkennt, welche Verbrechen gegen die Indigenen verübt wurden und werden. Der brasilianische Staat muss Entschädigung leisten für die Verletzung individueller und kollektiver Rechte, denn er trägt eine Mitschuld an der Gewalt – sei es durch eigenes Handeln oder durch Nichteingreifen. Die Rechte der brasilianischen Indigenen müssen bekräftigt und die Gesellschaft dazu erzogen werden, diese zu achten.

Aufklärung bleibt aus Geldmangel Stückwerk

Der Staat leistet keinen Beitrag zu einer effektiven Aufklärung der Fakten und der schweren Menschenrechtsverletzungen. Diese Aufgabe bleibt der Arbeitsgruppe innerhalb der Wahrheitskommission überlassen, der nur knappe Ressourcen zur Verfügung stehen. Fachleute, die sich mit der Thematik auskennen, können nicht hinzugezogen werden, es gibt kein Geld für die Digitalisierung von Dokumenten. Die Aufklärungsarbeit müssen Angehörige der Indigenen, Journalist*innen, Indigenen- und Menschenrechtsorganisationen leisten.

Über 600.000 relevante Seiten Dokumente

Der Bericht der Wahrheitskommission wird mit dem Mangel behaftet sein, dass nicht im erforderlichen Umfang in die Dokumente eingetaucht werden kann, die der Staat über sein Verhältnis zu den indigenen Völkern angefertigt hat. Schätzungen gehen von mehr als 600.000 Seiten aus, die für die Forschung von Interesse sind. Es geht keineswegs nur um die Vergangenheit, denn die Konflikte zwischen Indigenen und der sie umgebenden Gesellschaft bestehen fort. Dem brasilianischen Staat und der Wahrheitskommission kommt die Aufgabe zu, Mechanismen zu schaffen, die verhindern, dass weiterhin Gewalt gegen Indigene ausgeübt wird.

Brasiliens Entwicklungsmodell schürt Landkonflikte

Die Konflikte nehmen infolge des brasilianischen Entwicklungsmodells zu, gierige Blicke richten sich auf indigenes Land und die Reichtümer, die hier lagern. Gewalt ist für viele Indigene Alltag, in allen Regionen Brasiliens. Morde, Blutbäder, Massaker, Vergiftungen, gesetzeswidrige Verhaftungen, Folter, psychische Gewalt, Einschüchterung und Bedrohung, Zwangsräumungen, Vergewaltigungen. Dies alles führt zu individuellen und kollektiven Traumata. Im Bundesstaat Mato Grosso do Sul haben die Selbstmorde junger Indigener drastisch zugenommen, nirgends in Brasilien sind die Zahlen höher.

Die Reaktion auf den Abschlussbericht der Wahrheitskommission wird zeigen, in welchem Maße die brasilianische Regierung sich der Problematik stellt. Die Gewalt, der die Indigenen seit 500 Jahren ausgesetzt sind, bedeutet für jeden eine Schande, der an Demokratie und soziale Gerechtigkeit in Brasilien glaubt.

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