Filmfestival aus Guatemala dieses Jahr im Exil

Menschenrechtslage hat sich verschlechtert

Uli Stelzner ist Filmemacher und seit fünf Jahren Veranstalter des Menschenrechtsfilmfestivals. Wir sprachen mit ihm über die Gründe für diese Entscheidung. Stelzner sieht in der Selbstzensur einen entscheidenden Faktor. Filmemacher*innen hätten Angst ihre Filme in Guatemala zu zeigen, da sie dort Gewalt und Repression befürchteten. „Um das bekannt zu machen und ein kulturpolitisches Signal nach Guatemala zu senden, haben wir uns entschlossen, das Festival dieses Jahr außerhalb des Landes zu veranstalten.“

Die Menschenrechtslage in Guatemala sei, so Stelzner, aktuell als sehr kritisch zu beurteilen, auch wenn die Repression in den letzten Jahren subtiler geworden sei. „Es finden Morde statt, deren Verantwortung nur sehr schlecht festzustellen ist.“ Nicht nur Aktivist*innen der sozialen Bewegungen, sondern auch Journalist*innen seien davon betroffen: „.Mehrere Journalisten sind in den letzten Monaten umgebracht worden. Die Situation der freien Meinungsäußerung hat sich deutlich verschlechtert“, so der Festival-Direktor.

Straflosigkeit bleibt großes Problem

Ein zentrales Problem in Guatemala ist die Straflosigkeit. Von der schwierigen Arbeit bei der Aufklärung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt der Film „Crime Hunters“, der auch in Berlin zu sehen sein wird (Donnerstag, 30. April um 19 Uhr). Als Crime Hunters werden eine handvoll Schweizer Rechtsanwälte bezeichnet, die Menschenrechtsverbrecher verfolgen, welche in der Schweiz Unterschlupf gefunden haben. Eines ihrer Herkunftsländer ist Guatemala.

In dem im Film beschriebenen Fall zeichnen sich die Untergetauchten verantwortlich für ein Massaker in einem guatemaltekischen Gefängnis vor rund drei Jahren. Zwei Menschenrechtsaktivisten befragen für das Filmteam Zeug*innen und tauchen in Persona in dem Film auf. Die Reaktion, so Festival-Direktor Uli Stelzner, sei umgehend gekommen: Sie weigerten sich den Film beim Festival 2014 in Guatemala zu zeigen – aus Angst. „Denn die darin benannten Verantwortlichen der organisierten politischen Kriminalität sind zu allem fähig.“

Aber auch im Land selbst macht sich die Straflosigkeit bemerkbar. 98 Prozent der Gewalttaten in Guatemala werden nicht aufgeklärt. Viele Vorfälle, so Stelzner, würden erst gar nicht zur Anzeige gebracht, weil die Menschen kein Vertrauen in Justiz oder Polizei hätten. Der Film „Burden of Peace“ (Mi., 29.4., 19.00) berichtet von den Anstrengungen der Staatsanwältin Claudia Paz y Paz diese Situation zu verändern. Zum Teil sei ihr das, so Stelzner, gelungen: „Sie hat mit einer relativ effizienten Arbeit die Aufklärungsrate erhöht. Trotzdem ist Paz y Paz vor Ablauf ihrer Amtszeit abgesetzt worden. Seitdem hat sich die Lage wieder verschlechtert.“

Ein Festival voller Highlights

Zu den Höhepunkten des diesjährigen Menschenrechtsfilmfestivals gehört für den Veranstalter Uli Stelzer auch „Bboy for life“ (Di., 28.4., 10.00 und 21.00; Do., 30.4., 10.00). Er handelt von jungen Breakdancern und beleuchtet die kreative Künstler*innenszene Guatemalas. „Ihre Protagonisten haben es schwer. Sie bewegen sich stets zwischen Leben und Tod, weil sie in ihren Nachbarschaftsvierteln Kunst gegen Gewalt setzen.“

Daneben gibt es sieben Kurzfilme von sieben Regisseuren, die alle zur Situation der Menschenrechte in Guatemala einen Film gedreht haben (7 x Guatemala, Mi., 29.4., 21.00). Im Programmheft des Festivals heißt es dazu: „Hoffentlich berühren diese Filme unsere Herzen. Sie repräsentieren nie dagewesene, tiefgreifende Sichtweisen auf das heutige Guatemala. Sie sind der Versuch, Zeugnis davon abzulegen, was zu Beginn des 21. Jahrhunderts in diesem Land gelebt und gefühlt wird.“

„Hoffentlich berühren diese Filme unsere Herzen.“

Den Veranstalter eines Filmfestivals nach seinen persönlichen Empfehlungen zu fragen ist schwer, findet er natürlich alle Filme bedeutsam. So weist Stelzner auch noch auf einen Film aus El Salvador über die Mara-Banden hin (El ingeniero, Do., 30.4., 21.00) und empfiehlt einen Streifen aus Mexiko über die dortige Situation für Journalist*innen (El reportero, Sa., 2.5., 19.00). Stelzner ist überzeugt, dass das diesjährige Menschenrechtsfilmfestival einen einmaliger Einblick in das Filmschaffen in Mittelamerika bietet. „Diese Filme kommen selten bis gar nicht nach Europa, da sie sich eben auf dem Markt hier nicht behaupten können.“

Kaum verwunderlich also, dass es eine es eine „derbe Nachricht“ für Guatemala gewesen sei, das Festival dieses Jahr nicht dort stattfinden zu lassen. Zwar treffe ein Boykott vor allem das Publikum. Doch fürs kommende Jahr ist Festival-Direktor Uli Stelzner vorsichtig optimistisch: „ Als ich vor kurzem in Guatemala war, war ich in mehreren Radios und Fernsehstationen eingeladen. Es ist einfach ein Thema und insofern hoffen wir, dass wir nächstes Jahr wieder in Guatemala weitermachen können.“

Doch nun geht es erstmal nach Berlin. Von Dienstag, den 28. April bis Sonntag, den 3. Mai heißt es im Moviemento Kino in Berlin-Kreuzberg: „Kritisches Kino Zentralamerika – Menschenrechtsfilmfestival im Exil“. Zahlreiche Gäste aus Guatemala, Zentralamerika und Europa kommen nach Berlin und versprechen spannende Debatten.

Mehr Infos und das Festivalprogramm findet Ihr auf der Website: cinememoriaverdadjusticia.com.

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