Bartolina Sisa – Der Todestag einer antikolonialistischen Kämpferin wird zum Tag der indigenen Frau

von Periódico Cambio – Especial de Mujeres*

(Lima, 05. September 2013, servindi).- Vor dreißig Jahren wurde der „Internationale Tag der indigenen Frauen“ eingeführt. Als Datum wählte man, in Gedenken an Bartolina Sisa, den 5. September. Sisa, die dem Volk der Quechua entstammte, führte gemeinsam mit ihrem Mann Túpaj Katari in Alto Perú einen Aufstand gegen die spanischen Besatzer an. Am 5. September 1782 wurde sie von Militärs der Kolonialmacht hingerichtet.

Auf dieses Datum für den Gedenktag hatten sich die Teilnehmenden des „Zweiten Treffens der Organisationen und Bewegungen in Amerika“ geeinigt, das 1983 im bolivianischen Tiahuanaco stattfand. Anlässlich des 30. Jahrestags dieses Gedenktages hat die Zeitung Cambio de Bolivia einen Artikel veröffentlicht, der Leben, Wirken und Sterben der mutigen Kämpferin veranschaulicht.

Bartolina Sisa – Leben, Wirken, Sterben

Die Confederación Nacional de Mujeres Campesinas Indígenas Originarias de Bolivia, ein Verband indigener bolivianischer Landfrauen, hat in einem Text, der den Namen der Befreiungskämpferin trägt, das Leben, den Widerstand und die Hinrichtung von Bartolina Sisa beschrieben, die an der Seite ihres Mannes Túpac Katari für die Befreiung vom Joch der spanischen Krone gekämpft hatte.

Der Text zitiert etwa den Aufsatz La Historia de Bartolina Sisa des Historikers Nicanor Aranzáes. Dieser geht davon aus, dass Sisa am 25. August 1750 in der Provinz Loayza im Departement La Paz als Tochter von José Sisa und Josefa Vargas zur Welt kam. Beide Eltern stammten aus Alto Perú. Um sich der Unterdrückung zu entziehen, die die Menschen in der Region zu erdulden hatten, zog die Familie in die Stadt Sica Sica, wo die Eltern mit Koka und Textilien zu handeln begannen.

„An der Seite ihrer Eltern erfuhr Bartolina alles über das Handelsgewerbe und war bereits mit 19 Jahren eine unabhängige Frau“, heißt es in dem Aufsatz. Auf zahlreichen Reisen in die Städte, Dörfer und Gemeinden, zu den Minen und Koka-Plantagen lernte sie die Lebensrealität der Andenvölker kennen, sah die Unterdrückung, die Ausbeutung, das Elend und die Misshandlungen, die ihren indigenen Brüder und Schwestern durch die weißen spanischen Machthaber zugefügt wurden. Dies habe für Bartolina Sisa den Ausschlag für die Entwicklung einer tief empfundenen Protesthaltung gegenüber dem gesamten ausbeuterischen kolonialistischen System gegeben.

Beziehung zu Julián Apaza

Julián Apaza (Túpac Katari), der spätere Ehemann von Bartolina Sisa, war wie sie selbst im Koka-Handel tätig, nachdem er zuvor im Rahmen der Mita, einer der Bevölkerung von den Kolonialherren auferlegten Arbeitsverpflichtung, zwei Jahre lang Zwangsarbeit in den Minen von Oruro geleistet hatte. Auf einer seiner Reisen als Handelskaufmann begegnete er Bartolina Sisa.

Von einigen Historiker*innen wird Bartolina als eine sehr zähe und kampferfahrene Person beschrieben, die sowohl mit der Kurawa, einer Steinschleuder, als auch mit dem Gewehr umgehen konnte, dazu konnte sie reiten. Ihre Augen waren schwarz, sie war jung, schlank, attraktiv und sehr intelligent. Auch Julián Apaza wird als ein sehr intelligenter, gut aussehender Mann beschrieben.

Vizekönigin und Kämpferin

Im Jahr 1772 bekommen die jungen Eheleute ihren ersten Sohn; drei weitere (zwei Jungen und ein Mädchen) werden folgen. Wie der Historiker Alipio Valencia Vega berichtet, wurde der älteste Sohn 1783 in Peru von dem Brigadier Sebastián Segurola gefangen genommen und später getötet. Die anderen Kinder konnten diesem Schicksal entkommen und lebten mit geänderten Vor- und Nachnamen weiter.

