Mapuche-Großdemo zum Tag des indigenen Widerstands

von Alina Rodenkirchen

(Santiago de Chile, 16. Oktober 2015, amerika21.de).- In Chile sind Vertreter*innen der Volksgruppe der Mapuche und Sympathisant*innen in mehreren Städten gemeinsam auf die Straße gegangen, um gegen Landraub und Megaprojekte und für die Verteidigung der indigenen Gemeinden zu protestieren. In Chiles Hauptstadt Santiago demonstrierten rund 20.000 Personen.

Die Mapuche erinnerten an den 12. Oktober 1492, den Tag der Ankunft von Christoph Kolumbus in Amerika. Die im Auftrag der spanischen Krone durchgeführte Expedition markierte den Beginn von Raub und Gewalt, aber auch des indigenen Widerstandes. Mapuche-Vertreter*innen unterschiedlicher territorialer Einheiten des Mapuche-Gebietes Wallmapu reisten in die chilenische Hauptstadt, um ihren Forderungen erneut Ausdruck zu verleihen. Sie bekräftigten, dass die Indigenen im Süden und in den Städten einer Nation angehörten und für die Rückgabe ihres Landes, für ihre Befreiung und für ein selbstverwaltetes Gebiet einstünden.

Der Mapuche-Sprecher Rodrigo Kuripan der indigenen Gemeinde Rankilko klagte die repressive Politik der sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet und die polizeilichen Übergriffe auf Mapuche an. Vertreter*innen dieser Gemeinde hatten im August für mehrere Wochen das Gebäude der Behörde für indigene Angelegenheiten (Conadi) besetzt, um die Öffentlichkeit für die Gewalt gegen Kinder und Frauen bei den Polizeirazzien zu sensibilisieren. Kuripan bat um mehr Unterstützung für die Mapuche, die in politischer Gefangenschaft sind.

Kritik an Politik und Medien

Der Gemeindevorsteher Victor Queipul der autonomen Gemeinde Temukuikui prangerte die Berichterstattung der Medien an, die die Mapuche als Terroristen brandmarken würde. „Auch wenn sie alle möglichen Methoden anwenden, um uns zu erniedrigen, wir werden unseren Kampf für unsere Befreiung nicht aufgeben“, so Queipul.

Die Verfolgung der Mapuche-Bewegung und deren Unterstützer*innen erreichte in den vergangenen Wochen einen neuen Höhepunkt, als der Fotojournalist Felipe Duran am 22. September verhaftet wurde. Duran wurde mit dem untergetauchten Cristian Levinao in Padre Las Casas im Süden Chiles festgenommen und wird nun angeklagt, im Besitz von Waffen gewesen zu sein. Duran hielt die sozialen Proteste in Bildern fest und wurde in jüngster Zeit von einer rechtsextremen Gruppe von Siedlern, die sich „Húsar“ nennen, mit dem Tod bedroht. Die gleiche Gruppe äußerte Drohungen gegenüber der Mapuche Ana Llao, die als Beraterin für die Conadi arbeitet.

Mapuche leiden unter Ressourcenausbeutung und Repression

Im heutigen Chile leben etwa 1,5 Millionen Mapuche, sie sind damit das größte indigene Volk in dem südamerikanischen Land.

Die Mapuche konnten von den spanischen Kolonisatoren nicht besiegt werden. Die Spanier mussten ihnen im Jahr 1641 in international anerkannten Verträgen einen Autonomiestatus zuerkennen. Bis vor 132 Jahren lebten die Mapuche in einer freien Nation. Mit der „Unabhängigkeit“ des neu gebildeten chilenischen Staates begann die als „Befriedung Araukaniens“ bezeichnete militärische Offensive. Gewalt, Betrug und Genozid führten dazu, dass die Mapuche vom chilenischen Staat besiegt und in Reservate umgesiedelt wurden. Vor allem deutsche und Schweizer Siedler*innen eigneten sich zusätzlich auf illegale Weise indigenes Land der Reservate an. Die Folge des Landraubes und der daraus resultierenden Landknappheit ist die Abwanderung vieler Indigener in die Städte, um überleben zu können.

Im Süden Chiles wehren sich die Mapuche-Gemeinden weiterhin gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen durch multinationale Unternehmen. Viele Mapuche-Aktivist*innen wurden festgenommen und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Hierbei spielt das 1984 noch unter Diktator Augusto Pinochet (1973-1990) beschlossene Anti-Terror-Gesetz eine große Rolle. Es lässt Aussagen anonymer Zeug*innen zu, verbietet den Strafverteidiger*innen in den ersten sechs Monaten des Verfahrens Zugang zu den Ermittlungsakten und erlaubt bei bestimmten Delikten die Verdopplung der Strafe. Zwar hatte der damalige Innenminister Rodrigo Peñailillo zu Beginn der zweiten Amtszeit von Bachelet im April 2014 eine Überarbeitung des Anti-Terror-Gesetzes zugesagt, geschehen ist jedoch bis heute nichts.

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