OAS empfiehlt Brasilien ein neues Mediengesetz und Sofortmaßnahmen zum Schutz der Meinungsfreiheit

von Nils Brock, Rio de Janeiro

(Berlin, 23. August 2015, npl).- “Brasilien hat es versäumt, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um der Konzentration im Mediensektor zu begegnen.” Es waren deutliche Worte, die der Beauftragte für Meinungsfreiheit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Edison Lanza, bei Treffen in Rio de Janeiro und Brasilia in der ersten Augusthälfte fand.

Die offiziellen Medien von Gestern sind die offiziellen Medien von Heute

Lanza, der lange Zeit als Anwalt die Geschicke der uruguayischen JournalistInnengewerkschaft und zahlreicher Nichtregierungsorganisationen betreute, hat seit einem Jahr nun bei der OAS nun die Aufgabe, Beschwerden der lateinamerikanischen Zivilgesellschaften entgegenzunehmen, Vorschläge zu unterbreiten, um die Meinungsfreiheit zu stärken und Regierungen in die Pflicht zu nehmen, damit aus menschenrechtlichen Normen auch gelebte Wirklichkeit wird.

In Brasilien sieht es bei der Umsetzung kommunikativer Menschenrechte düster aus. Das Land, das seit mehr als einem Jahrzehnt von der Arbeiterpartei PT (Partido de Trabalhadores) regiert wird, sei ein Beispiel dafür, wie schwer es progressive Regierungen im 21. Jahrhundert haben, die Macht kommerzieller Oligopole im Radio- und TV-Sektor zu beschränken „denn sie konnten ja nicht bei null anfangen.“ Schade sei jedoch, dass Länder wie „Brasilien, Chile, Uruguay und in gewisser Weise auch Argentinien sich dafür entschieden haben nichts zu tun und die offiziellen Medien von Gestern als die offiziellen Medien von Heute umarmen.“

Lanza wies darauf hin, dass die Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH (Comisión Interamericana de Derechos Humanos), ein Organ der OAS, bereits im Jahr 2000 klare Prinzipien formuliert habe, die die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, die Medienkonzentration zu begrenzen. „Wenn diese Prinzipien angewandt worden wären, dann hätten wir heute eine ganz andere Situation“, resümierte der OAS-Beauftragte vor Regierungsvertreter*innen in Brasilia.

Der brasilianische Minister für soziale Kommunikation, Edinho Silva, versprach, eine ihm von Lanza anempfohlene Studie der UNESCO zu globalen Trends der Meinungsfreiheit und Medienentwicklung zu prüfen und sich auch über die gesetzlichen Reglungen staatlicher Werbekampagnen in Uruguay zu informieren. Das Land gilt als Beispiel für eine erfolgreiche Umverteilung öffentlicher Mittel an nicht-kommerzielle Medien, während in Brasilien die regierende PT das Gros seines Werbebudgets beim brasilianischen Medienmulti Rede Globo ausgibt. Rede Globo wurde auf diese Weise seit 2003 von der Arbeiterpartei mit mehr als 1,5 Milliarden Euro „subventioniert“.

Regierung in der Pflicht endlich zu Handeln

Angesichts dieser Umstände, sei es dringend notwendig, die bestehende Mediengesetzgebung Brasiliens grundlegend zu reformieren. “Das ist ein Prozess, an dem die Bevölkerung aktiv beteiligt werden muss”, empfahl Lanza. Dass Kommunikationsministerium ging nicht weiter darauf ein, kündigte aber an, eine ständige Arbeitsgruppe zwischen dem Kommunikations-, sowie dem Innen-, dem Kultus- und dem Ministerium für soziale Kommunikation zu bilden – ein Vorschlag, den die brasilianische Nichtregierungsorganisation Intervozes bereits zu Anfang des Jahres unterbreitet hatte.

Der Haltung von Intervozes, alle bestehenden Probleme Kraft Gesetzesreformen zu lösen, widersprach der OAS-Gesandte jedoch. Bereits auf administrativem Wege könne die aktuelle Situation verbessert werden, zum Beispiel in dem ein Teil der Radiofrequenzen verbindlich für Community-Medien reserviert würde. Auch “die Kriminalisierung von Radiomachenden, die ohne Genehmigung auf Sendung gehen, muss nicht sein”, meinte Lanza. “Eine Regierung kann vieles ändern. Sie heißt ja nicht umsonst Exekutive.”

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