Bartolina Sisa brachte alle wichtigen Voraussetzungen mit, um einen Volksaufstand anzuführen, zumal die rebellischen Indígenas ihrem Wort von Anfang an Folge leisteten. Vor der Belagerung von La Paz wurden Sisa und ihr Mann Túpac Katari im Zuge des Befreiungskampfes zu Vizekönigen des Inka-Volks ernannt. Unter dieser Bezeichnung organisierte Bartolina mehrere Militärlager bei den Aufständen in El Alto, Chacaltaya, Killi Killi, El Calvario, im Tal von Potopoto und in den Höhen von Pampahasi.

Aufstand gegen die spanische Besatzung

Als Julián Apaza von den Aufständen und den anschließenden Hinrichtungen der Brüder Katari in Chayanta (Potosí) und von José Gabriel Tupac Amaru in Tinta erfuhr, beschloss er, seinen gebürtigen Namen in den Kämpfernamen Túpac Katari umzuändern. Im März 1781 begann der Aufstand in Ayo Ayo. Der Plan war, mit einer 40.000 Personen starken Gruppe die Stadt La Paz zu belagern. Bis zum Juli hatte sich die Zahl der Aufständischen bereits verdoppelt.

Die massivsten Besetzungen fanden in El Alto und Pampahasi statt und wurden von Túpac Katari beziehungsweise von Bartolina Sisa angeführt. Bei den ersten Attacken kam es zu Zusammenstößen mit dem spanischen Heer. Während die Indígenas in der Überzahl waren, verfügten die Spanier über Schusswaffen. Als Sebastián Segurola erfuhr, dass die Belagerung Pampahasis von einer Frau angeführt wurde, schickte er am 17. Mai einen Trupp Soldaten, die die Belagerung brechen sollten. Es gelang jedoch nicht, Sisa zu überwältigen, und die Belagerung wurde fortgesetzt.

Drei Monate Belagerung von El Alto

Nach dreimonatiger Belagerung ohne ausreichende Versorgung begannen die Soldaten des spanischen Heers Hunger zu leiden, worauf die Real Audiencia de Charcas, der Gerichtshof der Kolonialverwaltung, 1.700 Männer schickte, die die Belagerung beenden sollten.

Am 30. Juni traten die Truppen der Indígenas den Rückzug an, ohne Widerstand zu leisten. Die spanischen Militärs versuchten, sie zum Verrat anzustiften und boten den Aufständischen Straferlass, falls sie ihre Anführer*innen auslieferten oder zumindest deren Namen preisgäben.

Am 2. Juli brach Bartolina deshalb auf, um von El Alto nach Pampahasi umzusiedeln. Über Tembladerani gelangte sie nach Sopocachi, wo sie von einigen ihrer Genossen, die bereits Kontakt zu den Spaniern aufgenommen hatten, verraten wurde. Sie wurde von ihren eigenen Leuten gefangen genommen und ausgeliefert, die versprochene Straffreiheit für die Verräter blieb jedoch aus. Der Brigadier Sebastián Segurola folterte und demütigte Bartolina im Gefängnis, damit sie Informationen preisgäbe, er hatte damit jedoch keinen ohne Erfolg. Laut Valencia Vega setzte Túpac Katari nach Sisas Verhaftung die Belagerung fort.

Hinrichtung von Bartolina Sisas

Während der zweiten Belagerung bemühte sich Túpac Katari mal durch Verhandlungen, mal durch militante Aktionen, Bartolina freizubekommen. Unter anderem bot er den Geistlichen Vicente Rojas und auch sich selbst zum Tausch an.

Am 17. Oktober traf unter der Führung des blutrünstigen José de Roseguín ein 7.000 Mann starkes Heer aus Buenos Aires ein, um die Belagerung zu durchbrechen. Es wurde erbittert gekämpft. Am Ende sah sich Túpac Katari aufgrund der Übermacht an Waffen seiner Gegner gezwungen, sich bis nach Peñas zurückzuziehen.

Von dort zog er weiter bis nach Chinchayo, wo er am 10. November um 2 Uhr morgens von Tomás Inca Lipede, seinem engsten und meistgeschätzten Kampfgefährten und einem Cousin von Bartolina, verraten wurde. Am 14. November wurde Túpac Katari auf einem zentralen Platz von Peñas öffentlich gevierteilt. Bartolina Sisa wurde gezwungen, zuzusehen. Nach fast einem Jahr Gefangenschaft, am 5. September 1782, verlas der Richter Tadeo Diez de Medina das Urteil für Bartolina: Sie sollte an den Schwanz eines Pferdes gebunden und zu Tode geschleift werden.

*Quelle: Zeitung Cambio

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