Neues Gesetz zu Agrochemikalien für das Agrobusiness

von Lateinamerika Nachrichten

(Berlin, 30. Juni 2009, lateinamerikanachrichten).- Ein neues Gesetz sorgt für Aufruhr in Paraguay. Mit ihm soll der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln neu reguliert – oder besser – dereguliert werden. Das Ende Mai vom Parlament und Anfang Juni von der Senatorenkammer in Asunción verabschiedete Gesetz soll die Verwendung von Pflanzen­schutzmitteln weiter vereinfachen. Notwendige Schutzstreifen, die aus Hecken oder Bäumen bestehen und Anbaugebiete von angrenzenden Flächen und Siedlungen trennen, sollen wegfallen oder reduziert werden. Maschinelle Sprühungen mit Pestziden müssten vorher nicht mehr angekündigt werden. Mit dem Gesetz sollen auch das Gesundheits- und das Umweltministerium ihrer bisherigen Zuständigkeit beraubt werden. An ihre Stelle soll das Landwirtschaftsministerium treten.

Paraguay ist weltweit der viertgrößte Exporteur von Soja, das auf mehreren Millionen Hektar Landfläche angebaut wird. Der Einsatz von hochtoxischen Pflanzenschutzmitteln ist ein integraler Bestandteil des Sojaanbaus. Die ländliche Bevölkerung wehrt sich gegen die sich ausdehnende Sojaproduktion und den Einsatz von Pestiziden, denn Umwelt und menschliche Gesundheit tragen erwiesenermassen massive Schäden davon.

Das jüngst ratifizierte Gesetz bevorzugt klar das exportorientierte Agrobusiness. Es riskiert dafür weitere Schädigungen von Mensch und Umwelt. Wundern muss die inhaltliche Ausrichtung des Gesetzes nicht. Der Entwurf stammt unter anderem aus der Feder von Ariel Oviedo. Der ist Abgeordneter im Parlament und fest im Unternehmenssektor Paraguays verwurzelt. Er ist zudem der Sohn von Lino Oviedo, ex-General der Streikäfte Paraguays, ex-Putschist und letztjähriger Präsidentschaftskandidat – in Konkurrenz zum amtierenden Präsidenten Fernando Lugo.

Die Verfassung Paraguays gibt Fernando Lugo jedoch die Möglichkeit das Gesetz zu stoppen. Dies fordern zahlreiche Organisationen aus der Zivilgesellschaft in Paraguay, die von einem Genozid-Gesetz (ley genocida) sprechen. In einem jüngeren Kommunique wiesen sie darauf hin, wie durch das Gesetz die gesundheitliche Situation tausender bäuerlicher und indigener Gemeinden, die bereits jetzt tagtäglich unter dem Pestizideinsatz leiden, verstärkt gefährdet wird. Nicht zuletzt zeigen sie auf, dass das Gesetz per Verfassung garantierten Grundrechten zuwider läuft: dem Recht auf Leben, dem Recht auf Gesundheit und dem Recht auf ein Leben in einer intakten Umwelt.

Lugo solle daher das Gesetz stoppen und statt dessen dafür sorgen, dass ein bereits Ende April von ihm unterzeichnetes alternatives Gesetz endlich umgesetzt wird. In diesem geht es um eine weitreichende Regulierung des Einsatzes von Pestiziden und strafrechtliche Konsequenzen bei deren missbräuchlicher Anwendung. Dieses alternative Gesetz wurde vom Gesundheitsministerium Paraguays eingebracht.

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